(Stand am 5. Dezember 2006)672.913.610
672.913.610
Verordnung
zum schweizerisch-deutschen
Doppelbesteuerungsabkommen
vom 30. April 2003 (Stand am 5. Dezember 2006)
Der Schweizerische Bundesrat,
gestützt auf den Bundesbeschluss vom 22. Juni 19511 über die Durchführung
von zwischenstaatlichen Abkommen des Bundes zur Vermeidung
der Doppelbesteuerung,
in Ausführung des Abkommens vom 11. August 19712 zwischen
der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Bundesrepublik Deutschland
zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern
vom Einkommen und vom Vermögen (Abkommen),
verordnet:
1 Die in den Artikeln 10 und 11 des Abkommens vorgesehene Entlastung von Steuern von Dividenden und Zinsen wird von schweizerischer Seite durch volle oder teilweise Erstattung der Verrechnungssteuer gewährt. Die Artikel 3 und 3a bleiben vorbehalten.3
2 Diese Verordnung findet keine Anwendung auf die Erstattung der Verrechnungssteuer, die die in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Personen schon nach der schweizerischen Bundesgesetzgebung beanspruchen können.
1 Der in der Bundesrepublik Deutschland ansässige Anspruchsberechtigte5 hat die Erstattung der Verrechnungssteuer mit Formular 85 zu beantragen.
2 Der Antragsteller hat den Antrag im Doppel auszufüllen und beide Ausfertigungen dem für ihn zuständigen deutschen Finanzamt zu unterbreiten. Dieses behält eine Ausfertigung und gibt das für die Eidgenössische Steuerverwaltung bestimmte Exemplar mit der auf dem Formular vorgesehenen Bestätigung dem Antragsteller zurück.
3 Der Antragsteller hat die bestätigte Ausfertigung des Antrages innert drei Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Dividenden oder Zinsen fällig geworden sind, der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern einzureichen.
4 Die Eidgenössische Steuerverwaltung prüft den Antrag auf seine Berechtigung und seine Richtigkeit. Notwendige ergänzende Auskünfte und Beweismittel holt sie direkt beim Antragsteller ein.6
5 Die Eidgenössische Steuerverwaltung teilt das Prüfungsergebnis dem Antragsteller schriftlich mit und überweist den Erstattungsbetrag an die im Antrag angegebene Adresse.7
6 Wird ein Antrag ganz oder teilweise abgewiesen, so kann der Antragsteller von der Eidgenössischen Steuerverwaltung einen Entscheid verlangen. Dieser wird mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung eröffnet.8
1 Die Eidgenössische Steuerverwaltung kann einer schweizerischen Gesellschaft auf Gesuch hin die Bewilligung erteilen, die einer deutschen Kapitalgesellschaft ausgerichteten Dividenden ohne Abzug der Verrechnungssteuer auszurichten, wenn die Voraussetzungen nach Artikel 10 Absatz 3 des Abkommens erfüllt sind.
2 Das Gesuch ist vor Fälligkeit der Dividenden mit amtlichem Formular einzureichen.
3 Die Eidgenössische Steuerverwaltung prüft das Gesuch. Eine Bewilligung wird nur erteilt, wenn feststeht, dass die deutsche Kapitalgesellschaft, auf die die Steuer zu überwälzen wäre, nach Artikel 10 Absatz 3 des Abkommens Anspruch auf die für wesentliche Beteiligungen vorgesehene Entlastung von dieser Steuer hat. Die Bewilligung wird schriftlich mitgeteilt und gilt drei Jahre.
4 Wird das Gesuch ganz oder teilweise abgelehnt, so kann die schweizerische Gesellschaft von der Eidgenössischen Steuerverwaltung einen Entscheid verlangen. Dieser wird ihr mit einer Begründung und einer Rechtsmittelbelehrung eröffnet.
5 Die die Dividenden zahlende schweizerische Gesellschaft muss der Eidgenössischen Steuerverwaltung unverzüglich Meldung erstatten, sobald die Voraussetzungen für die Beanspruchung des Meldeverfahrens nicht mehr erfüllt sind.
1 Verfügt die die Dividenden zahlende schweizerische Gesellschaft über eine Bewilligung, so meldet sie die Ausrichtung der Dividende unaufgefordert und innert 30 Tagen mit Formular 108. Dieses ist zusammen mit dem amtlichen Erhebungsformular bei der Eidgenössischen Steuerverwaltung einzureichen.
2 Absatz 1 gilt auch, wenn ein Bewilligungsgesuch nicht eingereicht oder noch nicht darüber entschieden wurde. Liegt ein Bewilligungsgesuch nicht vor, so ist dieses zusammen mit dem Formular 108 nachzureichen. Ergibt die Prüfung der Eidgenössischen Steuerverwaltung, dass vom Meldeverfahren zu Unrecht Gebrauch gemacht wurde, so werden die Verrechnungssteuer und ein allfälliger Verzugszins nacherhoben. Wird die Nacherhebung bestritten, so trifft die Eidgenössische Steuerverwaltung einen Entscheid.
3 Die Eidgenössische Steuerverwaltung kann den zuständigen deutschen Behörden Doppel der Formulare 108 übermitteln.
Entscheide der Eidgenössischen Steuerverwaltung unterliegen der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.
In der Schweiz ansässige Personen, welche die in den Artikeln 10–12 des Abkommens vorgesehenen Entlastungen von den deutschen Quellensteuern beanspruchen wollen, haben dies auf den folgenden von den deutschen Behörden herausgegebenen Formularen zu beantragen:
| a. | R-D 1: | Dividenden und Zinsen, natürliche Personen; |
| b. | R-D 2: | Dividenden und Zinsen, juristische Personen und Personengesellschaften; |
| c. | R-D 3: | Lizenzgebühren, natürliche Personen; |
| d. | R-D 4: | Lizenzgebühren, juristische Personen und Personengesellschaften; |
| e. | R-D 5: | Dividenden, Kapitalgesellschaften mit unmittelbarer Beteiligung von mindestens 10 Prozent. |
1 Der Antrag ist in der vorgeschriebenen Anzahl Ausfertigungen, vollständig ausgefüllt und mit den erforderlichen Beilagen der für den Antragsteller zuständigen kantonalen Steuerbehörde zu unterbreiten.
2 Wird im Antrag die Erstattung bereits erhobener Steuern verlangt, so soll er der kantonalen Steuerbehörde spätestens am 1. Oktober des vierten auf den Zufluss der Dividenden, Zinsen oder Lizenzgebühren folgenden Kalenderjahres zukommen.
1 Die kantonale Steuerbehörde, welcher der Antrag unterbreitet wird, prüft, ob die Voraussetzungen für die Entlastung von den deutschen Steuern erfüllt sind.
2 Ist der Antrag begründet, so bescheinigt dies die kantonale Steuerbehörde auf den für die deutschen Behörden und die Eidgenössische Steuerverwaltung bestimmten Ausfertigungen des Antrags. Eine Ausfertigung des Antrags behält sie bei ihren Akten.
3 Die kantonale Steuerbehörde sendet die bescheinigten Ausfertigungen:
- a.
- eines Antrags auf Formular R-D 1 oder R-D 3, zusammen mit den Beilagen, dem Antragsteller zurück; dieser hat die Ausfertigungen innerhalb von vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Erträge zugeflossen sind, beim Bundesamt für Finanzen in Bonn einzureichen;
- b.
- eines Antrags auf Formular R-D 2, R-D 4 oder R-D 5, zusammen mit den Beilagen, der Eidgenössischen Steuerverwaltung in Bern zu; diese behält
eine Ausfertigung bei ihren Akten und leitet die andere mit den Beilagen an das Bundesamt für Finanzen in Bonn weiter.
4 Die kantonalen Steuerbehörden und die Eidgenössische Steuerverwaltung sind berechtigt, ergänzende Erhebungen anzustellen.
1 Für die Erteilung der in Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe a des Abkommens vor-gesehenen Auskünfte an die deutschen Behörden ist auf schweizerischer Seite die Eidgenössische Steuerverwaltung zuständig. Deutsche Auskunftsbegehren, die bei anderen Behörden eingehen, sind an die Eidgenössische Steuerverwaltung weiterzuleiten.
2 Über Anstände, die sich wegen der Erteilung solcher Auskünfte ergeben, entscheidet die Eidgenössische Steuerverwaltung.
3 Der Entscheid der Eidgenössischen Steuerverwaltung unterliegt der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.12
1 Ersuchen der zuständigen deutschen Behörden um Informationsaustausch bei Betrugsdelikten nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b des Abkommens werden von der Eidgenössischen Steuerverwaltung vorgeprüft.
2 Kann einem Ersuchen um Informationsaustausch nicht entsprochen werden, so teilt die Eidgenössische Steuerverwaltung dies der zuständigen deutschen Behörde mit. Diese kann ihr Ersuchen ergänzen.
3 Zeigt die Vorprüfung, dass die Erfüllung der Voraussetzungen nach Artikel 27 Absatz 1 Buchstabe b des Abkommens in Verbindung mit Ziffer 3 Buchstabe a des Protokolls glaubhaft gemacht ist, so informiert die Eidgenössische Steuerverwaltung diejenige Person, die in der Schweiz über die einschlägigen Informationen verfügt (Informationsinhaber), über den Eingang des Ersuchens und über die darin verlangten Informationen. Der übrige Inhalt des Ersuchens darf dem Informationsinhaber nicht mitgeteilt werden.
4 Die Eidgenössische Steuerverwaltung ersucht den Informationsinhaber gleichzeitig, ihr die Informationen zuzustellen und eine betroffene Person mit ausländischem Wohnsitz aufzufordern, in der Schweiz einen Zustellungsbevollmächtigten zu bezeichnen.
1 Übergibt der Informationsinhaber die verlangten Informationen der Eidgenössischen Steuerverwaltung, so prüft diese die Informationen und erlässt eine Schlussverfügung.
2 Stimmt der Informationsinhaber oder die betroffene Person oder ihr Zustellungsbevollmächtigter der Übergabe der verlangten Informationen innerhalb von 14 Tagen nicht zu, so erlässt die Eidgenössische Steuerverwaltung gegenüber dem Informationsinhaber eine Verfügung, mit der sie die Herausgabe der im deutschen Ersuchen bezeichneten Informationen verlangt.
1 Die Eidgenössische Steuerverwaltung eröffnet die an den Informationsinhaber gerichtete Verfügung sowie eine Kopie des Ersuchens der zuständigen deutschen Behörde auch der betroffenen Person oder deren Zustellungsbevollmächtigtem, sofern im Ersuchen nicht ausdrücklich die Geheimhaltung verlangt wird.
2 Hat eine betroffene Person mit ausländischem Wohnsitz keinen Zustellungsbevollmächtigten bezeichnet, so ist die Eröffnung von der zuständigen deutschen Behörde nach deutschem Recht vorzunehmen. Gleichzeitig setzt die Eidgenössische Steuerverwaltung der Person eine Frist zur Zustimmung zum Informationsaustausch oder zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten.
3 Die betroffene Person kann sich am Verfahren beteiligen und Einsicht in die Akten nehmen. Die Akteneinsicht und die Teilnahme am Verfahren dürfen nur verweigert werden:
- a.
- für Aktenstücke und Verfahrenshandlungen, für die Geheimhaltungsgründe nach Artikel 80b Absatz 2 des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 198113 bestehen; oder
- b.
- wenn Artikel 27 des Abkommens dies erfordert.
4 Gegenstände, Dokumente und Unterlagen, die der Eidgenössischen Steuerverwaltung ausgehändigt oder von ihr beschafft wurden, dürfen nicht zur Durchsetzung des schweizerischen Steuerrechts verwendet werden. Artikel 16 Absatz 4 bleibt vorbehalten.
1 Werden die in der Verfügung verlangten Informationen nicht innert der verfügten Frist der Eidgenössischen Steuerverwaltung übergeben, so können Massnahmen unter Anwendung von Zwang durchgeführt werden. Dabei können Hausdurchsuchungen vorgenommen sowie Gegenstände, Dokumente und Unterlagen in Schriftform oder auf Bild- oder Datenträgern beschlagnahmt werden.
2 Zwangsmassnahmen sind vom Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung oder von dessen Stellvertreter anzuordnen. Sie sind von besonders ausgebildeten Personen durchzuführen.
3 Ist Gefahr im Verzug und kann eine Massnahme nicht rechtzeitig angeordnet werden, so darf die besonders ausgebildete Person von sich aus eine Zwangsmassnahme durchführen. Die Massnahme ist innert drei Tagen vom Direktor der Eidgenössischen Steuerverwaltung oder von seinem Stellvertreter zu genehmigen.
4 Die Polizei der Kantone und Gemeinden unterstützt die Eidgenössische Steuerverwaltung bei der Durchführung der Zwangsmassnahmen.
1 Räume dürfen nur durchsucht werden, wenn es wahrscheinlich ist, dass sich darin die im Zusammenhang mit dem Ersuchen um Informationsaustausch stehenden Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen befinden.
2 Die Durchführung richtet sich nach Artikel 49 des Bundesgesetzes vom 22. März 197414 über das Verwaltungsstrafrecht.
1 Gegenstände, Dokumente und Unterlagen sind mit grösster Schonung der Privatgeheimnisse zu durchsuchen.
2 Es dürfen nur Gegenstände, Dokumente und Unterlagen beschlagnahmt werden, die im Zusammenhang mit dem Ersuchen um Informationsaustausch von Bedeutung sein könnten.
3 Dem Inhaber der Gegenstände, Dokumente und Unterlagen oder dem Informationsinhaber ist Gelegenheit zu geben, sich vor der Durchführung über ihren Inhalt auszusprechen. Der Informationsinhaber muss bei der Lokalisierung und Identifizierung der Gegenstände, Dokumente und Unterlagen mitwirken.
4 Kosten, die dem Inhaber oder dem Informationsinhaber aus den Zwangsmassnahmen entstehen, sind von diesen selber zu tragen.
1 Stimmt die betroffene Person der Aushändigung der Informationen an die zuständige deutsche Behörde zu, so kann sie die Eidgenössische Steuerverwaltung darüber schriftlich informieren. Die Zustimmung ist unwiderruflich.
2 Die Eidgenössische Steuerverwaltung hält die Zustimmung schriftlich fest und schliesst das Verfahren durch Übermittlung der Informationen an die zuständige Behörde.
3 Betrifft die Zustimmung nur einen Teil der Informationen, so werden die restlichen Gegenstände, Dokumente oder Unterlagen nach den Artikeln 10 ff. beschafft und mittels Schlussverfügung übermittelt.
1 Die Eidgenössische Steuerverwaltung erlässt eine begründete Schlussverfügung. Darin äussert sie sich zur Frage, ob ein Abgabebetrug vorliegt, und entscheidet über die Übermittlung von Gegenständen, Dokumenten und Unterlagen an die zuständige deutsche Behörde.
2 Die Verfügung wird der betroffenen Person oder ihrem Zustellungsbevollmächtigten eröffnet.
3 Hat eine betroffene Person mit ausländischem Wohnsitz keinen Zustellungsbevollmächtigten bezeichnet, so erfolgt die Eröffnung durch Publikation im Bundesblatt.
4 Nach Eintritt der Rechtskraft der Schlussverfügung sowie im Rahmen der vereinfachten Ausführung nach Artikel 15 können die der zuständigen deutschen Behörde übermittelten Informationen von der Eidgenössischen Steuerverwaltung verwendet werden.
1 Die Schlussverfügung der Eidgenössischen Steuerverwaltung über die Übermittlung von Informationen unterliegt der Beschwerde nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.15
2 Zur Beschwerde ist auch der Informationsinhaber befugt, soweit er eigene Interessen geltend macht.
3 ...16
4 Jede der Schlussverfügung vorangehende Verfügung, einschliesslich einer Verfügung über Zwangsmassnahmen, ist sofort vollstreckbar und kann nur zusammen mit der Schlussverfügung angefochten werden.
Die Verordnung vom 7. Februar 197317 zum schweizerisch-deutschen Doppelbesteuerungsabkommen wird aufgehoben.
1 Das in Artikel 3 festgelegte Verfahren ist anwendbar auf Dividenden, die nach dem 30. Juni 2003 fällig werden.
2 Im Falle von Dividenden nach Artikel 3, die zwischen dem 1. Januar 2002 und dem 30. Juni 2003 fällig geworden sind, wird auf Antrag hin eine Rückerstattung von 35 Prozent gewährt. Sofern bereits eine Erstattung von 30 Prozent erfolgt ist, werden die restlichen 5 Prozent auf zusätzlichen Antrag hin erstattet.
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2003 in Kraft.