0.142.112.913

 AS 2001 1624

Originaltext

Abkommen
zwischen dem Schweizerischen Bundesrat
und der Regierung der Republik Kroatien
über die Durchbeförderung von Drittstaatsangehörigen

(Durchbeförderungsabkommen)

Abgeschlossen am 21. Februar 1997

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 24. Juni 1997

(Stand am 24. Juni 1997)

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung der Republik Kroatien

(nachstehend Vertragsparteien genannt),

in dem Bestreben, die Durchbeförderung von Personen im Geiste der solidarischen Zusammenarbeit zu erleichtern,

haben Folgendes vereinbart:

Art. 1 Grundsätze

(1)  Jede Vertragspartei übernimmt auf Ersuchen der anderen Vertragspartei Angehö­rige von Drittstaaten zur Durchbeförderung unter behördlicher Aufsicht (nachste­hend Durchbeförderung genannt), wenn die Weiterreise durch Durchgangsstaaten und die Übernahme durch den Zielstaat von der ersuchenden Vertragspartei sicher­gestellt worden ist. Ein Transitvisum der ersuchten Vertragspartei ist in diesem Fall nicht erforderlich.

(2)  Die Durchbeförderung der in Absatz 1 genannten Personen wird nicht erbeten oder wird abgelehnt, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Person im Zielstaat oder in einem allfälligen Durchgangsstaat mit unmenschlicher Behandlung oder Todesstrafe bedroht oder ihr Leben, ihre körperliche Integrität oder ihre Freiheit wegen ihrer Nationalität, Religion, Rasse oder politischen Über­zeugung in Gefahr ist.

(3)  Die Durchbeförderung kann ausserdem abgelehnt werden, wenn die Person im Hoheitsgebiet der ersuchten Vertragspartei, in einem Durchgangsstaat oder im Ziel­staat eine Strafverfolgung oder eine Strafvollstreckung, ausgenommen wegen illega­len Grenzübertrittes, zu erwarten hätte.

(4)  Zur Durchbeförderung übernommene Personen können trotz vorgängiger Zusi­che­rung an die ersuchende Vertragspartei wieder zurückgegeben werden, wenn nach­­­träglich bekannt wird, dass Voraussetzungen nach Absatz 1 fehlen oder Hinde­rungsgründe nach den Absätzen 2 oder 3 vorliegen. Bei Vorliegen solcher Umstände ist die ersuchende Vertragspartei zur Rückübernahme verpflichtet.

Art. 2 Zuständigkeit

Für die Stellung, den Empfang und die Erledigung der Durchbeförderungsgesuche sind folgende Behörden zuständig:

a)
in der Republik Kroatien:
Ministarstvo unutarnjih poslova Republike Hrvatske
Odjel migracija
Briefanschrift: Avenija Vukovar 33, 41000 Zagreb
Fax:(+385) 1 612 339
Tel. Nr.:(+385) 1 622 559
b)1
in der Schweizerischen Eidgenossenschaft:
Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement
Bundesamt für Flüchtlinge (BFF)
Briefanschrift: Taubenstrasse 16, CH-3003 Bern
Fax:(0041) 31 325 91 15
Tel. Nr.:(0041) 31 325 92 91

1 Heute: Staatssekretariat für Migration (SEM), Direktionsbereich Internationale Zusammenarbeit, Abteilung Rückkehr, Sektion SwissREPAT, Postadresse: Postfach 341, 8058 Zürich-Flughafen, Fax: ++41 /43 816 74 58, Tel: ++41 /43 816 74 55 (siehe AS 2014 4451).

Art. 3 Verfahren

(1)  Das Gesuch um Durchbeförderung wird schriftlich auf direktem Weg zwischen dem Ministerium für innere Angelegenheiten der Republik Kroatien und dem Justiz- und Polizeidepartement der Schweizerischen Eidgenossenschaft gestellt und beant­wortet.

(2)  Die ersuchte Vertragspartei antwortet innert fünf Arbeitstagen nach Erhalt des Gesuches. Stimmt sie einem Begehren zu, wird die Durchbeförderung innert 30 Ta­gen ab Datum des Antwortschreibens abgewickelt. Die genannten Fristen sind Höchst­fristen.

(3)  Weist die ersuchte Vertragspartei das Gesuch um Durchbeförderung wegen Nichterfüllung der Voraussetzungen gemäss Artikel 1 Absätze 1–3 ab, teilt sie der er­suchenden Vertragspartei schriftlich die hierfür massgeblichen Gründe mit.

(4)  Das Durchbeförderungsgesuch hat folgende Angaben der durchzubefördernden Person zu enthalten:

a)
Vor- und Familienname, inkl. Mädchenname bei Frauen;
b)
Geburtsdatum und -ort;
c)
Name der Mutter;
d)
Staatsangehörigkeit;
e)
letzte bekannte Wohnadresse im Zielstaat;
f)
Art, Seriennummer, Gültigkeitsdauer des Reisepasses oder sonstiger Reise­do­­kumente sowie Bezeichnung der ausstellenden Behörde unter Beilage der Fotokopie des Reisedokumentes.

(5)  Im Durchbeförderungsgesuch ist, falls notwendig, anzuzeigen, ob spezielle Sicherheitsmassnahmen vorzukehren sind oder ob die durchzubefördernde Person ärztlicher oder anderer Betreuung bedarf.

(6)  Der endgültige Zeitpunkt und die Modalitäten der Übergabe und der Durch­beförderung (Flugnummer, Abflugs- und Ankunftszeit, Personalien allfälliger Begleit­personen) werden direkt zwischen den für die praktische Abwicklung der Durchbe­förderung zuständigen Behörden der Vertragsparteien vereinbart.

(7)  Die zuständigen Organe der Vertragsparteien benutzen – vorbehältlich abwei­chender Vereinbarungen – zur Durchführung des Abkommens die deutsche Sprache.

Art. 4 Datenschutz

(1)  Soweit für die Durchführung des Abkommens personenbezogene Daten zu über­mitteln sind, dürfen diese Informationen ausschliesslich betreffen:

a)
die Personalien der zu übergebenden Person und gegebenenfalls der Ange­hö­rigen (Name, Vorname, gegebenenfalls früherer Name, Beinamen oder Pseu­donyme, Geburtsdatum und -ort, Geschlecht, derzeitige und frühere Staatsangehörigkeit);
b)
den Personalausweis oder den Reisepass (Nummer, Gültigkeitsdauer, Aus­stel­lungsdatum, ausstellende Behörde, Ausstellungsort usw.);
c)
sonstige zur Identifizierung der zu übergebenden Personen erforderlichen Angaben.

(2)  Für die Übermittlung personenbezogener Daten sind folgende Grundsätze zu beachten:

a)
die Nutzung der Daten durch den Empfänger ist nur zu dem angegebenen Zweck und zu den durch die übermittelnde Vertragspartei vorgeschriebenen Bedingungen zulässig;
b)
der Empfänger unterrichtet die übermittelnde Vertragspartei auf Ersuchen über die Verwendung der übermittelten Daten und über die dadurch erziel­ten Ergebnisse;
c)
personenbezogene Daten dürfen ausschliesslich an die zuständigen Stellen übermittelt werden. Die weitere Übermittlung an andere Stellen darf nur mit vorheriger Zustimmung der übermittelnden Stelle erfolgen;
d)
die übermittelnde Vertragspartei ist verpflichtet, auf die Richtigkeit der zu übermittelnden Daten sowie auf die Erforderlichkeit und Verhältnismässig­keit in Bezug auf den mit der Übermittlung verfolgten Zweck zu achten. Dabei sind die nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht geltenden Über­mittlungsverbote zu beachten. Erweist sich, dass unrichtige oder Daten, die nicht übermittelt werden durften, übermittelt worden sind, so ist dies dem Empfänger unverzüglich mitzuteilen. Er ist verpflichtet, die Berichtigung oder Vernichtung vorzunehmen;
e)
dem Betroffenen ist auf Antrag über die zu seiner Person vorhandenen Informationen sowie über den vorgesehenen Verwendungszweck Auskunft zu erteilen. Eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung besteht nicht, soweit eine Abwägung ergibt, dass das öffentliche Interesse, die Auskunft nicht zu erteilen, das Interesse des Betroffenen an der Auskunftserteilung überwiegt.
Im Übrigen richtet sich das Recht des Betroffenen, über die zu seiner Person vorhandenen Daten Auskunft zu erhalten, nach dem innerstaatlichen Recht der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Auskunft beantragt wird;
f)
die übermittelten personenbezogenen Daten sind nur so lange aufzubewah­ren, wie es der Zweck, für den sie übermittelt worden sind, erfordert. Jede der Vertragsparteien beauftragt ein geeignetes Gremium mit der unabhängi­gen Kontrolle der Verarbeitung und Verwendung der aufbewahrten Daten;
g)
beide Vertragsparteien sind verpflichtet, die Übermittlung und den Empfang von personenbezogenen Daten aktenkundig zu machen;
h)
beide Vertragsparteien sind verpflichtet, die übermittelten personenbezoge­nen Daten wirksam gegen unbefugten Zugang, unbefugte Veränderung und unbefugte Bekanntgabe zu schützen. Die übermittelten Daten geniessen auf jeden Fall zumindest den Schutz, der auf Grund des Rechts der empfangen­den Vertragspartei für Daten gleicher Art gilt.
Art. 5 Kosten

(1)  Die Kosten der Durchbeförderung bis an die Grenze des Zielstaates und gegebe­nenfalls auch die aus dem Rücktransport erwachsenden Kosten trägt die ersuchende Vertragspartei.

(2)  Die Kosten gemäss Absatz 1 werden durch die ersuchende Vertragspartei innert 30 Tagen nach Erhalt der Rechnung in Schweizerfranken auf das Bankkonto des Ministeriums beziehungsweise des Departementes der anderen Vertragspartei über­wiesen.

(3)  Die Vertragsparteien sind bestrebt, die Durchbeförderung – unter Wahrung des notwendigen und genügenden Sicherheitsmasses – in der rationellsten und kosten­sparendsten Weise durchzuführen.

(4)  Die Vertragsparteien bevollmächtigen die Leiter ihrer zuständigen Finanzorgane, die Spesenarten und ihre Tarifsätze, die verrechnet werden können, jährlich zu ver­einbaren.

Art. 6 Unberührtheitsklausel

(1)  Die Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 19512 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge in der Fassung des Protokolls vom 31. Januar 19673 über die Rechtsstel­lung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(2)  Die Verpflichtungen aus den zwischenstaatlichen Verträgen über die Ausliefe­rung bleiben unberührt.

Art. 7 Grundsatz der guten Zusammenarbeit

Beide Vertragsparteien verpflichten sich, Probleme, die bei der Anwendung dieses Ab­kommens entstehen, einvernehmlich zu lösen. Falls notwendig kann ein Treffen zwischen den designierten Experten der Vertragsparteien vereinbart werden.

Art. 8 Inkrafttreten

(1)  Dieses Abkommen tritt an dem Tag in Kraft, an dem die Vertragsparteien einan­der notifiziert haben, dass die erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen für das Inkrafttreten erfüllt sind. Als Tag des Inkrafttretens wird der Tag des Eingangs der letzten Notifikation angesehen.

(2)  Die Vertragsparteien vereinbaren, dieses Abkommen vom ersten Tag des zweiten Monats nach seiner Unterzeichnung an vorläufig anzuwenden.

Art. 9 Suspendierung

Jede Vertragspartei kann dieses Abkommen vorübergehend aus Gründen der öffent­lichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit ganz oder teilweise suspendieren. Die Einführung und Aufhebung der Suspendierung ist unverzüglich der anderen Ver­tragspartei schriftlich auf diplomatischem Wege mitzuteilen.

Art. 10 Kündigung

(1)  Dieses Abkommen bleibt auf unbestimmte Zeit in Kraft, sofern es nicht von einer Vertragspartei auf diplomatischem Wege schriftlich gekündigt wird. In diesem Fall tritt das Abkommen am dreissigsten Tag nach Empfang der Kündigung ausser Kraft.

(2)  Während dieser 30-tägigen Kündigungsfrist laufende Verfahren werden nach den Bestimmungen des vorliegenden Abkommens vollzogen und abgeschlossen.

Geschehen zu Zagreb, am 21. Februar 1997, in zwei Urschriften, in deutscher und kroatischer Sprache, wobei beide Texte authentisch sind.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
der Republik Kroatien:

Petar Troendle

Ivan Penić