641.81
Bundesgesetz
über eine leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe
(Schwerverkehrsabgabegesetz, SVAG)
vom 19. Dezember 1997 (Stand am 1. Januar 2018)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 24septies, 36quater, 36sexies der Bundesverfassung und
Artikel 23 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung1,2
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 11. September 19963,
beschliesst:
1 Mit der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (Abgabe) soll der Schwerverkehr die ihm zurechenbaren Wegekosten und Kosten zulasten der Allgemeinheit langfristig decken, soweit er für diese nicht bereits durch andere Leistungen oder Abgaben aufkommt.
2 Mit der Abgabe wird ausserdem ein Beitrag dazu geleistet, dass:
- a.
- die Rahmenbedingungen der Schiene im Transportmarkt verbessert werden;
- b.
- die Güter vermehrt mit der Bahn befördert werden.
Die Abgabe wird für die Benützung der öffentlichen Strassen erhoben.
Die Abgabe wird auf den im In- und Ausland immatrikulierten (in- und ausländischen) schweren Motorfahrzeugen und Anhängern für den Güter- oder den Personentransport erhoben.
1 Der Bundesrat kann bestimmte Fahrzeugarten oder Fahrzeuge mit besonderem Verwendungszweck von der Abgabe ganz oder teilweise befreien oder Sonderregelungen treffen. Dabei ist jedoch insbesondere der Grundsatz der verursachergerechten Anlastung der ungedeckten Kosten zu beachten. In- und ausländische Fahrzeuge müssen einander gleichgestellt sein.
2 Für den Personentransport wird die Abgabe pauschal erhoben. Sie beträgt höchstens 5000 Franken pro Jahr. Der Bundesrat kann die Abgabe nach Fahrzeugkategorien abstufen.
3 Für Fahrten im unbegleiteten kombinierten Verkehr besteht Anspruch auf eine pauschale Rückerstattung. Der Bundesrat regelt die Einzelheiten.4
1 Abgabepflichtig ist der Halter oder die Halterin, bei ausländischen Fahrzeugen zusätzlich der Fahrzeugführer oder die Fahrzeugführerin.
2 Der Bundesrat kann weitere Personen als solidarisch haftbar erklären.
1 Die Abgabe bemisst sich nach dem höchstzulässigen Gesamtgewicht des Fahrzeuges und den gefahrenen Kilometern.
2 Bei Fahrzeugkombinationen kann das höchstzulässige Gesamtzugsgewicht des Zugfahrzeuges als Bemessungsgrundlage der Abgabe herangezogen werden.
3 Zusätzlich kann die Abgabe emissions- oder verbrauchsabhängig erhoben werden.
1 Der Ertrag der Abgabe darf die ungedeckten Wegekosten und die Kosten zulasten der Allgemeinheit nicht übersteigen.
2 Die Kosten zulasten der Allgemeinheit umfassen den Saldo der externen Kosten und Nutzen von gemeinwirtschaftlichen Leistungen des Schwerverkehrs.
3 Die Berechnung der externen Kosten und Nutzen des Schwerverkehrs wird periodisch nachgeführt. Sie muss dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen.
1 Der Bundesrat legt den Tarif der Abgabe wie folgt fest:
- a.
- Der Tarif muss mindestens 0,6 Rappen und darf höchstens 2,5 Rappen pro gefahrenen Kilometer und Tonne höchstzulässigem Gesamtgewicht betragen.
- b.
- Bei einer generellen Erhöhung des höchstzulässigen Gesamtgewichtes auf 40 Tonnen beträgt der Tarif höchstens 3 Rappen. Der Bundesrat kann diesen Tarif für Fahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht bis 28 Tonnen um höchstens einen Fünftel reduzieren.
- c.
- Bei emissionsabhängiger Ausgestaltung im Sinne von Artikel 6 Absatz 3 gilt der jeweilige Tarif als Durchschnitt; er wird bei Fahrzeugen mit überdurchschnittlichen Emissionen höher, bei Fahrzeugen mit unterdurchschnittlichen Emissionen tiefer angesetzt.
2 Der Bundesrat kann den Tarif gestaffelt einführen und nach Fahrzeugkategorien differenzieren. Er kann den höchstzulässigen Abgabesatz nach Absatz 1 ab 1. Januar 2005 an die Teuerung anpassen.
3 Bei der Einführung der Abgabe und den Erhöhungen des Tarifs berücksichtigt der Bundesrat:
- a.
- die Berechnungen über die ungedeckten Wegekosten sowie die externen Kosten und Nutzen des Schwerverkehrs;
- b.
- die Belastung der Volkswirtschaft;
- c.
- die raumordnungspolitischen Effekte und die Auswirkungen auf die Güterversorgung in von der Bahn nicht oder nur unzureichend erschlossenen Gegenden;
- d.
- die Zielsetzung, die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn zu fördern;
- e.
- die Auswirkungen der Abgabe auf den allfälligen Umwegverkehr über benachbarte ausländische Strassen.
1 Wenn eine leistungsabhängige Bemessung der Abgabe nicht möglich ist oder einen unverhältnismässigen Aufwand erfordert, kann diese in begründeten Fällen pauschal erhoben werden. Der Ertrag der Abgabe darf dadurch nicht geschmälert werden und es dürfen keine Wettbewerbsverzerrungen entstehen.
2 Der Bundesrat regelt die Einzelheiten über die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Pauschalierung.
1 Der Bundesrat regelt den Vollzug.
2 Er kann die Kantone und private Organisationen beiziehen.
3 Der Bund entrichtet den Kantonen Beiträge an Schwerverkehrskontrollen.5
1 Die abgabepflichtige Person hat bei der Ermittlung der Fahrleistung mitzuwirken.
2 Der Bundesrat kann den Einbau spezieller Geräte oder andere Hilfsmittel zur fälschungssicheren Erfassung der Fahrleistung vorschreiben. Die einzubauenden Geräte sollen nach Möglichkeit mit in der EU vorgeschriebenen Geräten interoperabel sein.
3 Fehlen taugliche Angaben oder Unterlagen, so kann die Abgabe nach Ermessen veranlagt werden.
1 Die Abgabepflicht beginnt für inländische Fahrzeuge am Tag der amtlichen Zulassung des Fahrzeuges. Sie endet mit dem Tag, an dem die Kontrollschilder zurückgegeben werden oder der Fahrzeugausweis annulliert wird.
2 Die Abgabepflicht für ausländische Fahrzeuge beginnt mit der Einfahrt ins schweizerische Staatsgebiet und endet spätestens mit der Ausfahrt. Die Abgabeforderung wird spätestens mit der Ausfahrt aus der Schweiz fällig.
Die Abgabe wird mindestens einmal jährlich erhoben.
1 Der Bundesrat kann Vorauszahlungen, Sicherheitsleistungen, Sicherungsmassnahmen und vereinfachte Verfahren vorsehen.
2 Artikel 76 des Zollgesetzes vom 18. März 20056 betreffend Sicherstellung von Zollforderungen ist sinngemäss anwendbar.7
3 Die rechtskräftigen Verfügungen der Abgabeforderung sind vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen im Sinne der Artikel 80 ff. des Bundesgesetzes vom 11. April 18898 über Schuldbetreibung und Konkurs gleichgestellt.
Der Fahrzeugausweis und die Kontrollschilder werden verweigert oder entzogen, wenn:
- a.
- die Abgabe nicht bezahlt und der Halter erfolglos gemahnt worden ist;
- b.
- Vorauszahlungen, Sicherheitsleistungen und Sicherungsmassnahmen nicht erfolgt sind und der Halter erfolglos gemahnt worden ist;
- c.
- das Fahrzeug nicht mit dem vorgeschriebenen Erfassungsgerät zur Abgabeerhebung ausgerüstet ist.
1 Die Abgabeforderung verjährt innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden ist. Längere strafrechtliche Verjährungsfristen bleiben vorbehalten.
2 Die Rückforderung verjährt innerhalb von fünf Jahren nach der Bezahlung der Nichtschuld.
3 Die Verjährung wird durch jede Einforderungshandlung und jede Berichtigung durch die zuständige Behörde unterbrochen; sie steht still, solange die abgabepflichtige Person in der Schweiz nicht betrieben werden kann.
4 In jedem Fall verjährt die Abgabeforderung nach 15 Jahren.
1 Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden unterstützen sich gegenseitig in der Erfüllung ihrer Aufgabe; sie erteilen sich gegenseitig die benötigten Auskünfte und gewähren einander auf Verlangen Einsicht in amtliche Akten.
2 Die Polizei- und Steuerbehörden von Bund, Kantonen und Gemeinden erteilen den mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Ersuchen alle erforderlichen Auskünfte.
3 Verwaltungsorgane des Bundes und der Kantone, die in ihrer dienstlichen Tätigkeit eine Widerhandlung wahrnehmen oder von einer solchen Kenntnis erhalten, sind verpflichtet, sie der für die Veranlagung zuständigen Behörde anzuzeigen.
4 Die Gewährung der Amtshilfe in Strafsachen zwischen Bundes- und kantonalen Behörden richtet sich nach Artikel 30 des Bundesgesetzes vom 22. März 197410 über das Verwaltungsstrafrecht.
1 Die für die Veranlagung zuständige Behörde kann der abgabepflichtigen Person, für die infolge einer Notlage die Bezahlung der Steuer oder eines Zinses eine grosse Härte bedeuten würde, die geschuldeten Beträge ganz oder teilweise erlassen.
2 Das Erlassgesuch muss innerhalb eines Jahres nach der Abgabenfestsetzung und schriftlich begründet bei der zuständigen Behörde eingereicht werden. Der Entscheid dieser Behörde kann an die Eidgenössische Oberzolldirektion weitergezogen werden.
Die Daten über die ermittelten Fahrleistungen können unter Wahrung des Datenschutzes für statistische Zwecke verwendet werden.
1 Der Reinertrag wird zu einem Drittel als gebundene Ausgabe den Kantonen zugewiesen und verbleibt zu zwei Dritteln beim Bund.
2 Der Bund verwendet seinen Anteil am Reinertrag vorab zur Finanzierung der Eisenbahngrossprojekte nach Artikel 23 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung12 sowie zum Ausgleich der von ihm getragenen ungedeckten Kosten im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr.
3 Die Kantone verwenden ihren Anteil am Reinertrag vorab für den Ausgleich der von ihnen getragenen ungedeckten Kosten im Zusammenhang mit dem Strassenverkehr.
4 Bei der Verteilung des Anteils der Kantone nach Absatz 1 sind die besonderen Auswirkungen der Abgabe in Berg- und Randgebieten zu berücksichtigen. Im übrigen berechnet sich die Verteilung der Beiträge an die Kantone nach:
- a.
- der Länge der dem Motorfahrzeugverkehr geöffneten Strassen;
- b.
- den Strassenlasten der Kantone;
- c.
- der Bevölkerung der Kantone;
- d.
- der steuerlichen Belastung des Motorfahrzeugverkehrs.
Die Mittel, die den Kantonen aus der Erhöhung der Abgabe ab 2008 zusätzlich zustehen, werden für die Ausrichtung von Beiträgen zur Substanzerhaltung der Hauptstrassen in Berggebieten und Randregionen nach Artikel 14 des Bundesgesetzes vom 22. März 198514 über die Verwendung der zweckgebundenen Mineralölsteuer und weiterer für den Strassen- und Luftverkehr zweckgebundener Mittel verwendet.
1 Wer die Abgabe vorsätzlich hinterzieht oder gefährdet, sich oder einer anderen Person sonst wie einen unrechtmässigen Abgabevorteil verschafft oder die gesetzmässige Veranlagung gefährdet, wer ungerechtfertigt eine Vergünstigung oder Rückerstattung erwirkt oder in einem Rückerstattungsgesuch unrichtige Angaben macht, wird mit Busse bis zum Fünffachen der hinterzogenen oder gefährdeten Abgabe oder des unrechtmässigen Vorteils bestraft. Bei fahrlässiger Begehung beträgt die Busse bis zum Dreifachen der hinterzogenen oder gefährdeten Abgabe oder des unrechtmässigen Vorteils. Vorbehalten bleiben die Artikel 14–16 des Bundesgesetzes vom 22. März 197415 über das Verwaltungsstrafrecht. Die Mindestbusse beträgt 100 Franken.
2 Kann der gefährdete oder hinterzogene Abgabebetrag nicht genau ermittelt werden, so wird er geschätzt.
3 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.
4 Erfüllt eine Handlung gleichzeitig den Tatbestand einer Gefährdung oder Hinterziehung der Abgabe und einer durch die Eidgenössische Zollverwaltung zu verfolgenden Widerhandlung gegen andere Abgabenerlasse des Bundes oder einer Zollwiderhandlung, so wird die für die schwerste Widerhandlung verwirkte Strafe verhängt; diese ist angemessen zu erhöhen.
5 Nicht bestraft wird, wer den Anhänger am ordnungsgemäss funktionierenden Erfassungsgerät des Zugfahrzeugs fahrlässig nicht deklariert.16
Widerhandlungen werden nach dem Bundesgesetz vom 22. März 197419 über das Verwaltungsstrafrecht durch die Eidgenössische Zollverwaltung verfolgt und beurteilt.
1 Soweit der Vollzug den Kantonen obliegt, können Verfügungen der ersten kantonalen Instanzen innerhalb von 30 Tagen bei der Eidgenössischen Oberzolldirektion angefochten werden.
2 Soweit der Vollzug den Zollbehörden obliegt, können Verfügungen des Zollamtes innerhalb von 30 Tagen bei der Eidgenössischen Oberzolldirektion angefochten werden.
3 Gegen erstinstanzliche Veranlagungsverfügungen der Eidgenössischen Oberzolldirektion kann innerhalb von 30 Tagen Einsprache erhoben werden.20
4 Im Übrigen richtet sich der Rechtsschutz nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.21
1 Auf die Abgabe nach Artikel 21 der Übergangsbestimmungen der Bundesverfassung22 wird, gestützt auf dessen Absatz 8, verzichtet.
2 Die Schwerverkehrsabgabe-Verordnung vom 26. Oktober 199423 wird mit dem Inkrafttreten des Gesetzes aufgehoben.
Bis zum Inkrafttreten einer Verfassungsgrundlage für die Abgabeverwendung im Sinn von Artikel 19 Absatz 2 wird der Ertrag der Abgabe nach Vorgabe von Artikel 36quater der Bundesverfassung24 verwendet.
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 200125
Artikel 11 Absatz 2: 1. Februar 200026
Artikel 23: 1. April 200027