923.0
Bundesgesetz
über die Fischerei
(BGF)1
vom 21. Juni 1991 (Stand am 1. Juli 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf die Artikel 78 Absatz 4 und 79 der Bundesverfassung2,3
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 25. Mai 19884,
beschliesst:
1 Dieses Gesetz bezweckt:
- a.
- die natürliche Artenvielfalt und den Bestand einheimischer Fische, Krebse und Fischnährtiere sowie deren Lebensräume zu erhalten, zu verbessern oder nach Möglichkeit wiederherzustellen;
- b.
- bedrohte Arten und Rassen von Fischen und Krebsen zu schützen;
- c.
- eine nachhaltige Nutzung der Fisch- und der Krebsbestände zu gewährleisten;
- d.
- die Fischereiforschung zu fördern.
2 Es stellt Grundsätze auf, nach denen die Kantone den Fisch- und den Krebsfang zu regeln haben.
1 Dieses Gesetz gilt für öffentliche und private Gewässer.
2 Für Fischzuchtanlagen und für diejenigen künstlich angelegten privaten Gewässer, in die Fische und Krebse aus offenen Gewässern auf natürliche Weise nicht gelangen können, gelten nur die Bestimmungen über die fremden Arten, Rassen und Varietäten (Art. 6 und 16 Bst. c und d). Für Fischzuchtanlagen gelten zusätzlich die Bestimmungen über technische Eingriffe (Art. 8–10).
1 Die Kantone regeln die nachhaltige Nutzung der Bestände und sorgen dafür, dass
- a.
- die natürliche Artenvielfalt der Fische und Krebse erhalten bleibt;
- b.
- die Tiere beim Fang nicht unnötig verletzt oder geschädigt werden.
2 Sie erlassen insbesondere Bestimmungen über:
- a.
- die erlaubten Fanggeräte und ihre Verwendung;
- b.
- die erlaubten Hilfsgeräte;
- c.
- den Fang von Köderfischen;
- d.
- den Fang von Fischnährtieren;
- e.
- den Besatz von befischten Gewässern;
- f.
- das Recht, die Ufer zur Ausübung der Fischerei zu begehen.
1 Der Bundesrat erlässt Bestimmungen über:
- a.
- die Dauer der Schonzeiten;
- b.
- die Fangmindestmasse.
2 Er legt fest, unter welchen Voraussetzungen die Kantone davon abweichen können.
3 Die Kantone erlassen Bestimmungen über:
- a.
- die Schaffung von Schongebieten dort, wo der Schutz der Fisch- und Krebsbestände es erfordert;
- b.
- das Zurückversetzen von noch lebensfähigen Fischen und Krebsen, wenn diese während der Schonzeit gefangen werden oder das Fangmindestmass nicht erreichen.
1 Der Bundesrat bezeichnet die Arten und Rassen von Fischen und Krebsen, die gefährdet sind.
2 Die Kantone ergreifen die erforderlichen Massnahmen zum Schutz der Lebensräume von gefährdeten Arten und Rassen. Sie können weitere Massnahmen, insbesondere Fangverbote, anordnen.
1 Eine Bewilligung des Bundes brauchen:
- a.
- das Einführen und das Einsetzen landesfremder Arten, Rassen und Varietäten von Fischen und Krebsen;
- b.
- das Einsetzen standortfremder Arten, Rassen und Varietäten von Fischen und Krebsen.
2 Die Bewilligung wird erteilt, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass:
- a.
- die einheimische Tier- und Pflanzenwelt nicht gefährdet wird und
- b.
- keine unerwünschte Veränderung der Fauna erfolgt.
3 Der Bundesrat kann Ausnahmen von der Bewilligungspflicht vorsehen.
4 Landes- und standortfremde Arten, Rassen und Varietäten dürfen nicht als lebende Köderfische abgegeben oder verwendet werden.
1 Die Kantone sorgen dafür, dass Bachläufe, Uferpartien und Wasservegetationen, die dem Laichen und dem Aufwachsen der Fische dienen, erhalten bleiben.
2 Sie ergreifen nach Möglichkeit Massnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Wassertiere sowie zur lokalen Wiederherstellung zerstörter Lebensräume.
1 Eingriffe in die Gewässer, ihren Wasserhaushalt oder ihren Verlauf sowie Eingriffe in die Ufer und den Grund von Gewässern brauchen eine Bewilligung der für die Fischerei zuständigen kantonalen Behörde (fischereirechtliche Bewilligung), soweit sie die Interessen der Fischerei berühren können.
2 …5
3 Eine Bewilligung brauchen insbesondere:
- a.
- die Nutzung der Wasserkräfte;
- b.
- Seeregulierung;
- c.
- Fluss- und Bachverbauungen sowie Uferrodungen;
- d.
- die Schaffung künstlicher Fliessgewässer;
- e.
- die Verlegung von Leitungen in Gewässer;
- f.
- maschinelle Reinigungsarbeiten in Gewässern;
- g.
- die Gewinnung und das Waschen von Kies, Sand und anderen Stoffen in Gewässern;
- h.
- Wasserentnahmen;
- i.
- Wassereinleitungen;
- k.
- landwirtschaftliche Entwässerungen;
- l.
- Verkehrsanlagen;
- m.
- Fischzuchtanlagen.
4 Keine Bewilligung nach diesem Gesetz ist erforderlich für Wasserentnahmen nach Artikel 29 des Bundesgesetzes vom 24. Januar 19916 über den Schutz der Gewässer.
5 Anlagen, die erweitert oder wieder instand gestellt werden, gelten als Neuanlagen.
1 Die zur Erteilung der fischereirechtlichen Bewilligung zuständigen Behörden haben unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten und allfälliger anderer Interessen alle Massnahmen vorzuschreiben, die geeignet sind:
- a.
- günstige Lebensbedingungen für die Wassertiere zu schaffen hinsichtlich:
- 1.
- der Mindestabflussmengen bei Wasserentnahmen,
- 2.
- der Ausbildung des Durchflussprofils,
- 3.
- der Beschaffenheit der Sohle und der Böschungen,
- 4.
- der Zahl und Gestaltung der Fischunterschlupfe,
- 5.
- der Wassertiefe und -temperatur,
- 6.
- der Fliessgeschwindigkeit;
- b.
- die freie Fischwanderung sicherzustellen;
- c.
- die natürliche Fortpflanzung zu ermöglichen;
- d.
- zu verhindern, dass Fische und Krebse durch bauliche Anlagen oder Maschinen getötet oder verletzt werden.
2 Lassen sich bei den vorgesehenen Eingriffen in die Gewässer, ihren Wasserhaushalt oder ihren Verlauf sowie bei Eingriffen in die Ufer und den Grund von Gewässern keine Massnahmen finden, die schwerwiegende Beeinträchtigungen von Interessen der Fischerei im Sinne von Artikel 1 verhindern können, so muss nach der Abwägung der Gesamtinteressenlage entschieden werden.
3 Massnahmen nach Absatz 1 müssen bereits bei der Projektierung der technischen Eingriffe vorgesehen werden.
Die Kantone sorgen dafür, dass bei bestehenden Anlagen Massnahmen nach Artikel 9 Absatz 1 getroffen werden, soweit sie wirtschaftlich tragbar sind.
Die Kantone führen eine Fischereistatistik nach den Grundsätzen des Bundes.
1 Der Bund kann Finanzhilfen gewähren für:
- a.
- Massnahmen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Wassertiere sowie zur lokalen Wiederherstellung zerstörter Lebensräume (Art. 7 Abs. 2);
- b.
- Forschungsarbeiten über die Artenvielfalt und den Bestand der Fische, Krebse und Fischnährtiere sowie deren Lebensräume;
- c.
- die Information der Bevölkerung über die Pflanzen- und Tierwelt in Gewässern.
2 Die Finanzhilfen des Bundes bemessen sich nach der Bedeutung der Massnahmen nach Absatz 1 Buchstaben a–c für den Schutz und die Nutzung der Fische und Krebse; sie betragen höchstens 40 Prozent der Kosten.8
3 …9
1 Das Bundesamt für Umwelt unterstützt die zuständigen Behörden bei der Organisation der notwendigen Kurse für die fachliche Aus- und Weiterbildung der Berufsfischer und Fischzüchter.10
2 Es kann Weiterbildungskurse für die mit der Fischereiaufsicht betrauten Organe organisieren.
Die hauptberuflich tätigen Berufsfischer haben Anspruch auf Kinderzulagen nach dem Bundesgesetz vom 20. Juni 195211 über die Familienzulagen in der Landwirtschaft.
1 Die Haftpflichtbestimmungen der Bundesgesetzgebung sind anwendbar.
2 Bei der Berechnung des Schadens ist das verminderte Ertragsvermögen des geschädigten Gewässers zu berücksichtigen.
3 Der Empfänger muss mit der Entschädigung, die er zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes erhalten hat, möglichst bald den Schaden wiedergutmachen.
1 Mit Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich den Fisch- oder Krebsbestand schädigt oder gefährdet, indem er:12
- a.
- unbefugte technische Eingriffe vornimmt (Art. 8);
- b.
- die an eine Bewilligung geknüpften Bedingungen oder Auflagen missachtet (Art. 9 Abs. 1);
- c.
- ohne behördliche Bewilligung landes- oder standortfremde Arten, Rassen und Varietäten von Fischen oder Krebsen einführt oder einsetzt (Art. 6 Abs. 1);
- d.
- landes- oder standortfremde Arten, Rassen und Varietäten als lebende Köderfische abgibt oder verwendet (Art. 6 Abs. 4).
2 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 20 000 Franken.13
1 Mit Busse bis zu 20 000 Franken wird bestraft, wer vorsätzlich:14
- a.
- die Schonbestimmungen missachtet;
- b.
- Fische, Krebse oder Fischnährtiere, von denen er weiss oder annehmen muss, dass sie durch eine strafbare Handlung erlangt worden sind, erwirbt, sich schenken lässt oder absetzt;
- c.15
- in anderer Weise diesem Gesetz, den Vorschriften des Bundesrates, deren Verletzung dieser mit Strafe bedroht, oder einer unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn gerichteten Einzelverfügung zuwiderhandelt.
2 Versuch und Gehilfenschaft sind strafbar.
3 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse.
Die Artikel 6 und 7 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 197416 gelten sinngemäss für strafbare Handlungen nach diesem Gesetz.
1 Bei Fischereivergehen und bei schweren oder wiederholten Fällen von Übertretungen kann das Gericht dem Täter die Ausübung der Fischerei für eine Dauer von bis zu fünf Jahren verbieten, sofern die Gefahr besteht, dass der Täter weitere solche Taten begeht.17
1bis Die Massnahme kann auch angeordnet werden, wenn der Täter nach Artikel 19 Absätze 1 und 2 des Strafgesetzbuchs18 schuldunfähig oder vermindert schuldfähig ist.19
2 Der administrative Entzug der Fischereiberechtigung durch die zuständige kantonale Behörde bleibt vorbehalten.
1 Die Verfolgung und Beurteilung von Widerhandlungen ist Sache der Kantone.
2 Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen verfolgt und beurteilt Widerhandlungen bei der Einfuhr. Liegt gleichzeitig eine Widerhandlung gegen das Zollgesetz vom 18. März 200521 oder das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 200922 vor, so verfolgt und beurteilt das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit die Widerhandlungen.23
3 Stellt eine Widerhandlung gleichzeitig eine nach Absatz 2 sowie eine durch die gleiche Bundesbehörde zu verfolgende Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 16. März 201224 über den Verkehr mit Tieren und Pflanzen geschützter Arten, das Tierschutzgesetz vom 16. Dezember 200525, das Zollgesetz vom 18. März 2005, das Mehrwertsteuergesetz vom 12. Juni 2009, das Lebensmittelgesetz vom 20. Juni 201426 oder das Tierseuchengesetz vom 1. Juli 196627 dar, so wird die für die schwerste Widerhandlung angedrohte Strafe angewendet; diese kann angemessen erhöht werden.28
1 Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen.
2 Er beaufsichtigt den kantonalen Vollzug dieses Gesetzes.
3 Die eidgenössischen Grenzwächter müssen die kantonalen Organe, die mit der Fischereiaufsicht in den schweizerischen Grenzgewässern betraut sind, bei der Erfüllung ihrer Aufgaben unterstützen, soweit es der Zolldienst gestattet.
4 Die Bundesbehörde, die ein anderes Bundesgesetz oder einen Staatsvertrag vollzieht, ist bei der Erfüllung dieser Aufgabe auch für den Vollzug des Bundesgesetzes über die Fischerei zuständig. Sie hört vor ihrem Entscheid die betroffenen Kantone an. Das Bundesamt für Umwelt und die übrigen betroffenen Bundesstellen wirken nach den Artikeln 62a und 62b des Regierungs- und Verwaltungsorganisationsgesetzes vom 21. März 199729 beim Vollzug mit.30
5 Eignet sich das Verfahren nach Absatz 4 für bestimmte Aufgaben nicht, so regelt der Bundesrat den Vollzug durch die betroffenen Bundesstellen.31
1 Die Kantone vollziehen dieses Gesetz, soweit nicht der Bund dafür zuständig ist.
2 Sie erlassen die erforderlichen Vorschriften.
1 Bund und Kantone sorgen für die Information und Beratung der Behörden und der Öffentlichkeit über die Bedeutung und den Zustand der Fischgewässer.
2 Sie empfehlen geeignete Schutz- und Unterhaltsmassnahmen.
1 Die Kantone sorgen für eine wirkungsvolle Fischereiaufsicht sowie für die Aus- und Weiterbildung der Aufsichtsorgane.
2 Die Aufsichtsorgane und die von ihnen zugezogenen Sachverständigen haben, soweit es zur Erfüllung ihrer Aufgabe nötig ist, jederzeit Zutritt zu allen Werkanlagen und Grundstücken.
3 Jedermann ist verpflichtet, die für den Vollzug dieses Gesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen.
1 Bei interkantonalen Gewässern müssen die beteiligten Kantone die Fischerei im Rahmen dieses Gesetzes einheitlich regeln.
2 Können sich die Kantone nicht einigen, so entscheidet der Bundesrat.
Der Bundesrat ist nach Anhören der betroffenen Kantone ermächtigt, mit andern Staaten über die Fischerei in den schweizerischen Grenzgewässern Vereinbarungen abzuschliessen. Diese können von diesem Gesetz abweichende Bestimmungen enthalten.
1 Eine Genehmigung des Bundes brauchen die kantonalen Vorschriften über:
- a.
- Bewirtschaftung (Art. 3);
- b.
- Schonbestimmungen (Art. 4);
- c.
- gefährdete Arten und Rassen (Art. 5).
2 Vorschriften mit einer Dauer bis zu drei Monaten brauchen keine Genehmigung.
1. Das Bundesgesetz vom 14. Dezember 197335 über die Fischerei wird aufgehoben.
2. und 3. …36
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Es tritt unter Vorbehalt von Absatz 3 auf den 1. Januar in Kraft,
- a.
- welcher der Frist von zwei Jahren nach dem unbenützten Ablauf der Referendumsfrist oder
- b.
- der Frist von zwei Jahren nach der Gutheissung des Gesetzes durch das Volk folgt.
3 Artikel 6 tritt nach dem unbenützten Ablauf der Referendumsfrist oder mit der Gutheissung des Gesetzes durch das Volk in Kraft.
Datum des Inkrafttretens: 38 1. Januar 1994
Art. 6: 1. Oktober 1991