0.632.401.02 (Stand am 20. Juli 1999)
0.632.401.02
AS 1999 1820; BBl 1998 759
Originaltext
Abkommen
in Form eines Briefwechsels zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über ein die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich betreffendes Zusatzprotokoll zum Abkommen vom 22. Juli 19721 zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
Unterzeichnet in Luxemburg am 9. Juni 1997
Von der Bundesversammlung genehmigt am 10. März 19982
In Kraft getreten durch Notenaustausch am 1. Juli 1998
(Stand am 20. Juli 1999)
Bundesamt für Aussenwirtschaft der Schweizerischen Eidgenossenschaft
| Bern, den 9. Juni 1997 |
| |
| An den Rat der Europäischen Union |
| Brüssel |
Sehr geehrte Herren,
ich beehre mich, den Empfang Ihres heutigen Schreibens zu bestätigen, das wie folgt lautet:
- «Ich beehre mich, Bezug zu nehmen auf die Verhandlungen zwischen Vertretern der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Hinblick auf den Abschluss eines Abkommens über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich durch Hinzufügung eines entsprechenden Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 22. Juli 19723.
- Dieses Zusatzprotokoll, dessen Wortlaut diesem Schreiben beigefügt ist, wird Bestandteil des Abkommens vom 22. Juli 1972 sein und tritt am ersten Tag des zweiten Monats in Kraft, der auf den Monat folgt, in dem die Notifizierung des Abschlusses der dafür erforderlichen Verfahren erfolgt ist. Zur Überbrückung der Zeit bis zum Abschluss dieser Verfahren wird es ab dem 1. Juli 1997 vorläufig angewendet.
- Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie die Zustimmung der Schweizerischen Eidgenossenschaft hierzu bestätigen könnten.»
Ich darf Ihnen die Zustimmung der Schweizerischen Eidgenossenschaft zum Vorstehenden bestätigen.
Genehmigen Sie, sehr geehrte Herren, den Ausdruck meiner ausgezeichnetsten Hochachtung.
| Für die Schweizerische Eidgenossenschaft: |
| Franz Blankart |
Zusatzprotokoll
über die gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich
Im Sinne dieses Protokolls bezeichnet der Ausdruck
- a)
- «Waren» die Waren der Kapitel 1 bis 97 des Harmonisierten Systems, unabhängig vom Anwendungsbereich des Abkommens vom 22. Juli 1972;
- b)
- «Zollrecht» jede von der Europäischen Gemeinschaft oder der Schweizerischen Eidgenossenschaft erlassene Rechts- oder Verwaltungsvorschrift über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Waren und deren Überführung in ein Zollverfahren, einschliesslich der Verbote, Beschränkungen und Kontrollen;
- c)
- «ersuchende Behörde» die von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, die ein Amtshilfeersuchen im Zollbereich stellt;
- d)
- «ersuchte Behörde» die von einer Vertragspartei zu diesem Zweck bezeichnete zuständige Verwaltungsbehörde, an die ein Amtshilfeersuchen im Zollbereich gerichtet wird;
- e)
- «Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht» jede Verletzung des Zollrechts oder jeder Versuch einer solchen Verletzung.
1. Die Vertragsparteien leisten einander in den unter ihre Zuständigkeit fallenden Bereichen in der Form und unter den Voraussetzungen, die in diesem Protokoll vorgesehen sind, Amtshilfe bei der Sicherstellung der ordnungsgemässen Anwendung des Zollrechts, insbesondere bei der Verhütung und der Aufdeckung von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht und bei Ermittlungen im Zollbereich.
2. Die Amtshilfe im Zollbereich im Sinne dieses Protokolls betrifft alle Verwaltungsbehörden der Vertragsparteien, die für die Anwendung dieses Protokolls zuständig sind. Sie berührt nicht die Vorschriften über die gegenseitige Amtshilfe in Strafsachen. Sie betrifft ferner nicht Informationen, die bei der Ausübung von Befugnissen auf Antrag der Justizbehörden erlangt werden, es sei denn, dass letztere der Weitergabe dieser Informationen zustimmen.
1. Auf Antrag erteilt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde alle sachdienlichen Auskünfte, die es dieser ermöglichen, die Einhaltung des Zollrechts sicherzustellen, insbesondere Auskünfte über festgestellte oder beabsichtigte Handlungen, die gegen das Zollrecht verstossen oder verstossen könnten.
2. Auf Antrag teilt die ersuchte Behörde der ersuchenden Behörde mit, ob die aus dem Gebiet einer Vertragspartei ausgeführten Waren ordnungsgemäss in das Gebiet der anderen Vertragspartei eingeführt worden sind, gegebenenfalls unter Angabe des für die Waren geltenden Zollverfahrens.
3. Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde im Rahmen ihrer Rechtsvorschriften die Überwachung von
- a)
- natürlichen oder juristischen Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben;
- b)
- Örtlichkeiten, an denen Warenlager in einer Weise errichtet werden, dass Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begünstigen sollen;
- c)
- Warenbewegungen, die den vorliegenden Angaben zufolge möglicherweise Gegenstand von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht sind;
- d)
- Beförderungsmitteln, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie bei Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt worden sind, benutzt werden oder benutzt werden könnten.
Die Vertragsparteien leisten einander von sich aus im Einklang mit ihren Rechts- und Verwaltungsvorschriften Amtshilfe, sofern dies ihres Erachtens zur ordnungsgemässen Anwendung des Zollrechts notwendig ist, insbesondere wenn sie über Erkenntnisse verfügen über
- –
- Handlungen, die gegen das Zollrecht verstossen oder ihres Erachtens gegen das Zollrecht verstossen und die für die andere Vertragspartei von Interesse sein können;
- –
- neue Mittel oder Methoden zur Begehung solcher Handlungen;
- –
- Waren, die bekanntermassen Gegenstand von Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht sind;
- –
- natürliche oder juristische Personen, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht begehen oder begangen haben;
- –
- Beförderungsmittel, bei denen Grund zu der Annahme besteht, dass sie für Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht benutzt worden sind, benutzt werden oder benutzt werden könnten.
Auf Antrag der ersuchenden Behörde veranlasst die ersuchte Behörde im Einklang mit den für sie geltenden Vorschriften
- –
- die Zustellung aller Schriftstücke,
- –
- die Bekanntgabe aller Entscheidungen, sowie aller anderen für das anhängige Verfahren rechtserheblichen Schriftstücke,
die in den sachlichen Geltungsbereich dieses Protokolls fallen, an einen Adressaten mit Sitz oder Wohnsitz in ihrem Gebiet. Artikel 6 Absatz 3 findet auf den Antrag auf Zustellung oder Bekanntgabe Anwendung.
1. Amtshilfeersuchen nach diesem Protokoll sind schriftlich zu stellen. Dem Ersuchen sind alle Unterlagen beizufügen, die für seine Erledigung erforderlich sind. In dringenden Fällen können mündliche Ersuchen zulässig sein, die jedoch der unverzüglichen schriftlichen Bestätigung bedürfen.
2. Amtshilfeersuchen nach Absatz 1 müssen folgende Angaben enthalten:
- a)
- Bezeichnung der ersuchenden Behörde;
- b)
- Massnahme, um die ersucht wird;
- c)
- Gegenstand und Grund des Ersuchens;
- d)
- betroffene Rechts- und Verwaltungsvorschriften;
- e)
- möglichst genaue und umfassende Angaben über die natürlichen und juristischen Personen, gegen die sich die Ermittlungen richten;
- f)
- Zusammenfassung des Sachverhalts und der bereits durchgeführten Ermittlungen, ausser in den Fällen des Artikels 5.
3. Amtshilfeersuchen werden in einer Amtssprache der ersuchten Behörde oder in einer von dieser zugelassenen Sprache gestellt.
4. Entspricht ein Amtshilfeersuchen nicht den Formvorschriften, so kann seine Berichtigung oder Ergänzung beantragt werden; die Anordnung vorsorglicher Massnahmen wird dadurch nicht berührt.
1. Bei der Erledigung von Amtshilfeersuchen verfährt die ersuchte Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit und Mittel so, als ob sie in Erfüllung eigener Aufgaben oder auf Ersuchen anderer Behörden der eigenen Vertragspartei handelte; zu diesem Zweck hat sie bei ihr bereits verfügbare Angaben zu liefern oder zweckdienliche Ermittlungen anzustellen beziehungsweise zu veranlassen. Gleiches gilt für die Behörde, die von der ersuchten Behörde mit dem Ersuchen befasst wird, wenn diese nicht alleine tätig werden kann.
2. Die Erledigung von Amtshilfeersuchen erfolgt im Einklang mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der ersuchten Vertragspartei.
3. Ordnungsgemäss bevollmächtigte Beamte der einen Vertragspartei können im Einvernehmen mit der anderen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen bei der ersuchten Behörde oder einer dieser nachgeordneten Behörde Auskünfte über Handlungen einholen, die gegen das Zollrecht verstossen oder verstossen könnten, welche die ersuchende Behörde zu den in diesem Protokoll niedergelegten Zwecken benötigt.
4. Beamte der einen Vertragspartei können im Einvernehmen mit der anderen Vertragspartei und unter den von dieser festgelegten Voraussetzungen bei auf deren Gebiet durchgeführten Ermittlungen zugegen sein.
1. Die ersuchte Behörde teilt der ersuchenden Behörde das Ergebnis ihrer Ermittlungen in Form von Schriftstücken, beglaubigten Kopien, Berichten oder dergleichen mit.
2. Die in Absatz 1 genannten Schriftstücke können durch Angaben ersetzt werden, die mittels Datenverarbeitung in beliebiger Form zum gleichen Zweck erstellt werden.
1. Die Vertragsparteien können Amtshilfe nach Massgabe dieses Protokolls ablehnen, sofern diese
- a)
- die Souveränität der Schweizerischen Eidgenossenschaft oder eines Mitgliedstaats der Gemeinschaft, der nach diesem Protokoll um Amtshilfe ersucht wurde, beeinträchtigen könnte oder
- b)
- die öffentliche Ordnung, Sicherheit oder andere wesentliche Interessen beeinträchtigen könnte, insbesondere in den Fällen des Artikels 10 Absatz 2, oder
- c)
- Steuer- oder Währungsvorschriften ausserhalb des Zollrechts betrifft oder
- d)
- ein Betriebs-, Geschäfts- oder Berufsgeheimnis verletzen würde.
2. Ersucht eine Behörde um Amtshilfe, die sie selbst im Fall eines Ersuchens nicht leisten könnte, so weist sie in ihrem Ersuchen auf diesen Umstand hin. Die Erledigung eines derartigen Ersuchens steht im Ermessen der ersuchten Behörde.
3. Wird die Amtshilfe abgelehnt, so ist diese Entscheidung der ersuchenden Behörde unter Angabe der Gründe unverzüglich mitzuteilen.
1. Sämtliche Auskünfte nach Massgabe dieses Protokolls sind nach den in jeder Vertragspartei geltenden Rechtsvorschriften vertraulich oder nur für den Dienstgebrauch bestimmt, gleichgültig, in welcher Form sie erteilt werden. Sie unterliegen dem Dienstgeheimnis und geniessen den Schutz sowohl der für derartige Auskünfte geltenden Rechtsvorschriften der Vertragspartei, die sie erhalten hat, als auch der entsprechenden für die Gemeinschaftsorgane geltenden Rechtsvorschriften.
2. Personenbezogene Daten, d. h. alle Auskünfte, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare Person beziehen, dürfen nur ausgetauscht werden, wenn die empfangende Vertragspartei sich verpflichtet, für einen Schutz dieser Daten zu sorgen, der dem in diesem Fall in der übermittelnden Vertragspartei geltenden Schutz mindestens gleichwertig ist.
1. Die erhaltenen Auskünfte dürfen nur für die Zwecke dieses Protokolls verwendet werden. Ersucht eine Vertragspartei darum, solche Auskünfte zu anderen Zwecken zu verwenden, so holt sie vorher die schriftliche Zustimmung der Behörde ein, die die Auskünfte erteilt hat. Die Verwendung unterliegt dann den von dieser Behörde auferlegten Beschränkungen.
2. Absatz 1 steht der Verwendung von Auskünften bei Gerichts- oder Verwaltungsverfahren wegen Zuwiderhandlungen gegen das Zollrecht nicht entgegen. Die zuständige Behörde, welche diese Auskünfte erteilt hat, wird von einer derartigen Verwendung unverzüglich unterrichtet.
3. Die Vertragsparteien können die nach Massgabe dieses Protokolls erhaltenen Auskünfte und eingesehenen Schriftstücke als Beweismittel in Protokollen, Berichten und für Zeugenvernehmungen sowie in gerichtlichen Verfahren und Ermittlungen verwenden.
Beamten der ersuchten Behörde kann es gestattet werden, nach Massgabe der erteilten Genehmigung in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren, die unter dieses Abkommen fallende Angelegenheiten betreffen, im Gebiet der anderen Vertragspartei als Sachverständige oder Zeugen aufzutreten und Gegenstände und Schriftstücke oder beglaubigte Kopien davon vorzulegen, sofern dies für das Verfahren erforderlich ist. In der Ladung ist genau anzugeben, in welcher Angelegenheit und in welcher Eigenschaft oder mit welcher Berechtigung die Beamten befragt werden sollen.
Die Vertragsparteien verzichten auf alle gegenseitigen Ansprüche auf Erstattung der bei der Durchführung dieses Protokolls angefallenen Kosten, hiervon ausgenommen sind gegebenenfalls Vergütungen für Zeugen und Sachverständige sowie für Dolmetscher und Übersetzer, die nicht dem öffentlichen Dienst angehören.
1. Die Durchführung dieses Protokolls wird den Zolldienststellen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und den zuständigen Dienststellen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und gegebenenfalls den Zollbehörden der Mitgliedstaaten der Gemeinschaft andererseits übertragen. Sie beschliessen alle zu seiner Durchführung notwendigen praktischen Massnahmen und Vereinbarungen und tragen dabei den geltenden Datenschutzbestimmungen Rechnung.
2. Die Vertragsparteien konsultieren und unterrichten einander über die Einzelheiten der Durchführungsbestimmungen, die sie nach diesem Protokoll erlassen. Sie tauschen insbesondere die Liste der zuständigen Behörden aus, die ermächtigt sind, im Sinne dieses Protokolls tätig zu werden.
Die Vertragsparteien stimmen darin überein dass vom Gemischten Ausschuss eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden sollte, um diesen bei der Verwaltung des Protokolls über die gegenseitige Amtshilfe zu unterstützen.