914.11
Verordnung
über die sozialen Begleitmassnahmen
in der Landwirtschaft
(SBMV)
vom 26. November 2003 (Stand am 1. Januar 2021)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf die Artikel 79 Absatz 2, 80 Absätze 2 und 3, 81 Absatz 1,
86a Absatz 2, 166 Absatz 4 und 177 Absatz 1 des Landwirtschaftsgesetzes
vom 29. April 19981 (LwG),2
verordnet:
1 Die Kantone können Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern eines bäuerlichen Betriebes Betriebshilfe in Form eines zinslosen Darlehens gewähren, um:
- a.
- eine unverschuldete finanzielle Bedrängnis zu beheben;
- b.
- bestehende verzinsliche Darlehen abzulösen (Umschuldung); oder
- c.
- die Betriebsaufgabe zu erleichtern.3
2 Eine finanzielle Bedrängnis liegt vor, wenn die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller vorübergehend ausser Stande ist, den finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Es muss eine verzinsliche Ausgangsverschuldung von mehr als 50 Prozent des Ertragswertes vorliegen.4
3 ...5
1 Betriebshilfedarlehen werden nur ausgerichtet, wenn die Betriebsgrösse mindestens einer Standarbeitskraft (SAK) entspricht.
2 Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) kann ergänzend zu Artikel 3 der Landwirtschaftlichen Begriffsverordnung vom 7. Dezember 19987 für spezielle Betriebszweige für die Berechnung der SAK zusätzliche Faktoren festlegen.
1 In Gebieten des Berg- und Hügelgebiets, in denen die Bewirtschaftung oder eine genügende Besiedelungsdichte gefährdet ist, beträgt die erforderliche Betriebsgrösse mindestens 0,60 SAK.
2 Das BLW legt die Kriterien für den Entscheid fest, ob ein Betrieb in einem gefährdeten Gebiet liegt.
1 Betriebshilfedarlehen werden nur ausgerichtet, wenn die Bewirtschafterin oder der Bewirtschafter die Voraussetzungen nach den Artikeln 3 und 4 sowie 12–34 der Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 20139 erfüllt.10
2 Die Gewährung eines Betriebshilfedarlehens nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b setzt zudem voraus, dass die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller über eine der folgenden Qualifikationen verfügt:
- a.
- eine berufliche Grundbildung als Landwirtin/Landwirt mit einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis nach Artikel 38 des Berufsbildungsgesetzes vom 13. Dezember 200211 (BBG);
- b.
- eine Berufsbildung als Bäuerin mit Fachausweis nach Artikel 42 BBG; oder
- c.
- eine gleichwertige Qualifikation in einem landwirtschaftlichen Spezialberuf.12
3 Bei verheirateten oder in eingetragener Partnerschaft lebenden Gesuchstellerinnen und Gesuchstellern muss eine der beiden Personen die Voraussetzungen nach Absatz 2 erfüllen.13
4 Eine während mindestens drei Jahren ausgewiesene, erfolgreiche Betriebsführung ist den Qualifikationen nach Absatz 2 gleichgestellt.14
5 Für Bewirtschafterinnen oder Bewirtschafter von Betrieben in Gebieten nach Artikel 3 Absatz 1 ist der beruflichen Grundbildung nach Absatz 2 Buchstabe a eine andere berufliche Grundbildung mit einem Eidgenössischen Berufsattest nach Artikel 37 BBG oder einem Eidgenössischen Fähigkeitszeugnis nach Artikel 38 BBG gleichgestellt.15
1 Übersteigt das veranlagte steuerbare Vermögen der Gesuchstellerin oder des Gesuchstellers 600 000 Franken, so wird kein Betriebshilfedarlehen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstaben a und b gewährt.
2 Bauland ist zum ortsüblichen Verkehrswert anzurechnen, ausgenommen landwirtschaftlich genutzte Hofparzellen.
1 Nach Abschluss einer grösseren Investition kann ein Darlehen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b erst nach einer Wartefrist von drei Jahren gewährt werden.
2 ...18
3 ...19
4 Die letzte Umschuldung muss mindestens zehn Jahre zurückliegen.
1 Darlehen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c können nur gewährt werden, wenn das frei werdende Land an ein oder mehrere bestehende, innerhalb einer Fahrdistanz von höchstens 15 km liegende Gewerbe nach den Artikeln 5 und 7 des Bundesgesetzes vom 4. Oktober 199121 über das bäuerliche Bodenrecht (BGBB) verkauft oder für mindestens 12 Jahre verpachtet wird.22
2 Die Gesuchstellerinnen und Gesuchsteller können die Gebäude und eine Fläche von höchstens 100 Aren landwirtschaftliche Nutzfläche, wovon höchstens 30 Aren Rebland oder Obstkulturen, behalten.
1 Die Höhe des Darlehens und der Rückzahlungen ist so anzusetzen, dass die Belastung tragbar ist.
2 Die Belastung ist tragbar, wenn die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller in der Lage ist:
- a.
- die laufenden Ausgaben für Betrieb und Familie zu decken;
- b.
- die anfallenden Zinsverpflichtungen zu erfüllen;
- c.
- den Rückzahlungsverpflichtungen nachzukommen;
- d.
- die künftig notwendigen Investitionen zu tätigen; und
- e.
- zahlungsfähig zu bleiben.
3 Die Kantone können für Betriebshilfedarlehen eine Obergrenze je Betrieb festlegen. Die Obergrenze darf nicht unter 200 000 Franken liegen.23
1 Gesuche um Darlehen sind dem Kanton einzureichen.
2 Der Kanton prüft das Gesuch, beurteilt die Notwendigkeit, entscheidet über das Gesuch und legt im Einzelfall die Bedingungen und Auflagen fest. Er kann auf die Gewährung von Darlehen unter 20 000 Franken verzichten.
3 Bei Gesuchen bis zum Grenzbetrag nach Artikel 10 Absatz 2 übermittelt der Kanton gleichzeitig mit der Eröffnung der Verfügung an die Gesuchstellerin oder den Gesuchsteller dem BLW die sachdienlichen Daten elektronisch. Die kantonale Verfügung muss dem BLW nicht eröffnet werden.25
4 Bei Gesuchen über dem Grenzbetrag unterbreitet der Kanton seinen Entscheid dem BLW. Er übermittelt die sachdienlichen Daten elektronisch. Er eröffnet der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller den Entscheid nach der Genehmigung durch das BLW.26
1 Die Genehmigungsfrist von 30 Tagen beginnt am Tag der elektronischen Übermittlung der vollständigen Akten ans BLW.27
2 Der Grenzbetrag beträgt 500 000 Franken, einschliesslich Saldo früherer Investitionskredite und Betriebshilfedarlehen.28
3 Entscheidet das BLW in der Sache selbst, so legt es im Einzelfall die Bedingungen und Auflagen fest.
1 Während der Laufzeit der Darlehen sind dem Kanton auf Verlangen betriebswirtschaftliche Buchhaltungen einzureichen.
2 In Ausnahmefällen können für Darlehen unter dem Grenzbetrag nach Artikel 10 Absatz 2 Aufzeichnungen eingereicht werden.
1 Darlehen sind wenn möglich gegen Realsicherheiten zu gewähren.
2 Soweit die Darlehensnehmerin oder der Darlehensnehmer kein bestehendes Grundpfandrecht auf den Kanton übertragen kann, ist der Kanton befugt, zusammen mit dem Entscheid über die Darlehensgewährung die Errichtung einer Grundpfandverschreibung oder eines Register-Schuldbriefes zu verfügen. Eine solche Verfügung gilt als Ausweis für das Grundbuchamt zur Eintragung der Grundpfandverschreibung oder des Register-Schuldbriefes im Grundbuch.29
3 Der Kanton kann die jährlichen Rückzahlungen mit den fälligen Leistungen des Bundes an die Darlehensnehmerin oder den Darlehensnehmer verrechnen.30
1 Als wichtige Gründe für den Widerruf eines Darlehens gelten insbesondere:
- a.
- die Veräusserung des Betriebes;
- b.
- die Überbauung oder Verwendung von Boden zu anderen als landwirtschaftlichen Zwecken;
- c.
- die Aufgabe der Selbstbewirtschaftung nach Artikel 9 BGBB31, ausser bei Verpachtung an einen Nachkommen;
- d.
- die dauernde Verwendung von wesentlichen Betriebsteilen für nichtlandwirtschaftliche Zwecke;
- e.
- die Nichterfüllung von Bedingungen und Auflagen der Verfügung;
- f.
- die Neuaufnahme von Fremdkapital ohne vorgängige Rücksprache mit dem Kanton;
- g.
- die mangelnde Behebung der vom Kanton festgestellten Vernachlässigung der Bewirtschaftungs- und Unterhaltspflicht innerhalb der eingeräumten Frist;
- h.
- die Nichtbezahlung einer Tilgungsrate trotz Mahnung innerhalb von sechs Monaten nach der Fälligkeit;
- i.
- die Gewährung eines Darlehens auf Grund falscher oder irreführender Angaben.
2 Für Darlehen bei Betriebsaufgabe gelten nur diejenigen nach Absatz 1 Buchstaben e, h und i als wichtige Gründe.32
3 Anstelle eines Widerrufs gestützt auf Absatz 1 Buchstabe a oder c kann der Kanton bei einer Verpachtung ausserhalb der Familie oder bei einem Verkauf des Betriebes das Betriebshilfedarlehen zu gleichen Bedingungen an die Nachfolgerin oder den Nachfolger übertragen, sofern diese oder dieser die Eintretensbedingungen nach den Artikeln 2–7 erfüllt und die verlangte Sicherheit gewährleistet. Artikel 15 bleibt vorbehalten.33
1 Die verfügende Behörde bestimmt die Frist für die Rückzahlung des Darlehens. Sie beträgt höchstens 20 Jahre, für Darlehen bei Betriebsaufgabe höchstens 10 Jahre.34
- 2 Die Rückzahlungsfristen der Darlehen sind nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Darlehensnehmerin oder des Darlehensnehmers festzusetzen.
3 Der Kanton kann die Rückzahlung der Darlehen nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a innerhalb der Frist nach Absatz 1 um höchstens drei Jahre aufschieben.
4 Er kann die Rückzahlung des Darlehens innerhalb der Frist nach Absatz 1 um ein Jahr stunden, falls sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmerin oder des Darlehensnehmers unverschuldet verschlechtern.
5 Haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmerin oder des Darlehensnehmers wesentlich verbessert, kann der Kanton die Tilgungsrate während der Vertragsdauer angemessen erhöhen oder das Restdarlehen vorzeitig zurückfordern.
1 Wird der Betrieb oder ein Betriebsteil gewinnbringend veräussert, so ist der noch nicht zurückbezahlte Teil des Darlehens zurückzuzahlen.
2 Der Gewinn entspricht der Differenz zwischen dem Veräusserungs- und dem Anrechnungswert abzüglich Realersatz, Steuern und öffentlich-rechtlicher Abgaben. Das BLW legt die Anrechnungswerte fest.
1 Die Leistung des Kantons beträgt 100 Prozent der Bundesleistung.36
2 Der Kanton beantragt beim BLW die Bundesmittel nach Massgabe des Bedarfs.
3 Das BLW prüft den Antrag des Kantons und überweist diesem die Mittel im Rahmen der bewilligten Kredite. Die Bundesmittel werden erst nach der Bewilligung der Kantonsleistung ausbezahlt.
4 In Abweichung von Absatz 3 kann der Bund die geforderte Leistung der Kantone auf Antrag vorschiessen, wenn:
- a.
- in einer oder mehreren Regionen ausserordentliche Ereignisse eingetreten sind; und
- b.
- die ordentlichen Mittel des kantonalen Fonds de Roulement der Betriebshilfe für die Darlehensgewährung nicht ausreichen.37
5 Der Kanton zahlt die Kantonsleistung nach Absatz 1 in den Fonds de Roulement der Betriebshilfe ein. Tut er dies nicht, so muss er den Vorschuss und die Leistung des Bundes bis spätestens sechs Jahre nach der Zahlung des Vorschusses zurückbezahlen.38
1 Der Kanton verwaltet die vom Bund zur Verfügung gestellten Mittel mit unabhängiger Rechnung und legt dem BLW den Jahresabschluss bis Ende April vor.
2 Er meldet dem BLW bis zum 10. Januar folgende Bestände per 31. Dezember des vorangehenden Rechnungsjahres:
- a.
- den Gesamtbestand der Bundesmittel;
- b.
- den Gesamtbestand der Kantonsmittel;
- c.
- die aufgelaufenen Zinsen der Bundes- und der Kantonsmittel;
- d.
- die Verwendung der Zinsen nach Artikel 85 Absatz 2 LwG;
- e.
- die liquiden Mittel;
- f.
- die Summe der gewährten, jedoch noch nicht ausbezahlten Betriebshilfedarlehen.39
3 Er meldet dem BLW bis zum 15. Juli folgende Bestände per 30. Juni:
- a.
- die liquiden Mittel;
- b.
- die Summe der gewährten, jedoch noch nicht ausbezahlten Betriebshilfedarlehen.40
Die Kündigungsfrist für rückzufordernde Bundesmittel beträgt drei Monate.
1 Das BLW übt die Oberaufsicht aus. Es kann Kontrollen vor Ort durchführen.
2 Stellt das BLW im Rahmen seiner Oberaufsicht Verletzungen von Rechtsvorschriften, zu Unrecht gewährte Betriebshilfedarlehen oder andere Widerrufsgründe fest, so kann es verfügen, dass der Kanton ihm den zu Unrecht gewährten Betrag zurückerstattet.
1 Wurden Umschulungsbeihilfen nach Artikel 86a LwG gewährt, so erfolgt bei der Aufgabe des Betriebes eine Anmerkung als öffentlich-rechtliche Eigentumsbeschränkung im Grundbuch, welche untersagt, dass die der Gesuchstellerin oder dem Gesuchsteller verbleibende Fläche sowie das Gebäude Bestandteile eines Betriebes gemäss der landwirtschaftlichen Begriffsverordnung vom 7. Dezember 199846 bilden.
2 Die Anmerkung gilt ab Aufgabe des Betriebes für die Dauer von 20 Jahren. Die Kosten trägt die Gesuchstellerin oder der Gesuchsteller. Eine Löschung dieser Eigentumsbeschränkung innerhalb dieser Frist kann nur mit Zustimmung des BLW erfolgen.
1 Erfolgt die Aufgabe der Bewirtschaftung des Betriebes einer Gesuchstellerin oder eines Gesuchstellers nicht spätestens zwei Jahre nach Auszahlung der letzten Beihilfen, so müssen die Beihilfen innerhalb von zwei Jahren voll zurückbezahlt werden. Es werden 1000 Franken Verwaltungskosten verrechnet.
2 Wird eine Umschulung abgebrochen, so sind die bezogenen Beihilfen zurückzuzahlen, sofern der Betrieb weitergeführt wird. Zusätzlich werden Verwaltungskosten in der Höhe von 1000 Franken erhoben. Bei einer unverschuldeten finanziellen Notlage kann das BLW auf die erforderliche Rückzahlung teilweise oder ganz verzichten.
3 Wer nach Erhalt von Umschulungsbeihilfen und der Betriebsaufgabe innerhalb von 20 Jahren seit der letzten Auszahlung erneut einen Betrieb übernimmt und nach der Direktzahlungsverordnung vom 23. Oktober 201348 Beiträge erhält, muss die Umschulungsbeihilfen zurückzahlen. Die Frist für die Rückzahlung und die Verwaltungskosten richten sich nach Absatz 1. Der zu bezahlende Betrag wird von den Direktzahlungen abgezogen.
Die Verordnung vom 7. Dezember 199850 über die Betriebshilfe als soziale Begleitmassnahme in der Landwirtschaft wird aufgehoben.
1 Diese Verordnung tritt unter Vorbehalt von Absatz 2 am 1. Januar 2004 in Kraft.
2 Der 2. Abschnitt (Art. 19–30) tritt am 1. Januar 2004 in Kraft und gilt bis zum 31. Dezember 2015.52
3 Die Geltungsdauer des 2. Abschnitts (Art. 19–30) wird bis zum 31. Dezember 2019 verlängert.53