721.100
Bundesgesetz
über den Wasserbau
vom 21. Juni 1991 (Stand am 1. Januar 2022)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 24 und 24bis der Bundesverfassung1,
nach Einsicht in die Botschaft des Bundesrates vom 25. Mai 19882,
beschliesst:
1 Dieses Gesetz bezweckt den Schutz von Menschen und erheblichen Sachwerten vor schädlichen Auswirkungen des Wassers, insbesondere vor Überschwemmungen, Erosionen und Feststoffablagerungen (Hochwasserschutz).
2 Es gilt für alle oberirdischen Gewässer.
Der Hochwasserschutz ist Aufgabe der Kantone.
1 Die Kantone gewährleisten den Hochwasserschutz in erster Linie durch den Unterhalt der Gewässer und durch raumplanerische Massnahmen.
2 Reicht dies nicht aus, so müssen Massnahmen wie Verbauungen, Eindämmungen, Korrektionen, Geschiebe- und Hochwasserrückhalteanlagen sowie alle weiteren Vorkehrungen, die Bodenbewegungen verhindern, getroffen werden.
3 Diese Massnahmen sind mit jenen aus anderen Bereichen gesamthaft und in ihrem Zusammenwirken zu beurteilen.
1 Gewässer, Ufer und Werke des Hochwasserschutzes müssen so unterhalten werden, dass der vorhandene Hochwasserschutz, insbesondere die Abflusskapazität, erhalten bleibt.
2 Bei Eingriffen in das Gewässer muss dessen natürlicher Verlauf möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:3
- a.
- sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
- b.
- die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischen Gewässern weitgehend erhalten bleiben;
- c.
- eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.
3 In überbauten Gebieten kann die Behörde Ausnahmen von Absatz 2 bewilligen.
4 Für die Schaffung künstlicher Fliessgewässer und die Wiederinstandstellung bestehender Verbauungen nach Schadenereignissen gilt Absatz 2 sinngemäss.
1 Bei interkantonalen Gewässern koordinieren die Kantone ihre Massnahmen und verständigen sich über die Aufteilung der Kosten.
2 Können sich die Kantone über die erforderlichen Massnahmen oder über die Aufteilung der Kosten nicht einigen, so entscheidet der Bundesrat.
1 Der Bund fördert im Rahmen der bewilligten Kredite Massnahmen, die dazu dienen, Menschen und erhebliche Sachwerte vor den Gefahren des Wassers zu schützen.
2 Er leistet Abgeltungen namentlich für:
- a.
- die Erstellung, die Instandstellung und den Ersatz von Schutzbauten und ‑anlagen;
- b.
- die Erstellung von Gefahrenkatastern und Gefahrenkarten, die Einrichtung und den Betrieb von Messstellen sowie den Aufbau von Frühwarndiensten zur Sicherung von Siedlungen und Verkehrswegen.
1 Der Bund gewährt den Kantonen die Abgeltungen als globale Beiträge auf der Grundlage von Programmvereinbarungen.
2 Für besonders aufwendige Projekte können den Kantonen die Abgeltungen einzeln gewährt werden.
1 Beiträge werden nur gewährt für Massnahmen, die auf einer zweckmässigen Planung beruhen, die gesetzlichen Anforderungen erfüllen und ein gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis aufweisen.
2 Der Bundesrat regelt die Voraussetzungen im Einzelnen und erlässt Vorschriften namentlich über die Höhe der Beiträge und die anrechenbaren Kosten.
1 Die Bundesversammlung bewilligt mit einem einfachen Bundesbeschluss einen Verpflichtungskredit9 für jeweils vier Jahre für die ordentlichen Fördermassnahmen.
2 Die Mittel für Beiträge an ausserordentliche Hochwasserschutzmassnahmen, die nach Naturereignissen nötig werden, werden durch besondere Kreditbeschlüsse bereitgestellt.
3 Verpflichtungskredite für Grossprojekte, die über einen längeren Zeitraum erhebliche Mittel beanspruchen, sind der Bundesversammlung mit separater Botschaft vorzulegen.
1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
2 Er beaufsichtigt den kantonalen Vollzug dieses Gesetzes.
3 Er kann Massnahmen, die den Hochwasserschutz gefährden, verbieten oder verlangen, dass sie rückgängig gemacht werden.
1 Die Kantone vollziehen dieses Gesetz, soweit nicht der Bund dafür zuständig ist.
2 Sie erlassen die erforderlichen Vorschriften.
3 Sie unterbreiten Projekte im Sinne von Artikel 3 Absatz 2 den Fachstellen des Bundes zur Stellungnahme; davon ausgenommen sind unbedeutende Vorhaben.
1 Der Bund führt Erhebungen von gesamtschweizerischem Interesse durch über:
- a.
- die Belange des Hochwasserschutzes;
- b.
- die hydrologischen Verhältnisse.
2 Er stellt die Ergebnisse und die Auswertung der Erhebungen Interessierten zur Verfügung.
3 Der Bundesrat regelt die Durchführung der Erhebungen und ihre Auswertung.
4 Die Bundesstellen erlassen fachtechnische Weisungen und beraten die Erhebungsstellen.
Die Kantone führen weitere Erhebungen durch, die für den Vollzug dieses Gesetzes erforderlich sind. Sie teilen die Ergebnisse den Bundesstellen mit.
Die Kosten für Erhebungen und Forschungsarbeiten, die sowohl im gesamtschweizerischen Interesse als auch im Interesse von Kantonen oder Dritten liegen, werden nach der Interessenlage aufgeteilt. Können sich die Beteiligten nicht einigen, so entscheidet das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation10 (Departement).
Der Rechtsschutz richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Bundesrechtspflege.11
1 Soweit der Vollzug dieses Gesetzes es erfordert, können die Kantone die notwendigen Rechte enteignen oder diese Befugnis Dritten übertragen.
2 Die Kantone können in ihren Ausführungsvorschriften das Bundesgesetz vom 20. Juni 193012 über die Enteignung als anwendbar erklären. Sie sehen vor, dass die Kantonsregierung über streitig gebliebene Einsprachen entscheidet.13
3 Für Gemeinschaftswerke verschiedener Kantone und Werke, die das Gebiet mehrerer Kantone beanspruchen, ist das eidgenössische Enteignungsrecht anwendbar. Das Departement entscheidet über die Enteignung.
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 199316