0.741.619.334

 AS 2003 2429

Originaltext

Abkommen

zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung
der Republik Estland über den grenzüberschreitenden
Personen- und Güterverkehr auf der Strasse

Abgeschlossen am 25. Juni 1997

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 27. August 1997

(Stand am 5. August 2003)

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung der Republik Estland,

im Folgenden Vertragsparteien genannt,

haben im Bestreben, die Personen- und Güterbeförderungen auf der Strasse zwischen den beiden Staaten und im Transit durch ihr Gebiet zu erleichtern,

Folgendes vereinbart:

Art. 1 Anwendungsbereich

Die Bestimmungen dieses Abkommens sind anwendbar auf Personen- und Güter­beförderungen, die von oder nach dem Gebiet einer der Vertragsparteien oder im Transit durch eines dieser Gebiete mit Fahrzeugen ausgeführt werden, die im Gebiet der anderen Vertragspartei zum Verkehr zugelassen sind.

Art. 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieses Abkommens bezeichnet:

1.  der Begriff «Unternehmer» eine natürliche oder juristische Person, die entweder in der Schweiz oder in Estland gemäss den in ihrem Staat geltenden Vorschriften berechtigt ist, Personen oder Güter auf der Strasse zu befördern;

2.  der Begriff «Fahrzeug» ein Strassenfahrzeug mit mechanischem Antrieb sowie gegebenenfalls dessen Anhänger oder Sattelanhänger, das für die Beförderung

a)
von mehr als neun sitzenden Reisenden, Fahrer eingeschlossen,
b)
von Gütern eingerichtet und zugelassen ist;

3.  der Begriff «Genehmigung» jede Bewilligung, Konzession oder Genehmigung, die gemäss den nationalen Vorschriften der Vertragsparteien verlangt wird;

4.  der Begriff «Linienverkehr» die regelmässige, fahrplanmässige Beförderung von Personen mit genehmigter Fahrtstrecke, wobei Fahrgäste an vorher festgesetzten Haltestellen aufgenommen und abgesetzt werden können;

5.  der Begriff «Pendelverkehr» die mehreren Hin- und Rückfahrten von demselben Ausgangsgebiet nach demselben Zielgebiet, wobei die Fahrgäste zuvor in Gruppen zusammengefasst worden sind;

6.  der Begriff «Gelegenheitsverkehr» die Beförderungen, die weder der Begriffs­bestimmung des Linienverkehrs noch des Pendelverkehrs entsprechen;

7.  der Begriff «Cabotageverkehr» die Beförderungen, die zwischen zwei beliebigen Orten auf dem Gebiet einer Vertragspartei durchgeführt werden mit Fahrzeugen, die im Gebiet der anderen Vertragspartei zum Verkehr zugelassen worden sind.

Art. 3 Personenbeförderungen

1.  Die gelegentlichen Personenbeförderungen, die unter den nachfolgenden Voraussetzungen ausgeführt werden, sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen:

a)
die Beförderung der gleichen Personen mit demselben Fahrzeug während der gesamten Reise, deren Ausgangs- und Endpunkt in dem Staat gelegen sind, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, sofern unterwegs oder bei Halten ausserhalb dieses Staatsgebietes Personen weder aufgenommen noch abgesetzt werden (Rundfahrten mit geschlossenen Türen); oder
b)
die Beförderung von Personengruppen von einem Ort des Staates, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, an einen Ort im Gebiet der anderen Vertragspartei, sofern das Fahrzeug leer in den Staat zurückkehrt, in dem es zum Verkehr zugelassen ist; oder
c)
die Beförderung von Personengruppen von einem Ort im Gebiet der anderen Vertragspartei, zu einem Ort des Staates, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, sofern dieser Dienstleistung eine Leerfahrt vorausgegangen ist und die Reisenden
vor der Ankunft im Gebiet, in dem sie aufgenommen werden, mit einem Beförderungsvertrag in Gruppen zusammengefasst werden; oder
vorher von demselben Verkehrsunternehmer nach den unter b genannten Bedingungen in den anderen Vertragsstaat befördert worden sind und jetzt in ein anderes Land befördert werden; oder
eingeladen werden, sich in das Gebiet der anderen Vertragspartei zu begeben, wobei der Einladende die Beförderungskosten trägt. Die Reisenden müssen einen zusammengehörenden Personenkreis bilden, der nicht nur zum Zweck der Fahrt zusammengestellt wurde.
d)
Transitfahrten durch das Gebiet der anderen Vertragspartei.

2.  Die Pendelfahrten, die unter den nachfolgenden Voraussetzungen ausgeführt werden, sind von der Genehmigungspflicht ausgenommen:

a)
die Pendelfahrten mit Unterbringung nach dem Gebiet der anderen Vertragspartei; sowie
b)
die Pendelfahrten mit Unterbringung im Transit durch das Gebiet der anderen Vertragspartei; sowie
c)
die Leerfahrten der Fahrzeuge, die in Zusammenhang mit diesen Pendelfahrten durchgeführt werden.

3.  Bei den in Ziffer 1 und 2 genannten Beförderungen ist im Fahrzeug ein Kontrollpapier mitzuführen.

4.  Andere als die in Ziffer 1 und 2 erwähnten Beförderungen sind nach Massgabe des nationalen Rechts der Vertragsparteien genehmigungspflichtig. Die Genehmigungen werden unter Wahrung der Gegenseitigkeit erteilt.

Art. 4 Güterbeförderungen

Jeder Unternehmer einer Vertragspartei ist berechtigt, vorübergehend ein leeres oder beladenes Fahrzeug in das Gebiet der anderen Vertragspartei einzuführen, um Güter zu befördern:

a)
zwischen einem Ort im Gebiet der einen Vertragspartei und einem beliebigen Ort im Gebiet der anderen Vertragspartei; oder
b)
vom Gebiet der anderen Vertragspartei nach einem Drittstaat oder von einem Drittstaat nach dem Gebiet der anderen Vertragspartei; oder
c)
im Transit durch das Gebiet der anderen Vertragspartei.
Art. 5 Anwendung nationalen Rechts

In allen Belangen, die dieses Abkommen nicht regelt, haben die Unternehmer und die Fahrzeugführer einer Vertragspartei bei Fahrten im Gebiet der anderen Vertragspartei die dort geltenden Gesetze und Reglemente, die nicht diskriminierend angewendet werden, einzuhalten.

Art. 6 Verbot landesinterner Beförderungen

Den Unternehmern einer Vertragspartei ist die Personen- und Güterbeförderung zwischen zwei Orten auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei nicht gestattet, sofern dies von der anderen Vertragspartei nicht genehmigt wurde.

Art. 7 Widerhandlungen

1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien sind dafür besorgt, dass die Bestimmungen dieses Abkommens von den Unternehmern eingehalten werden.

2.  Gegen Unternehmer und Fahrzeugführer, die auf dem Gebiet der anderen Vertragspartei Bestimmungen des Abkommens oder dort geltende Gesetze und Reglemente über die Strassenbeförderungen oder den Strassenverkehr verletzt haben, können auf Verlangen der zuständigen Behörden dieses Staates folgende Massnahmen angeordnet werden, die durch die Behörden des Staates, in dem das Fahrzeug zum Verkehr zugelassen ist, zu vollziehen sind:

a)
Verwarnung;
b)
befristeter, teilweiser oder vollständiger Entzug der Berechtigung, Beför­de­run­gen auf dem Gebiet der Vertragspartei, in der die Widerhandlung begangen wurde, auszuführen.

3.  Die Behörde, die eine solche Massnahme getroffen hat, unterrichtet hierüber die zuständigen Behörden der anderen Vertragspartei.

4.  Vorbehalten bleiben Sanktionen, die gestützt auf das nationale Recht durch die Gerichte oder die zuständigen Behörden der Vertragspartei ergriffen werden können, auf deren Gebiet solche Widerhandlungen begangen wurden.

Art. 8 Ausführungsbestimmungen und zuständige Behörden

Die Ausführungsbestimmungen zu diesem Abkommen und die zur Durchführung dieses Abkommens ermächtigten zuständigen Behörden werden von den Vertragsparteien in einem gleichzeitig mit dem Abkommen unterzeichneten Protokoll1 vereinbart. Diese zuständigen Behörden verkehren direkt miteinander.

1 Dieses Protokoll wird in der AS nicht publiziert.

Art. 9 Gemischte Kommission

1.  Die zuständigen Behörden der Vertragsparteien setzen eine Gemischte Kommis­sion für den Vollzug dieses Abkommens ein.

2.  Aufgabe der Gemischten Kommission ist die ordnungsgemässe Überwachung und Durchführung des vorliegenden Abkommens und des in Artikel 8 erwähnten Protokolls. Diese Kommission ist auch für die Änderung oder Ergänzung dieses Protokolls ausser Punkt 4 zuständig.

3.  Die zuständigen Behörden einer Vertragspartei können die Einberufung dieser Gemischten Kommission verlangen; diese tritt abwechslungsweise auf dem Gebiet jeder Vertragspartei zusammen.

Art. 10 Anwendung auf das Fürstentum Liechtenstein

Dem formellen Wunsch des Fürstentums Liechtenstein entsprechend, erstreckt sich das Abkommen auch auf das Fürstentum Liechtenstein, solange dasselbe mit der Schweiz durch einen Zollanschlussvertrag verbunden ist.

Art. 11 Inkrafttreten und Geltungsdauer

1.  Dieses Abkommen tritt in Kraft, sobald jede Vertragspartei die andere davon in Kenntnis gesetzt hat, dass die rechtlichen Bestimmungen über den Abschluss und die Inkraftsetzung internationaler Verträge befolgt wurden. Dieses Abkommen wird vorläufig ab dem Datum seiner Unterzeichnung angewendet.

2.  Das Abkommen gilt für eine unbestimmte Dauer; es kann von jeder Vertragspartei unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist auf das Ende eines Kalenderjahres schriftlich gekündigt werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die von ihren Regierungen gehörig Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Helsinki am 25. Juni 1997 in zwei Originalen in deutscher und estnischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermassen verbindlich ist.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die
Regierung der Republik Estland:

Max Friedli

Raivo Vare