0.142.111.639

 AS 2003 2587

Originaltext

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat,
der Österreichischen Bundesregierung und dem Fürstentum
Liechtenstein über die Übernahme von Personen

(Rückübernahmeabkommen)

Abgeschlossen in Bern am 3. Juli 2000

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Januar 2001

(Stand am 1. Januar 2001)

Der Schweizerische Bundesrat,
die Österreichische Bundesregierung
und
das Fürstentum Liechtenstein,

im Weiteren Vertragsparteien genannt,

in dem Wunsch, die Zusammenarbeit zwischen den Vertragsparteien zu fördern, um eine bessere Anwendung der Bestimmungen über den Personenverkehr zu gewährleisten, in der Achtung der in den geltenden Gesetzen und Regelungen stipulierten Rechte und Garantien,

in der Achtung der internationalen Verträge und Übereinkommen sowie im Bestreben, die unbefugte Einwanderung zu vermeiden,

in dem Wunsch, das Übereinkommen vom 5. Januar 19551 zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Österreichischen Bundesregierung über die Übernahme von Personen an der Grenze zu ersetzen,

sowie auf der Grundlage der Gegenseitigkeit,

haben Folgendes vereinbart:

Abschnitt I: Übernahme eigener Staatsangehöriger

Art. 1

1.  Jede Vertragspartei übernimmt formlos die Person, die im Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei die geltenden Voraussetzungen für die Einreise oder den Aufenthalt nicht oder nicht mehr erfüllt, wenn nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass sie die Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei besitzt.

2.  Die ersuchende Vertragspartei nimmt diese Person unter denselben Voraussetzungen zurück, wenn die Nachprüfung ergibt, dass sie zum Zeitpunkt der Übernahme nicht im Besitz der Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei war.

Art. 2

Falls die Staatsangehörigkeit nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, wird die diplomatische Mission oder konsularische Vertretung jener Vertragspartei, deren Staatsangehörigkeit die Person vermutlich besitzt, diese auf Ersuchen unverzüglich klarstellen.

Art. 3

Bei der Übergabe einer Person, die wegen ihres Alters, Gesundheitszustandes oder aus anderen schwerwiegenden Gründen besonderer Pflege bedarf oder bei der besondere Schutz- oder Sicherheitsmassnahmen erforderlich sind, einigen sich die Vertragsparteien vorher über den Ort und die Zeit der Übergabe. Die Übergabe erfolgt möglichst rasch.

Abschnitt II: Übernahme von Drittstaatsangehörigen

Art. 4

1.  Jede Vertragspartei übernimmt auf Antrag der anderen Vertragspartei ohne besondere Formalitäten die Person, die nicht die Staatsangehörigkeit einer Vertragspartei besitzt (im Folgenden Drittstaatsangehöriger), wenn nachgewiesen oder glaubhaft gemacht wird, dass sie aus dem Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei rechtswidrig in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei eingereist ist. Rechtswidrig ist eine Einreise, wenn der Drittstaatsangehörige im Zeitpunkt der Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei die nach den innerstaatlichen Vorschriften der ersuchenden Vertragspartei geltenden Voraussetzungen für die Einreise nicht erfüllt.

2.  Die Übernahmeverpflichtung gemäss Absatz 1 besteht nicht für

1.
Staatsangehörige dritter Staaten, die mit der ersuchenden Vertragspartei eine gemeinsame Grenze haben;
2.
Drittstaatsangehörige, denen nach ihrer Einreise ein Visum oder ein anderer Aufenthaltstitel durch die ersuchende Vertragspartei ausgestellt wurde, es sei denn, dass diese Personen Visa oder andere Aufenthaltstitel besitzen, die von der ersuchten Vertragspartei ausgestellt wurden und die länger gültig sind als jene der ersuchenden Vertragspartei;
3.
Drittstaatsangehörige, für die nicht innerhalb von 6 Monaten nach Kenntnis der jeweiligen Behörden von der rechtswidrigen Einreise ein Übernahme­ersuchen gestellt wird; für Drittstaatsangehörige, die sich seit mehr als einem Jahr auf dem Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei aufgehalten haben, ist eine Übernahme nicht mehr möglich;
4.
Drittstaatsangehörige, denen die ersuchende Vertragspartei entweder den Flüchtlingsstatus gemäss der Genfer Konvention vom 28. Juli 19512 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, abgeändert durch das Protokoll von New York vom 31. Januar 19673, oder den Status von Staatenlosen gemäss der Konvention von New York vom 28. September 19544 über die Rechtsstellung von Staatenlosen zuerkannt hat.

3.  Die ersuchende Vertragspartei nimmt einen Drittstaatsangehörigen ohne besondere Formalitäten zurück, wenn die ersuchte Vertragspartei innerhalb von 6 Mona­ten nach der Übernahme des Drittstaatsangehörigen festgestellt hat, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 nicht vorliegen.

Art. 5

1.  Der Antrag auf Übernahme muss die Angaben zur Identität, zu den eventuell im Besitz des Drittstaatsangehörigen befindlichen Dokumenten, zum Aufenthalt im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei und zu den Umständen seiner rechtswidrigen Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchenden Vertragspartei enthalten.

2.  Die ersuchte Vertragspartei beantwortet die Anträge gemäss Artikel 4 Absatz 1 unverzüglich, längstens jedoch innerhalb von 14 Tagen. Die Übernahme des Drittstaatsangehörigen erfolgt unverzüglich, längstens jedoch innerhalb einer Frist von drei Monaten, nachdem die ersuchte Vertragspartei der Übernahme zugestimmt hat. Diese Frist wird auf Antrag der ersuchenden Vertragspartei für die Dauer rechtlicher oder tatsächlicher Hindernisse verlängert.

Art. 6

Als Aufenthaltstitel im Sinne dieses Abschnitts gilt jede von einer Vertragspartei ausgestellte Erlaubnis gleich welcher Art, die zum Aufenthalt in deren Hoheitsgebiet berechtigt. Hiezu zählt nicht die befristete Zulassung zum Aufenthalt im Hoheits­gebiet einer der Vertragsparteien im Hinblick auf die Behandlung eines Asylbegehrens oder eines Antrags auf einen Aufenthaltstitel.

Abschnitt III: Durchbeförderung und Begleitung

Art. 7

1.  Jede Vertragspartei übernimmt die polizeiliche Durchbeförderung von Dritt­staatsangehörigen, wenn die andere Vertragspartei darum ersucht und die Übernahme durch den Zielstaat und die Weiterreise durch allfällige weitere Durchbeförderungsstaaten sichergestellt ist.

2.  Das Ersuchen um Durchbeförderung muss Angaben insbesondere zur Identität des Drittstaatsangehörigen, zu Datum, Zeit und Ort der Durchbeförderung sowie zum allenfalls erforderlichen Begleitpersonal enthalten. Das Ersuchen muss darüber hinaus die Erklärung enthalten, dass die Voraussetzungen nach Absatz 1 gegeben und keine Ablehnungsgründe nach Absatz 3 bekannt sind.

3.  Die Durchbeförderung wird nicht beantragt und kann abgelehnt werden, wenn die Person im Zielstaat oder in einem allfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat Gefahr läuft, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe unterworfen zu werden, oder in seinem Leben oder seiner Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Die Durchbeförderung kann darüber hinaus abgelehnt werden, wenn der Drittstaatsangehörige im ersuchten Staat strafgerichtlich verfolgt werden müsste oder ihm im Zielstaat oder in einem allfälligen weiteren Durchbeförderungsstaat strafrechtliche Verfolgung droht.

4.  Ein Transitvisum der ersuchten Vertragspartei ist nicht erforderlich.

5.  Trotz erteilter Bewilligung können zur Durchbeförderung übernommene Personen an die andere Vertragspartei zurückgegeben werden, wenn nachträglich Tat­sachen im Sinne des Absatzes 2 eintreten oder bekannt werden, die einer Durch­beförderung entgegenstehen, oder wenn die Weiterreise oder die Übernahme durch den Zielstaat nicht mehr gesichert ist.

Art. 8

1.  Erfolgt die Durchbeförderung auf dem Landweg, so übernimmt das Personal der ersuchten Vertragspartei ab der Übergabe die notwendige Begleitung.

2.  Erfolgt die Durchbeförderung auf dem Luftweg unter Begleitung des Personals der ersuchenden Vertragspartei oder unbegleitet, so überwacht die ersuchte Vertragspartei im Falle der Weiterreise auf dem Luftweg die Zwischenlandung auf ihrem Flughafen.

Abschnitt IV: Kosten

Art. 9

Alle mit der Übernahme zusammenhängenden Kosten bis zur Grenze der ersuchten Vertragspartei sowie die Kosten der Durchbeförderung trägt die ersuchende Vertragspartei. Das Gleiche gilt für die Fälle der Rückübernahme.

Abschnitt V: Datenschutz

Art. 10

1.  Soweit für die Durchführung dieses Abkommens personenbezogene Daten zu übermitteln sind, dürfen diese Informationen ausschliesslich betreffen:

1.
die Personalien der zu übergebenden Person und gegebenenfalls der Angehörigen (Name, Vorname, gegebenenfalls früherer Name, Beinamen oder Pseudonyme, Aliasnamen, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, derzeitige und gegebenenfalls frühere Staatsangehörigkeit);
2.
den Reisepass, den Personalausweis, sonstige Identitäts- und Reisedokumente und Passierscheine (Nummer, Gültigkeitsdauer, Ausstellungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort usw.);
3.
sonstige zur Identifizierung der zu übergebenden Personen erforderliche Angaben;
4.
die Aufenthaltsorte und Reisewege;
5.
die ausgestellten Aufenthaltstitel oder Visa.

2.  Soweit personenbezogene Daten im Rahmen dieses Abkommens übermittelt werden, gelten die nachfolgenden Bestimmungen unter Beachtung der für jede Vertragspartei geltenden innerstaatlichen Rechtsvorschriften:

1.
Die Verwendung der Daten durch den Empfänger ist nur zu dem angegebenen Zweck und zu den durch die übermittelnde Behörde vorgeschriebenen Bedingungen zulässig.
2.
Der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Behörde auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erzielten Ergebnisse.
3.
Personenbezogene Daten dürfen nur an die zuständigen Stellen übermittelt werden. Die weitere Übermittlung an andere Stellen darf nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle erfolgen.
4.
Die übermittelnde Behörde ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismässigkeit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Übermittlungsverbote zu beachten. Erweist es sich, dass unrichtige Daten oder Daten, die nicht übermittelt werden durften, übermittelt worden sind, so ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. Er ist verpflichtet, die Berichtigung oder Vernichtung vorzunehmen.
5.
Die übermittelnde und empfangende Behörde sind verpflichtet, die Übermittlung von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen.
6.
Die übermittelnde und die empfangende Behörde sind verpflichtet, die übermittelten personenbezogenen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen.
7.
Die übermittelten personenbezogenen Daten sind nur solange aufzubewahren, wie es der Zweck, für den sie übermittelt worden sind, erfordert. Übermittelte Daten, die von der übermittelnden Behörde gelöscht werden, sind binnen sechs Monaten auch vom Empfänger zu löschen. Soweit das innerstaatliche Recht dies vorsieht, unterliegen die Verarbeitung und Verwendung dieser Daten der Kontrolle durch ein unabhängiges Organ.
8.
Dem Betroffenen ist bei Nachweis seiner Identität auf Antrag über die zu seiner Person vorhandenen Informationen sowie über den vorgesehenen Verwendungszweck nach Massgabe der innerstaatlichen Rechtsvorschriften Auskunft zu erteilen.

3.  Das Bundesrecht der Schweizerischen Eidgenossenschaft gilt bis zum In-Kraft-Treten eigener datenschutzrechtlicher Bestimmungen auch für das Fürstentum Liechtenstein, soweit eine Datenbearbeitung gestützt auf diesen Vertrag betroffen ist.

Abschnitt VI: Durchführungsbestimmungen

Art. 11

Die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen weiteren Regelungen über

1.
die Art und Weise der gegenseitigen Verständigung und die praktische Vorgangsweise,
2.
die Angaben, die in den Übernahme- und Durchbeförderungsanträgen enthalten sein müssen,
3.
die Unterlagen und Beweismittel bzw. Mittel zur Glaubhaftmachung, die zur Übernahme erforderlich sind, und die Wertigkeit dieser Mittel,
4.
die für die Durchführung dieses Abkommens zuständigen Stellen,
5.
die Kostenregelung und
6.
die Abhaltung von Expertengesprächen werden in einem Protokoll zur Durchführung dieses Abkommens vereinbart.

Abschnitt VII: Schlussbestimmungen

Art. 12

Fragen zur Auslegung und Durchführung des Abkommens sowie des Protokolls werden unter den Vertragsparteien einvernehmlich geregelt.

Art. 13

Die Bestimmungen dieses Abkommens lassen die Verpflichtungen der Vertragsparteien aus der Anwendung anderer völkerrechtlicher Abkommen unberührt.

Ebenfalls nicht berührt werden durch dieses Abkommen die Vereinbarung zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein über die fremdenpolizeiliche Rechtsstellung der beiderseitigen Staatsangehörigen im anderen Vertragsstaat vom 6. November 19635 und die Vereinbarung zwischen der Schweiz und dem Fürstentum Liechtenstein über die Handhabung der Fremdenpolizei für Drittausländer im Fürstentum Liechtenstein und über die fremdenpolizeiliche Zusammenarbeit vom 6. November 19636.

Art. 14

1.  Dieses Abkommen wird auf unbestimmte Zeit geschlossen.

2.  Dieses Abkommen tritt am ersten Tag des zweiten Monats nach dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einander auf diplomatischem Wege mitgeteilt haben, dass ihre jeweiligen innerstaatlichen Voraussetzungen für das In-Kraft-Treten erfüllt sind. Mit dem In-Kraft-Treten dieses Abkommens tritt das Übereinkommen vom 5. Januar 19557 zwischen der Österreichischen Bundesregierung und dem Schweizerischen Bundesrat über die Übernahme von Personen an der Grenze ausser Kraft.

Art. 15

1.  Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen auf diplomatischem Weg kündigen. Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf den Monat folgt, in dem die Notifikation der anderen Vertragspartei zugegangen ist.

2.  Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen aus Gründen der öffentlichen Sicher­heit, Ordnung oder Gesundheit suspendieren. Die Suspendierung, die auf diplomatischem Weg zu erfolgen hat, tritt mit Einlangen der Notifikation in Kraft.

Geschehen zu Bern, am 3. Juli 2000 in drei Urschriften in deutscher Sprache.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Ruth Metzler-Arnold

Für die Österreichische Bundesregierung:

Ernst Strasser

Für das Fürstentum Liechtenstein:

Michael Ritter

Protokoll

Auf der Grundlage von Artikel 11 des Abkommens zwischen dem Schweizerischen Bundesrat, der Österreichischen Bundesregierung und dem Fürstentum Liechtenstein über die Übernahme von Personen (im Folgenden Rückübernahmeabkommen genannt) haben die Vertragsparteien Folgendes vereinbart:

I

Zu Artikel 1

1.  Der Nachweis der Staatsangehörigkeit kann geführt werden durch:

Staatsbürgerschaftsurkunden;
Pässe aller Art (Nationalpässe, Sammelpässe, Diplomatenpässe, Dienstpässe, Passersatzpapiere);
Personalausweise und Identitätskarten;
provisorische Identitätsbescheinigungen;
Familienbüchlein mit Angabe eines Heimatortes in der Schweiz;
Wehrdienstbücher und Militärausweise;
amtlich ausgestellte Dokumente, aus denen sich die Staatsangehörigkeit ergibt;
Seefahrtsbücher und Schifferausweise;
schriftliche Behördenauskünfte mit eindeutigen Aussagen.

2.  Bei der Vorlage der in Absatz 1 genannten gültigen Nachweise wird die Staatsangehörigkeit als verbindlich anerkannt, ohne dass es weiterer Erhebungen bedarf. Gegenbeweise sind zulässig.

3.  Die Glaubhaftmachung der Staatsangehörigkeit kann insbesondere erfolgen durch:

Kopien der unter Absatz 1 genannten Nachweismittel;
Führerscheine;
Geburtsurkunden;
Firmenausweise;
Kopien der genannten Dokumente;
Zeugenaussagen;
eigene Angaben des Betroffenen;
die Sprache des Betroffenen.

4.  Für den Fall der Glaubhaftmachung gilt die Staatsangehörigkeit unter den Vertragsparteien als feststehend, solange die ersuchte Vertragspartei dies nicht widerlegt hat.

5.  Die in den Absätzen 1 und 3 angeführten Dokumente genügen auch dann als Nachweis oder Glaubhaftmachung der Staatsangehörigkeit, wenn sie durch Zeit­ablauf ungültig geworden sind.

II

Zu Artikel 2 und 3

1.  Das Ersuchen um Feststellung der Staatsangehörigkeit muss, abgesehen von den Personaldaten, erforderlichenfalls folgende Angaben enthalten:

die für die Feststellung der Staatsangehörigkeit notwendigen Informationen;
Hinweise auf eine etwaige auf Krankheit oder Alter beruhende besondere Hilfs‑, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit der zu übergebenden Person mit deren Einverständnis;
sonstige im Einzelfall bei der Übergabe erforderliche Schutz- oder Sicherheitsmassnahmen.

III

Zu Artikel 4 Absatz 1

1.  Der Antrag auf Übernahme muss Angaben über die Nachweis- oder Glaubhaftmachungsmittel für den Aufenthalt auf dem Staatsgebiet der ersuchten Vertragspartei, über die Rechtswidrigkeit der Einreise auf das Staatsgebiet der ersuchenden Vertragspartei und, soweit möglich, die folgenden weiteren Angaben enthalten:

die Personalien der zu übergebenden Person (Vor- und Familiennamen, frühere Namen, Aliasnamen, Geburtsdatum und ‑ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, letzter Wohnort im Herkunftsstaat);
die Personaldokumente (insbesondere Art, Nummer, Ausstellungsort, ‑datum und -behörde, Gültigkeitsdauer);
Tag, Ort und Art der rechtswidrigen Einreise;
eine etwaige auf Krankheit oder Alter beruhende besondere Hilfs‑, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit der zu übergebenden Person mit deren Einverständnis;
etwaige sonstige im Einzelfall bei der Übergabe erforderliche Schutz- oder Sicherheitsmassnahmen;
Sprachkenntnisse der zu übergebenden Person;
Zeit und Ort der beabsichtigten Übergabe.

2.  Der Aufenthalt auf dem Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei wird nachgewiesen durch:

ein gültiges Visum oder einen gültigen anderen Aufenthaltstitel der ersuchten Vertragspartei;
einen Einreisestempel der ersuchten Vertragspartei im Reisedokument;
sonstige Vermerke der ersuchten Vertragspartei in Reisedokumenten, die Hinweise auf den Aufenthalt geben.

Ein in dieser Weise erfolgter Nachweis wird unter den Vertragsparteien als verbindlich anerkannt, ohne dass weitere Erhebungen durchgeführt werden. Gegenbeweise sind zulässig.

3.  Der Aufenthalt auf dem Staatsgebiet der ersuchten Vertragspartei wird insbesondere glaubhaft gemacht durch:

Ausreisestempel von Drittstaaten in Reisedokumenten, durch welche die Einreise in das Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei angenommen werden kann;
Flugtickets, Eisenbahnfahrkarten, Bescheinigungen, Rechnungen oder sonstige Belege, die den Aufenthalt auf dem Staatsgebiet der ersuchten Vertragspartei belegen;
Aussagen von Behördenvertretern, die den Grenzübertritt bezeugen können;
Zeugenaussagen in Verbindung mit einer behördlichen Niederschrift;
ein abgelaufenes Visum oder einen anderen abgelaufenen Aufenthaltstitel und auf sonstige im Einzelfall geeignete Weise.

4.  Die Rechtswidrigkeit der Einreise auf das Staatsgebiet der ersuchenden Vertragspartei wird nachgewiesen durch die Grenzübertrittspapiere der Person, in denen das erforderliche Visum oder der erforderliche andere Aufenthaltstitel für das Hoheitsgebiet dieser Vertragspartei fehlt. Für die Glaubhaftmachung der Rechtswidrigkeit der Einreise genügt die Angabe der ersuchenden Vertragspartei, dass die Person nach ihren Feststellungen die erforderlichen Grenzübertrittspapiere oder das erforderliche Visum oder einen sonstigen Aufenthaltstitel nicht besitzt.

IV

Zu Artikel 7

1.  Der Antrag auf Durchbeförderung muss, soweit möglich, die folgenden Angaben enthalten:

die Personalien der durchzubefördernden Person (insbesondere Vor- und Familiennamen, frühere Namen, Aliasnamen, Geburtsdatum und ‑ort, Geschlecht, Staatsangehörigkeit, letzter Wohnort im Herkunftsstaat);
die Personaldokumente (insbesondere Art, Nummer, Gültigkeitsdauer);
die Erklärung, dass die Voraussetzungen gemäss Artikel 7 Absatz 1 des Rückübernahmeabkommens erfüllt sind und keine Ablehnungsgründe gemäss Artikel 7 Absatz 3 des Rückübernahmeabkommens bekannt sind;
eine etwaige auf Krankheit oder Alter beruhende besondere Hilfs‑, Pflege- oder Betreuungsbedürftigkeit der durchzubefördernden Person mit deren Einverständnis;
etwaige sonstige im Einzelfall erforderliche Schutz- oder Sicherheitsmassnahmen;
Datum, Zeit und Ort der Durchbeförderung sowie die weitere Durchbeförderungsroute;
allenfalls Angaben zum Begleitpersonal.

2.  Die ersuchte Vertragspartei benachrichtigt die ersuchende Vertragspartei unter Bestätigung des Datums, der Zeit und des Ortes unverzüglich über die Übernahme zur Durchbeförderung oder über die Ablehnung der Übernahme und die Gründe der Ablehnung.

V

Zu Artikel 9

Die Kosten werden an das Innenministerium der ersuchten Vertragspartei innerhalb von 60 Tagen ab Erhalt der Rechnung überwiesen.

VI

Zuständige Stellen

1.  Die für die Ankündigung einer Übergabe nach Artikel 3 des Rückübernahmeabkommens zuständigen Stellen sind

1.
auf österreichischer Seite die verfahrensführenden Fremdenpolizeibehörden, die im Wege der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg die Kantonspolizei St. Gallen oder die Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein in Kenntnis setzen;
2.
auf schweizerischer Seite die kantonalen Fremdenpolizeibehörden, die über die Kantonspolizei St. Gallen die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg in Kenntnis setzen;
3.
auf liechtensteinischer Seite die Fremdenpolizei, die über die Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg in Kenntnis setzt;

4. im Luftverkehr sind die für die Ankündigung einer Übergabe zuständigen Stellen die Grenzdienststellen der jeweiligen Abflugs- und Ankunftsflug­häfen im gegenseitigen Flugverkehr.

2.  Die zuständigen Stellen nach Artikel 4 des Rückübernahmeabkommens sind

1.
auf österreichischer Seite die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg und die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol;
2.
auf schweizerischer Seite die kantonalen Fremdenpolizeibehörden im Wege der Kantonspolizei St. Gallen;
3.
auf liechtensteinischer Seite die Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein.

3.  Die zuständigen Stellen für die Stellung eines Antrages nach Artikel 7 des Rückübernahmeabkommens sind

1.
auf österreichischer Seite das Bundesministerium für Inneres, Abteilung III/16, sowie die Sicherheitsdirektion des Bundeslandes Vorarlberg für Gesuche auf Grund von Verfügungen der Fremdenpolizei des Bundeslandes Vorarlberg;
2.
auf schweizerischer Seite die Kantonspolizei St. Gallen;
3.
auf liechtensteinischer Seite die Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein.

4.  Die zuständigen Stellen für die Erledigung eines Antrages nach Artikel 7 des Rückübernahmeabkommens sind

1.
auf österreichischer Seite
das Bundesministerium für Inneres, Abteilung III/16;
2.
auf schweizerischer Seite
das Bundesamt für Flüchtlinge8 im Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement;
3.
auf liechtensteinischer Seite
die Landespolizei des Fürstentums Liechtenstein.

5.  Die zuständigen Stellen verständigen sich über die geeigneten Kommunika­tionsmittel.

8 Heute: Staatssekretariat für Migration (SEM) (siehe AS 2014 4451).

VII

Expertengespräche

Zwischen Experten der Vertragsparteien werden nach Bedarf Gespräche, insbesondere über die Anwendung des Abkommens und dieses Protokolls sowie über allfällige Änderungen dieser Vereinbarung abgehalten werden. Zeit und Ort solcher Gespräche werden jeweils einvernehmlich festgelegt.

VIII

Schlussbestimmungen

1.  Das vorliegende Protokoll tritt gleichzeitig mit dem Rückübernahmeabkommen in Kraft. Es kann in gegenseitigem Einvernehmen jederzeit geändert werden.

2.  Im Falle des Ausserkrafttretens des Rückübernahmeabkommens tritt gleichzeitig auch dieses Protokoll ausser Kraft.

Geschehen zu Bern, am 3. Juli 2000 in drei Urschriften in deutscher Sprache.

Für den Schweizerischen Bundesrat:

Ruth Metzler-Arnold

Für die Österreichische Bundesregierung:

Ernst Strasser

Für das Fürstentum Liechtenstein:

Michael Ritter