0.975.229.1

 AS 2002 537

Originaltext

Abkommen
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Kroatien über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

Abgeschlossen am 30. Oktober 1996

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 17. Juni 1997

(Stand am 17. Juni 1997)

Präambel

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung der Republik Kroatien,

vom Wunsche geleitet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staa­ten zum beiderseitigen Nutzen zu verstärken,

im Bestreben, günstige Bedingungen für Investitionen von Investoren der einen Ver­tragspartei auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei zu schaffen und zu erhalten,

in der Erkenntnis, dass Förderung und Schutz von Investitionen zur Mehrung des wirtschaftlichen Wohlstandes in beiden Staaten beitragen,

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Abkommens:

(1)  bezieht sich der Begriff «Investor» hinsichtlich beider Vertragsparteien auf

(a)
natürliche Personen, die gemäss der Gesetzgebung der betreffenden Ver­trags­­partei als ihre Staatsangehörigen betrachtet werden;
(b)
juristische Gebilde, einschliesslich Gesellschaften, Körperschaften, geschäft­licher Vereinigungen und anderer Organisationen, die nach dem Rechte der betreffenden Vertragspartei konstituiert oder sonstwie rechtmässig organi­siert sind und ihren Sitz im Hoheitsgebiet derselben Vertragspartei haben und dort eine echte Wirtschaftstätigkeit entfalten;
(c)
juristische Gebilde, die nicht nach dem Recht dieser Vertragspartei gegrün­det sind, jedoch von Staatsangehörigen gemäss Buchstabe (a) dieses Ab­sat­zes oder von juristischen Gebilden gemäss Buchstabe (b) dieses Absatzes tatsächlich kontrolliert werden.

(2)  umfasst der Begriff «Investitionen» alle Arten von Vermögenswerten und Gut­haben, insbesondere

(a)
bewegliche und unbewegliche Vermögenswerte sowie sämtliche dinglichen Rechte wie Dienstbarkeiten, Hypotheken, Pfandrechte und Nutzniessungen;
(b)
Aktien, Anteile und andere Formen der Beteiligung an Gesellschaften;
(c)
Forderungen auf Geld oder auf irgendwelche Leistungen, die einen wirt­schaftlichen Wert aufweisen;
(d)
Urheberrechte, gewerbliche Eigentumsrechte (wie Patente, Gebrauchsmu­s­ter, gewerbliche Muster und Modelle, Fabrik-, Handels- und Dienstlei­s­tungs­­marken, Handelsnamen, Ursprungsbezeichnungen), «Know-how» und «Goodwill»;
(e)
Öffentlich-rechtliche Konzessionen, einschliesslich solcher zur Prospektion, Gewinnung und Verwertung von natürlichen Ressourcen, sowie sämtliche anderen Rechte, die durch Gesetz, Vertrag oder Entscheid einer Behörde in Anwendung des Gesetzes verliehen werden.

(3)  umfasst der Begriff «Erträge» diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, insbesondere Gewinne, Zinsen, Kapitalgewinne, Dividenden, Lizenz- und andere Gebühren.

(4)  umfasst der Begriff «Hoheitsgebiet» das Territorium jeder Vertragspartei ein­schliess­lich der an den betreffenden Staat angrenzenden Seezonen, d. h. die aus­schliessliche Wirtschaftszone und den Festlandsockel, soweit der betreffende Staat Souveränitätsrechte oder Gerichtsbarkeit gemäss Völkerrecht ausüben kann.

Art. 2 Anwendungsbereich

Dieses Abkommen ist anwendbar auf Investitionen im Hoheitsgebiet einer Vertrags­partei, die in Übereinstimmung mit deren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften von Investoren der anderen Vertragspartei vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens getätigt wurden. Es gilt jedoch nicht für Streitigkeiten, die vor seinem Inkrafttreten entstanden sind.

Art. 3 Förderung, Zulassung

(1)  Jede Vertragspartei fördert auf ihrem Hoheitsgebiet nach Möglichkeit Investitio­nen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen in Über­einstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften zu.

(2)  Hat eine Vertragspartei auf ihrem Hoheitsgebiet eine Investition zugelassen, so erteilt sie die im Zusammenhang mit der Investition erforderlichen Bewilligungen, einschliesslich solcher für die Durchführung von Lizenzverträgen und Verträgen über technische, kommerzielle oder administrative Unterstützung. Jede Vertragspar­tei ist bestrebt, die Bewilligungen zu erteilen, die gegebenenfalls für die Tätigkeit von Beratern und anderen qualifizierten Personen fremder Staatsangehörigkeit erfor­derlich sind.

Art. 4 Schutz, Behandlung

(1)  Investitionen und Erträge von Investoren jeder Vertragspartei sind jederzeit gerecht und billig zu behandeln und geniessen auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei vollen Schutz und Sicherheit. Keine Vertragspartei behindert auf irgendeine Weise, durch ungerechtfertigte oder diskriminierende Massnahmen, die Verwaltung, den Unterhalt, den Gebrauch, die Nutzung, die Erweiterung und die Ver­­äusserung solcher Investitionen.

(2)  Jede Vertragspartei gewährt auf ihrem Hoheitsgebiet Investitionen und Erträgen von Investoren der anderen Vertragspartei eine nicht weniger günstige Behandlung, als jene, welche sie Investitionen und Erträgen ihrer eigenen Investoren oder Inves­titionen und Erträgen von Investoren irgendeines Drittstaates angedeihen lässt, je nachdem, welche für den betroffenen Investor günstiger ist.

(3)  Jede Vertragspartei gewährt auf ihrem Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertragspartei hinsichtlich Verwaltung, Unterhalt, Gebrauch, Nutzung und Veräus­serung ihrer Investitionen eine nicht weniger günstige Behandlung, als jene, welche sie ihren eigenen Investoren oder Investoren irgendeines Drittstaates angedeihen lässt, je nachdem, welche für den betroffenen Investor günstiger ist.

(4)  Gewährt eine Vertragspartei den Investoren eines Drittstaates besondere Vorteile auf Grund eines Abkommens zur Gründung einer Freihandelszone, einer Zoll­union oder eines gemeinsamen Marktes oder auf Grund eines Doppelbesteuerungsabkom­mens, so ist sie nicht verpflichtet, solche Vorteile den Investoren der anderen Ver­tragspartei einzuräumen.

Art. 5 Freier Transfer

Jede Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertragspartei Investitionen getätigt haben, gewährt diesen Investoren den freien Transfer von Beträgen im Zusammenhang mit diesen Investitionen, insbesondere von:

(a)
Erträgen;
(b)
Rückzahlungen von Darlehen;
(c)
Beträgen, die zur Deckung der Kosten der Investitionsverwaltung bestimmt sind;
(d)
Lizenzgebühren und anderen Zahlungen für Rechte, die in Artikel 1 Absatz (2) Buchstaben (c), (d) und (e) dieses Abkommens aufgezählt sind;
(e)
zusätzlichen Kapitalleistungen, die für den Unterhalt oder die Ausweitung der Investitionen erforderlich sind;
(f)
Erlösen aus der teilweisen oder vollständigen Veräusserung (Verkauf oder Liquidation) einer Investition, einschliesslich allfälliger Wertzunahmen.
Art. 6 Besitzesentziehung, Entschädigung

(1)  Keine Vertragspartei darf direkt oder indirekt Enteignungs- oder Verstaatli­chungs­­massnahmen oder irgendwelche andere Massnahmen von derselben Art oder derselben Wirkung gegenüber Investitionen treffen, die Investoren der anderen Ver­tragspartei gehören, es sei denn, solche Massnahmen erfolgten im öffentlichen Inte­resse, seien nicht diskriminierend und entsprächen den gesetzlichen Vorschriften und vorausgesetzt, dass eine wertentsprechende und tatsächlich verwertbare Ent­schädigung vorgesehen ist. Die Entschädigung hat dem Marktwert der enteigneten Investition unmittelbar vor der Enteignung oder vor dem öffentlichen Bekanntwer­den der Enteignung, je nachdem welcher Fall früher eingetreten ist, zu entsprechen. Der Ent­schädigungsbetrag einschliesslich Zinsen ist in der Währung des Herkunfts­landes der Investition zu zahlen und dem Berechtigten ohne Verzögerung und unab­hängig von seinem Wohn- oder Geschäftssitz zu überweisen.

(2)  Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen als Folge eines Krieges oder eines anderen bewaffneten Konfliktes, einer Revolution, eines Ausnahmezustandes oder einer Rebellion auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei Schaden genommen haben, haben Anspruch darauf, von der letzteren hinsichtlich Rückerstat­tung, Entschädigung, Abfindung oder anderer Entgelte gemäss Artikel 4 dieses Abkommens behandelt zu werden.

Art. 7 Subrogationsprinzip

Hat eine der Vertragsparteien oder eine von ihr bezeichnete Institution für Investi­tionen, die durch einen Investor auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei ge­tätigt wurden, eine finanzielle Garantie gegen nichtkommerzielle Risiken gewährt, und wurde auf Grund dieser Garantie eine Zahlung geleistet, so anerkennt die andere Vertragspartei auf Grund des Subrogationsprinzips den Übergang der Rechte des Investors auf die erste Vertragspartei.

Art. 8 Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei

(1)  Zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten über Investitionen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei finden, unbeschadet von Artikel 9 dieses Abkommens (Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertrags­par­teien), Beratungen zwischen den betroffenen Parteien statt.

(2)  Führen diese Beratungen innerhalb von sechs Monaten seit der Aufforderung, sol­che aufzunehmen, nicht zu einer Lösung, so wird die Meinungsverschiedenheit, falls der betroffene Investor schriftlich die Einwilligung erteilt, dem unter dem Washingtoner Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwi­schen Staa­ten und Angehörigen anderer Staaten vom 18. März 19651 errichteten Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investi­tionsstreitigkeiten unterbreitet.

Jede Partei kann das Verfahren einleiten, indem sie, wie in Artikel 28 und 36 des Übereinkommens vorgesehen, einen entsprechenden Antrag an den Generalsekretär des Zentrums richtet. Sind sich die Parteien nicht einig, ob ein Vergleichsverfahren oder Schiedsverfahren durchzuführen ist, liegt die Wahl beim betroffenen Investor. Die am Streit beteiligte Vertragspartei kann in keiner Phase des Streitbeilegungs- oder Vollstreckungsverfahrens den Einwand erheben, der Investor habe auf Grund eines Versicherungsvertrages eine Entschädigung für einen Teil oder die Gesamtheit des entstandenen Schadens erhalten.

(3)  Eine Gesellschaft, die gemäss den auf dem Hoheitsgebiet einer Vertragspartei gel­­tenden Gesetzen gegründet oder errichtet wurde und die vor dem Entstehen der Streitigkeit von Investoren der anderen Vertragspartei beherrscht wird, gilt im Sinne von Artikel 25 (2) (b) des Washingtoner Übereinkommens als Gesellschaft der ande­ren Vertragspartei.

(4)  Keine Vertragspartei wird einen dem Zentrum unterbreiteten Streitfall auf diplo­matischem Wege weiterverfolgen, es sei denn

(a)
der Generalsekretär des Zentrums oder eine Vergleichskommission oder ein Schiedsgericht entscheide, der Streitfall liege nicht in der Zuständigkeit des Zentrums, oder
(b)
die andere Vertragspartei befolge den Schiedsspruch nicht.
Art. 9 Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertragsparteien

(1)  Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien bezüglich Aus­legung oder Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens sind auf diplomatischem Wege beizulegen.

(2)  Falls sich die beiden Vertragsparteien nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ausbruch der Streitigkeit verständigen können, ist sie auf Ersuchen der einen oder anderen Vertragspartei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht zu unterbreiten. Jede Vertragspartei bezeichnet einen Schiedsrichter; diese beiden Schieds­richter ernennen einen Angehörigen eines Drittstaates zum Vorsitzenden.

(3)  Falls eine Vertragspartei ihren Schiedsrichter nicht bezeichnet und der Aufforde­rung der anderen Vertragspartei, innerhalb von zwei Monaten diese Bezeichnung vorzunehmen, nicht nachkommt, so wird der Schiedsrichter auf Ersuchen der letzte­ren Vertragspartei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

(4)  Können sich die beiden Schiedsrichter nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bezeichnung auf die Wahl des Vorsitzenden einigen, so wird dieser auf Ver­langen einer der beiden Vertragsparteien vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

(5)  Ist der Präsident des Internationalen Gerichtshofes in den in Absatz (3) und Absatz (4) erwähnten Fällen an seiner Mandatsausübung verhindert, oder ist er Staats­angehöriger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen vom Vi­ze­präsidenten vorgenommen. Ist auch dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen durch das amts­älteste Mit­glied des Gerichtshofes vorgenommen, das nicht Staatsangehöriger einer Vertrags­partei ist.

(6)  Sofern die Vertragsparteien nichts anderes bestimmen, regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selber.

(7)  Die Entscheide des Schiedsgerichts sind für die Vertragsparteien endgültig und bin­dend.

Art. 10 Andere Verpflichtungen

(1)  Sofern rechtliche Vorschriften einer Vertragspartei oder Verpflichtungen des inter­nationalen Rechts Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei eine günstigere Behandlung zuerkennen, als jene, die in diesem Abkommen vorgesehen ist, so gehen solche Bestimmungen oder Verpflichtungen, soweit sie günstiger sind, diesem Abkommen vor.

(2)  Jede Vertragspartei erfüllt alle Verpflichtungen, die sie hinsichtlich Investitionen durch Investoren der anderen Vertragspartei eingegangen ist.

Art. 11 Schlussbestimmungen

(1)  Das vorliegende Abkommen tritt am Tage in Kraft, an dem sich die beiden Regierungen mitteilen, dass die rechtlichen Vorschriften für das Inkrafttreten von inter­nationalen Abkommen erfüllt sind, und gilt für die Dauer von zehn Jahren. Wird es nicht durch schriftliche Anzeige sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekün­digt, verlängert sich seine Laufzeit um jeweils weitere zwei Jahre.

(2)  Im Falle der Kündigung dieses Abkommens werden für Investitionen, die vor sei­ner Kündigung getätigt wurden, die in den Artikeln 1–10 enthaltenen Bestim­mun­gen noch während der Dauer von zehn Jahren angewandt.

Geschehen zu Bern, am 30. Oktober 1996, im Doppel je in Deutsch, Kroatisch und Englisch, wobei jeder Text gleichermassen verbindlich ist. Im Falle von Abweichun­gen geht der englische Text vor.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Jean-Pascal Delamuraz

Für die
Regierung der Republik Kroatien:

Zlatko Mateša