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0.351.933.66

Briefwechsel vom 3. November 1993

zwischen der Schweiz und den Vereinigten Staaten
betreffend Rechtshilfe in ergänzenden Verwaltungsverfahren
bei strafbaren Handlungen im Zusammenhang mit
dem Angebot, dem Kauf und Verkauf von Effekten
und derivativen Finanzprodukten
(«futures» und «options»)

In Kraft getreten am 3. November 1993

Übersetzung2

Der Schweizerische Botschafter

Washington, D.C., den 3. November 1993

Seiner Exzellenz

Herrn Warren Christopher

Staatssekretär

Washington, D.C.

Exzellenz,

Ich beehre mich, den Empfang Ihres Schreibens vom 3. November 1993, das folgenden Wortlaut hat, zu bestätigen:

«Ich habe die Ehre, mich auf den Staatsvertrag (‹Vertrag›) zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über gegenseitige Rechtshilfe in Strafsachen, der am 25. Mai 19733 unterzeichnet wurde und am 23. Januar 1977 in Kraft trat, und zwar besonders auf dessen Artikel 1 Absatz 3, sowie auf den Briefwechsel vom 10. November 19874 zu beziehen.
Ich habe weiter die Ehre, mich auf die kürzlichen Gespräche zwischen den Vertretern unserer beiden Regierungen betreffend die Ausdehnung des Anwendungsbereiches des Vertrages auf die Widerhandlungen gegen Gesetze und Verordnungen betreffend Angebot, Kauf und Verkauf von Effekten und derivativen Finanzprodukten («futures» und «options») gemäss Artikel 1 Absatz 3 des Vertrages zu beziehen. Diese Bestimmung sieht vor, dass ‹die zuständigen Behörden der Vertragsparteien ... vereinbaren (können), dass Rechtshilfe nach diesem Vertrag auch geleistet wird in ergänzenden Verwaltungsverfahren über Massnahmen, die gegen den Täter einer unter diesen Vertrag fallenden strafbaren Handlung getroffen werden können›,
In den Fällen betreffend strafbarer Handlungen im Zusammenhang mit dem Angebot, Kauf und Verkauf von Effekten und derivativen Finanzprodukten («futures» und «options») können die Straftäter nicht nur in einem Strafverfahren für schuldig befunden und bestraft werden, sondern auch anderen Massnahmen unterworfen werden, damit der durch die Straftat angerichtete Schaden wiedergutgemacht wird oder die Täter in Zukunft von ähnlichem Verhalten abgeschreckt werden. Nach Auffassung der amerikanischen Regierung wird, wenn Rechtshilfe nach dem Vertrag geleistet werden könnte im Hinblick auf ein mögliches Strafverfahren, Rechtshilfe deshalb auch gewährt werden im Zusammenhang mit den folgenden Verfahren – unter Einschluss von förmlichen Untersuchungen, die zu solchen Verfahren führen –, die einerseits die ‹Securities and Exchange Commission (SEC)› wegen Straftaten betreffend das Angebot, den Kauf oder Verkauf von Effekten, wie den Effektenhandel durch Personen mit Kenntnis von nicht öffentlichen Tatsachen, führt, oder andererseits die ‹Commodity Futures Trading Com­mis­­­sion (CFTC» wegen Straftaten betreffend das Angebot, den Kauf oder Verkauf von derivativen Finanzprodukten («futures» und «options») führt und vom Rechtshilfevertrag erfasst werden (‹gesetzwidriges Verhalten›):
(1)
Verfahren vor einem Gericht der Vereinigten Staaten, in denen zeitlich beschränkte oder unbeschränkte gerichtliche Verbote oder auf Unterlassung gerichtete einstweilige Vefügungen beantragt werden oder Verfahren vor der SEC, der CFTC oder einem Verwaltungsrichter betreffend die Anordnung von vorsorglichen Massnahmen zur Störungsbeseitigung;
(2)
Verfahren vor einem Gericht der Vereinigten Staaten oder Verfahren vor der SEC, der CFTC oder vor einem Verwaltungsrichter, in denen zu den unter (1) genannten Massnahmen ergänzende, auf das Billigkeitsrecht gegründete Begehren gestellt werden, wie die Sperre von Vermögenswerten oder die Einziehung des Gewinnes (oder eines dem vermiedenen Verlust entsprechenden Betrages) als Folge von gesetzwidrigem Verhalten;
(3)
Verfahren vor einem Gericht in den Vereinigten Staaten oder Verfahren vor der SEC, der CFTC oder vor einem Verwaltungsrichter, in denen die Ausfällung einer Zivilstrafe oder ‑busse beantragt wird; wenn Beweise oder Auskünfte als Folge der Rechtshilfeleistung unter dem Vertrag erlangt werden, dürfen sie hingegen nicht dazu verwendet werden, die Ausfällung einer Zivilstrafe oder ‑busse zu begründen, um eine Person zu einem Verhalten zu zwingen, das gegen schweizerisches Recht verstösst:
(4)
Verfahren vor einem Gericht der Vereinigten Staaten oder Verfahren vor der SEC, der CFTC oder vor einem Verwaltungsrichter, in denen Verfügungen beantragt werden, womit einer Person befohlen wird, Vorschriften der amerikanischen Wertpapiergesetze oder der unter diesen Gesetzen erlassenen Regeln und Verordnungen in Zukunft einzuhalten; und
(5)
Verfahren vor der SEC, der CFTC oder einem Verwaltungsrichter, in denen als Folge von gesetzwidrigem Verhalten beantragt wird, die Registrierung einer gesetzlich geregelten Gesellschaft sei zu widerrufen oder zu suspendieren oder eine natürliche Person innerhalb einer solchen Gesellschaft sei zu suspendieren oder von ihr auszuschliessen.
Übereinstimmend wird festgestellt, dass der Vertrag ein wichtiges Mittel ist zur Beschaffung von Auskünften, die zur Strafverfolgung in den Vereinigten Staaten benötigt werden, und dass der Vertrag angewendet werden sollte, soweit dies irgend möglich ist. Es versteht sich des weitern, dass eine Untersuchung, die von der SEC oder der CFTC geführt wird, als Ermittlungsverfahren gilt, wofür Rechtshilfe geleistet werden kann (wenn die anderen Voraussetzungen des Vertrages erfüllt sind), solange als die Untersuchung ein Verhalten betrifft, worüber die Strafgerichte der Vereinigten Staaten zu befinden haben dürften.
Ich habe des weiteren die Ehre, im Namen der amerikanischen Regierung zu verkünden, dass, wenn Rechtshilfe unter dem Vertrag geleistet werden kann im Hinblick auf ein Strafverfahren in der Schweiz, Rechtshilfe auch gewährt werden wird im Zusammenhang mit den folgenden Ermittlungen und Verfahren – unter Einschluss der Ermittlungen, die zu solchen Verfahren führen können –, welche von den zuständigen schweizerischen Behörden geführt werden wegen Straftaten, die das Angebot, den Kauf oder Verkauf von Effekten und derivativen Finanzprodukten («futures» und «options») betreffen und unter den Rechtshilfevertrag fallen:
(1)
Erlass von Anordnungen durch ein Gericht oder eine Verwaltungs­behörde, mit denen eine Verletzung der anwendbaren Gesetze, der darunter erlassenen Verordnungen oder Verfügungen festgestellt oder mit denen eine Person angehalten wird, sich in Zukunft an diese Vorschriften zu halten;
(2)
Erlass eines förmlichen Verbotes, einen Beruf, ein Gewerbe oder ein Handelsgeschäft zu betreiben, das eine behördliche Bewilligung voraussetzt;
(3)
Widerruf einer Bewilligung, einen Beruf, ein Gewerbe oder ein Handelsgeschäft zu betreiben oder Entfernung einer Person aus einer bestimmten Stellung in einer Gesellschaft, die gesetzlicher Aufsicht untersteht;
(4)
Auferlegung einer verwaltungsrechtlichen Strafe oder Massnahme; wenn Beweise oder Auskünfte als Folge der Rechtshilfeleistung unter dem Vertrag erlangt werden, dürfen sie hingegen nicht dazu verwendet werden, die Ausfällung einer verwaltungsrechtlichen Strafe oder Massnahme zu begründen, um eine Person zu einem Verhalten zu zwingen, das gegen amerikanisches Recht verstösst; und
(5)
richterliche Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten unter Einschluss der Sperre von Vermögenswerten.
Wenn die vorstehenden Ausführungen für den Schweizerischen Bundesrat annehmbar sind, habe ich die Ehre, vorzuschlagen, dass diese Note und die Antwort Ihrer Exzellenz unter Ersatz des Briefwechsels vom 10. November 19875 eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden nach Artikel 1 Absatz 3 des Vertrags ist, welche mit Datum der Antwortnote Ihrer Exzellenz in Kraft tritt.
Ich bin mir der zur Zeit laufenden Ausarbeitung des möglicherweise eine Börsenaufsichtsbehörde des Bundes beinhaltenden Entwurfes des Gesetzes über die Börsen und den Effektenhandel bewusst. In der Annahme, dass in diesem Gesetz Funktionen, die dem Bundesamt für Polizeiwesen zugewiesen sind, der Börsenaufsichtsbehörde des Bundes übertragen werden könnten, würde sich eine Anpassung dieses Abkommens als notwendig erweisen.»

Ich beehre mich, zu bestätigen, dass Vorstehendes für den Schweizerischen Bundesrat annehmbar ist und dieser Notenaustausch gemäss Artikel 1 Absatz 3 des Vertrags eine Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden bildet.

Ich versichere Sie, Exzellenz, meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Carlo Jagmetti

2 Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.

3 SR 0.351.933.6

4 [AS 1988 416]

5 [AS 1988 416]