0.975.263.2

 AS 1992 2384

Übersetzung1

Abkommen
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Paraguay über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Investitionen

Abgeschlossen am 31. Januar 1992

In Kraft getreten durch Notenaustausch am 28. September 1992

(Stand am 28. September 1992)

1 Übersetzung des französischen Originaltextes.

Präambel

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung der Republik Paraguay,

vom Wunsche geleitet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den beiden Staaten zum beiderseitigen Nutzen zu verstärken,

im Bestreben, günstige Bedingungen für Investitionen von Investoren der einen Vertragspartei auf dem Gebiete der anderen Vertragspartei zu schaffen und zu erhalten,

in der Erkenntnis, dass Förderung und Schutz von Investitionen zur Mehrung des wirtschaftlichen Wohlstandes in beiden Staaten beitragen,

haben folgendes vereinbart:

Art. 1 Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieses Abkommens:

(1)  bezieht sich der Begriff «lnvestor»

i)
hinsichtlich der Republik Paraguay auf
a)
natürliche Personen, die gemäss der paraguayischen Gesetzgebung als ihre Staatsangehörigen betrachtet werden,
b)
juristische Gebilde, die nach paraguayischem Recht konstituiert sind und ihren Sitz im Hoheitsgebiet der Republik Paraguay haben;
ii)
hinsichtlich der Schweizerischen Eidgenossenschaft auf
a)
natürliche Personen, die gemäss der schweizerischen Gesetzgebung als ihre Staatsangehörigen betrachtet werden;
b)
juristische Gebilde, einschliesslich Gesellschaften, Körperschaften, geschäftliche Vereinigungen und andere Organisationen, die nach schweizerischem Recht konstituiert oder sonstwie rechtmässig organisiert sind und ihren Sitz im Hoheitsgebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben und dort eine echte Wirtschaftstätigkeit entfalten;
c)
juristische Gebilde, die nach dem Recht eines beliebigen Staates gegründet sind und direkt oder indirekt von schweizerischen Staatsan­gehörigen oder von juristischen Gebilden kontrolliert werden, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet der Schweizerischen Eidgenossenschaft haben und dort eine echte Wirtschaftstätigkeit entfalten.

(2)  umfasst der Begriff «Investitionen» alle Arten von Vermögenswerten und Guthaben, insbesondere

a)
bewegliche und unbewegliche Vermögenswerte sowie sämtliche dinglichen Rechte wie Dienstbarkeiten, Hypotheken, Pfandrechte und Nutzniessungen,
b)
Aktien, Anteile und andere Formen der Beteiligung an Gesellschaften,
c)
Forderungen auf Geld auf irgendwelche Leistungen, die einen wirtschaft­lichen Wert aufweisen;
d)
Urheberrechte, gewerbliche Eigentumsrechte (wie Patente, Gebrauchs­muster, gewerbliche Muster und Modelle, Fabrik‑, Handels‑ und Dienst­leistungsmarken, Handelsnamen, Ursprungsbezeichnungen), Know‑how und Goodwill;
e)
öffentlich‑rechtliche Konzessionen, einschliesslich solcher zur Prospektion, Gewinnung und Verwertung von natürlichen Ressourcen, sowie sämtliche anderen Rechte, die durch Gesetz, Vertrag oder Entscheid einer Behörde in Anwendung des Gesetzes verliehen werden.

(3)  bezeichnet der Begriff «Erträge» diejenigen Beträge, die eine Investition erbringt, und umfasst insbesondere, wenn auch nicht ausschliesslich, Gewinne, Zinsen, Kapitalgewinne, Dividenden, Lizenz‑ und andere Gebühren;

(4)  bezieht sich der Begriff «Hoheitsgebiet» auf das Gebiet des betreffenden Staates, über welches er gemäss Völkerrecht seine Souveränität oder Gerichtsbarkeit ausüben kann.

Art. 2 Anwendungsbereich

(1)  Das vorliegende Abkommen ist anwendbar auf Investitionen im Hoheitsgebiet einer Vertragspartei, die in Übereinstimmung mit deren Gesetzen, einschliesslich allfälliger Zulassungsvorschriften, von Investoren der anderen Vertragspartei vor oder nach dem Inkrafttreten dieses Abkommens getätigt wurden. Es ist hingegen nicht anwendbar auf Meinungsverschiedenheiten und Streitigkeiten, die vor seinem Inkrafttreten entstanden sind.

(2)  Dieses Abkommen ist nicht anwendbar auf Investitionen von natürlichen Personen, die Staatsangehörige beider Vertragsparteien sind, es sei denn, solche Personen wären im Zeitpunkt der Vornahme der Investition und immerzu danach ausserhalb der Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet die Investition getätigt worden ist, wohnhaft gewesen.

Art. 3 Förderung, Zulassung

(1)  Jede Vertragspartei fördert auf ihrem Hoheitsgebiet nach Möglichkeit Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei und lässt diese Investitionen in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften zu.

(2)  Hat eine Vertragspartei auf ihrem Hoheitsgebiet eine Investition zugelassen, so erteilt sie die im Zusammenhang mit der Investition erforderlichen Bewilligungen, einschliesslich solcher für die Durchführung von Lizenzverträgen über technische, kommerzielle oder administrative Unterstützung. Jede Vertragspartei ist bestrebt, die Bewilligungen zu erteilen, die gegebenenfalls für die Tätigkeit von Beratern und anderen qualifizierten Personen fremder Staatsangehörigkeit erforderlich sind.

Art. 4 Schutz, Behandlung

(1)  Jede Vertragspartei schützt auf ihrem Hoheitsgebiet die in Übereinstimmung mit ihren Gesetzen und übrigen Rechtsvorschriften von Investoren der anderen Vertragspartei getätigten Investitionen und unterlässt es, die Verwaltung, den Unterhalt, den Gebrauch, die Nutzniessung, die Erweiterung, den Verkauf und allenfalls die Liquidation solcher Investitionen durch ungerechtfertigte oder diskriminierende Massnahmen zu behindern. Insbesondere erteilt jede Vertragspartei die Bewilligungen, die in Artikel 3, Absatz (2) dieses Abkommens erwähnt sind.

(2)  Jede Vertragspartei stellt auf ihrem Hoheitsgebiet eine gerechte und billige Behandlung der Investitionen von Investoren der anderen Vertragspartei sicher. Diese Behandlung darf nicht weniger günstig sein als jene, welche die Vertragspartei Investitionen angedeihen lässt, die auf ihrem Hoheitsgebiet von eigenen Investoren getätigt wurden, oder als die Behandlung, die Investitionen von Investoren der am meisten begünstigten Nation geniessen, sofern diese Behandlung günstiger ist.

(3)  Die Meistbegünstigung bezieht sich nicht auf Vorteile, welche eine Vertragspartei den Investoren eines Drittstaates aufgrund dessen Mitgliedschaft bei oder As­sozia­tion mit einer Freihandelszone, einer Zollunion oder einem gemeinsamen Markt zukommen lässt.

Art. 5 Freier Transfer

Jeder Vertragspartei, auf deren Hoheitsgebiet Investoren der anderen Vertragspartei Investitionen getätigt haben, gewährt diesen Investoren den freien Transfer von Zahlungen im Zusammenhang mit diesen Investitionen, namentlich von:

a)
Erträgen;
b)
Rückzahlungen von Darlehen;
c)
Beträgen, die zur Deckung der Kosten der Investitionsverwaltung bestimmt sind;
d)
Lizenzgebühren und anderen Zahlungen für Rechte, die in Artikel 1, Absatz (2), Buchstaben c), d) und e) dieses Abkommens aufgezählt sind;
e)
zusätzlichen Kapitalleistungen, die für den Unterhalt oder die Ausweitung der Investitionen erforderlich sind;
f)
Erlösen aus dem Verkauf oder der teilweisen oder vollständigen Liquidation einer Investition, einschliesslich allfälliger Wertzunahmen.
Art. 6 Besitzesentziehung, Entschädigung

(1)  Keine Vertragspartei darf direkt oder indirekt Enteignungs‑ oder Verstaatlichungsmassnahmen oder irgendwelche andere Massnahmen von derselben Art oder derselben Wirkung gegenüber Investitionen treffen, die Investoren der anderen Vertragspartei gehören, es sei denn, solche Massnahmen erfolgten im gesetzlich umschriebenen öffentlichen Interesse, seien nicht diskriminierend und entsprächen den gesetzlichen Vorschriften und vorausgesetzt, dass eine wertentsprechende und tatsächlich verwertbare Entschädigung vorgesehen ist. Der Entschädigungsbetrag, einschliesslich Zinsen, ist in der Währung des Herkunftslandes der Investition zu zahlen und dem Berechtigten ohne ungebührliche Verzögerung und unabhängig von seinem Wohn‑ oder Geschäftssitz zu überweisen.

(2)  Investoren einer Vertragspartei, deren Investitionen als Folge eines Krieges oder eines anderen bewaffneten Konfliktes, einer Revolution, eines Ausnahmezustandes oder einer Rebellion auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei Schaden genommen haben, haben Anspruch darauf, von der letzteren hinsichtlich Rückerstattung, Entschädigung, Abfindung oder anderer Gegenleistungen gemäss Artikel 4, Absatz (2) dieses Abkommens behandelt zu werden.

Art. 7 Günstigere Bedingungen

Ungeachtet der Vorschriften des vorliegenden Abkommens finden günstigere Bedingungen, die zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei vereinbart worden sind oder werden, Anwendung.

Art. 8 Subrogationsprinzip

Hat eine der Vertragsparteien für Investitionen, die durch einen Investor auf dem Hoheitsgebiet der anderen Vertragspartei getätigt wurden, eine finanzielle Garantie gegen nichtkommerzielle Risiken gewährt und wurde aufgrund dieser Garantie eine Zahlung geleistet, so anerkennt die andere Vertragspartei aufgrund des Subrogationsprinzips den Übergang der Rechte des Investors auf die erste Vertragspartei.

Art. 9 Meinungsverschiedenheiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei

(1)  Zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten über Investitionen zwischen einer Vertragspartei und einem Investor der anderen Vertragspartei finden, unbeschadet von Artikel 10 dieses Abkommens (Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertragsparteien), Beratungen zwischen den betroffenen Parteien statt mit dem Ziel, den Fall gütlich beizulegen.

(2)  Führen diese Beratungen innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt der Unterbreitung eines Gesuches, Beratungen aufzunehmen, nicht zu einer Lösung, kann der Investor die Meinungsverschiedenheit der nationalen Rechtsprechung der Vertragspartei, in deren Hoheitsgebiet die Investition getätigt wurde, oder einem internationalen Schiedsgericht unterbreiten. Im letzteren Fall hat der Investor die Wahl zwischen:

a)
dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (C.I.R.D.I.), begründet durch das in Washington am 18. März 19652 zur Unterzeichnung aufgelegte Übereinkommen zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und Angehörigen anderer Staaten;
b)
einem Ad‑hoc‑Schiedsgericht, welches, soweit durch die Streitparteien nichts anderes vereinbart wurde, gemäss den Schiedsgerichtsregeln der UNO‑Kommission für internationales Handelsrecht (C.N.U.D.C.I.) einberufen wird.

(3)  Hat der Investor die Meinungsverschiedenheit der nationalen Rechtsprechung unterbreitet, kann er eines der in Absatz (2) dieses Artikels genannten Schieds­gerichte nicht anrufen, es sei denn, es liege nach Ablauf von 18 Monaten keine endgültige Entscheidung des zuständigen nationalen Gerichtes vor.

(4)  Die Vertragsparteien geben hiermit ihr Einverständnis, dass Investitionsstreitigkeiten der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen werden können.

(5)  Die am Streit beteiligte Vertragspartei kann in keiner Phase des Streitbei­legungsverfahrens den Einwand ihrer Immunität geltend machen oder vorbringen, der Investor habe aufgrund eines Versicherungsvertrages eine Entschädigung für die Gesamtheit oder einen Teil des entstandenen Schadens erhalten.

(6)  Das Schiedsgericht fällt seinen Schiedsspruch auf der Grundlage dieses Abkommens sowie weiterer in der Sache anwendbarer Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien, der Bestimmungen von allfälligen besonderen Investitionsverträgen, des Rechts der am Streit beteiligten Vertragspartei, einschliesslich ihrer Regeln des internationalen Privatrechts, sowie der einschlägigen Grundsätze und Bestimmungen des Völkerrechts.

(7)  Die Entscheide des Schiedsgerichts sind für die am Streit beteiligten Parteien endgültig und bindend.

Art. 10 Meinungsverschiedenheiten zwischen Vertragsparteien

(1)  Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vertragsparteien bezüglich Aus­legung oder Anwendung der Bestimmungen dieses Abkommens sind auf diplomatischem Wege beizulegen.

(2)  Falls die beiden Vertragsparteien sich nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Ausbruch der Streitigkeit verständigen können, ist sie auf Ersuchen der einen oder anderen Vertragspartei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Schiedsgericht zu unterbreiten. Jede Vertragspartei bezeichnet einen Schiedsrichter; diese beiden Schiedsrichter ernennen einen Angehörigen eines Drittstaates zum Obmann.

(3)  Falls eine Vertragspartei ihren Schiedsrichter nicht bezeichnet und der Aufforderung der anderen Vertragspartei, innerhalb von zwei Monaten diese Bezeichnung vorzunehmen, nicht nachkommt, so wird der Schiedsrichter auf Ersuchen der letzteren Vertragspartei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

(4)  Können sich die beiden Schiedsrichter nicht innerhalb von zwei Monaten nach ihrer Bezeichnung auf die Wahl des Obmanns einigen, so wird dieser auf Ersuchen einer der beiden Vertragsparteien vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes ernannt.

(5)  Ist der Präsident des Internationalen Gerichtshofes in den in Absatz (3) und Absatz (4) erwähnten Fällen an seiner Mandatsausübung verhindert, oder ist er Staatsangehöriger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen vom Vizepräsidenten vorgenommen. Ist auch dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer der beiden Vertragsparteien, so werden die Ernennungen durch das amts­älteste Mitglied des Gerichtshofes vorgenommen, das nicht Staatsangehöriger einer Vertragspartei ist.

(6)  Sofern die Vertragsparteien nichts anderes bestimmen, regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selber.

(7)  Die Entscheide des Schiedsgerichts sind für die Vertragsparteien endgültig und bindend.

Art. 11 Einhaltung von Verpflichtungen

Jede Vertragspartei gewährleistet zu jedem Zeitpunkt die Einhaltung der durch sie eingegangenen Verpflichtungen bezüglich der Investitionen der Investoren der anderen Vertragspartei.

Art. 12 Schlussbestimmungen

(1)  Das vorliegende Abkommen tritt am Tage in Kraft, an dem sich die beiden Regierungen mitteilen, dass die verfassungsmässigen Vorschriften für den Abschluss und das Inkrafttreten von internationalen Abkommen erfüllt sind, und gilt für die Dauer von zehn Jahren. Wird es nicht durch schriftliche Anzeige sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraumes gekündigt, verlängert sich seine Laufzeit um jeweils wie­tere fünf Jahre.

(2)  Im Falle der Kündigung dieses Abkommens werden für Investitionen, die vor seiner Kündigung getätigt wurden, die in den Artikeln 1–11 enthaltenen Bestimmungen noch während der Dauer von zehn Jahren angewandt.

Geschehen zu Bern, am 31. Januar 1992, in sechs Originalen, zwei in spanischer, zwei in französischer und zwei in englischer Sprache, wobei jeder Text gleichermas­sen verbindlich ist. Im Falle von Abweichungen geht der englische Text vor.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Nicolas Imboden

Für die Regierung
der Republik Paraguay:

Alexis Frutos Vaesken