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Briefwechsel vom 20. Februar 1989
zwischen der Schweiz und Indien
über die Rechtshilfe in Strafsachen

In Kraft getreten am 20. Februar 1989

Übersetzung2

Der Chef

Bern, den 20. Februar 1989

des Eidgenössischen Departementes

für auswärtige Angelegenheiten

Seiner Exzellenz

Herrn Ashoke Sen Chib

Botschafter der Republik Indien

in der Schweiz

Bern

Exzellenz,

Ich habe die Ehre, den Empfang Ihres Briefes vom 20. Februar 1989 zu bestätigen, der wie folgt lautet:

«Exzellenz,
Ich beehre mich, auf die zwischen der indischen und schweizerischen Delegation stattgefundenen Gespräche betreffend Gewährung von Rechtshilfe in Strafsachen Bezug zu nehmen. Gestützt auf die erzielten Einverständnisse zwischen beiden Delegationen schlägt die Indische Regierung der Schweizerischen Regierung vor, dass die zuständigen Strafverfolgungsbehörden beider Staaten einander auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und im Einklang mit ihrer nationalen Gesetzgebung so weit wie möglich Rechtshilfe in Strafsachen leisten, und zwar wie folgt:
1.
Die Zusammenarbeit zwischen den Rechtsdurchsetzungsbehörden umfasst Rechtshilfe bei der Aufenthaltsermittlung von Zeugen, der Entgegennahme von Erklärungen und Zeugenaussagen, der Herausgabe und Beglaubigung von Gerichtsakten oder Geschäftsunterlagen, der Zustellung von Gerichts‑ oder Verwaltungsschriftstücken sowie bei der Herausgabe von Gegenständen oder Vermögenswerten, die aus einer strafbaren Handlung herrühren, zur Rückerstattung an den Berechtigten. Ferner liefert der ersuchte Staat im Rahmen seiner Gesetzgebung Auskünfte über Vermögen, das im Besitz oder Eigentum von Personen ist, die im ersuchenden Staat Gegenstand einer Strafuntersuchung bilden.
2.
Die Beweiserhebung und Herausgabe von Schriftstücken unter Anwendung von Zwangsmassnahmen für ein Strafverfahren in Indien oder in der Schweiz, sofern die im Ersuchen geschilderte Tat eine nach dem Recht beider Staaten strafbare Handlung darstellt. Zu diesem Zweck verstehen Indien und die Schweiz unter dem Begriff ‹Strafverfahren› das wegen einer strafbaren Handlung gegen eine Person eröffnete Urteilsverfahren oder das Verfahren zur Abklärung, ob eine Person, die einer strafbaren Handlung beschuldigt wird, dafür vor Gericht gestellt werden soll. Nach indischem Recht sind die zuständigen Behörden, die das Ausland um Rechtshilfe ersuchen können: der Gerichtshof, das Gericht, der Richter oder der die Gerichtsbarkeit ausübende Justizbeamte. Nach schweizerischem Recht sind die zuständigen Behörden, die das Ausland um Rechtshilfe ersuchen können: die Strafuntersuchungs­behörde, ungeachtet der Bezeichnung ‹Bezirksanwalt, Untersuchungsrichter, Juge d’instruction, Verhörrichter› usw., sowie jede Justizbe­hörde.
3.
Die Einvernahme von Personen ohne Anwendung von Zwangsmassnahmen.
4.
Die Beschaffung öffentlicher Akten oder Schriftstücke, die als Akten oder Schriftstücke gelten, welche der Öffentlichkeit als Bestandteil eines öffentlichen Registers zugänglich sind oder auf andere Weise gegen Entgelt bezogen werden können.
5.
Die Zustellung von Akten, die keine Massnahmen einschliesst, mit denen eine Person gezwungen werden soll, den in diesen Akten enthaltenen Anordnungen Folge zu leisten.
6.
Die strafrechtlichen Ermittlungen der Polizei oder anderer Rechtsdurchsetzungsbehörden, die keine Massnahmen einschliessen, mit denen eine Person gezwungen werden soll, Fragen zu beantworten oder Auskünfte zu erteilen.
7.
Weitere Formen der Zusammenarbeit in Strafsachen sind denkbar. Diesbezüglich sind Indien und die Schweiz bereit, auf Ersuchen in gewissen Fällen andere Arten der Zusammenarbeit in Betracht zu ziehen.
Es besteht Übereinstimmung, dass Rechtshilfe im Einklang mit der Gesetzgebung des ersuchten Staates gewährt wird bei der Ermittlung oder Verfolgung strafbarer Handlungen, namentlich bei Mord, schwerer Körperverletzung, Diebstahl, Betrug, Veruntreuung, Missbrauch der Amtsgewalt oder des Amtes zur Erlangung unrechtmässiger Vorteile, Erpressung, Fälschung, Geldfälschung, Erstellung falscher Beweise, Bestechung, wissentlichen und vorsätzlichen falschen Erklärungen oder Darstellungen in Angelegenheiten, die in die Zuständigkeit eines Departementes, einer Amtsstelle oder einer anderen Behörde im ersuchenden Staat fallen, sowie beim Handel mit Betäubungsmitteln und psychotropen Stoffen.
Rechtshilfeersuchungen und ihre Unterlagen werden auf dem diplomatischen Weg übermittelt und sind mit einer französischen, deutschen oder italienischen Übersetzung versehen, wenn sie an die Schweiz gerichtet werden, und mit einer hindischen oder englischen Übersetzung, wenn die Ersuchen an Indien gerichtet werden.
Die durch Rechtshilfe erhaltenen Auskünfte dürfen im ersuchenden Staat in Verfahren wegen Taten, derentwegen Rechtshilfe nicht zulässig ist, weder für Ermittlungen benützt noch als Beweismittel verwendet werden. Jede weitere Verwendung von Auskünften bedarf der Zustimmung der zuständigen Behörde im ersuchten Staat.
Ich habe ferner die Ehre, Sie zu ersuchen, im Namen der Schweizerischen Regierung zu bestätigen, dass die vorstehenden Ausführungen die erzielten Einverständnisse zwischen den Delegationen beider Regierungen wieder­geben und dieser Brief und Ihr Antwortschreiben eine Vereinbarung zwischen beiden Regierungen darstellen. Diese Vereinbarung tritt mit Empfang des Antwortschreibens in Kraft.
Genehmigen Sie, Exzellenz, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.»

Ich habe die Ehre zu bestätigen, dass die in Ihrem Brief dargelegte Auffassung mit derjenigen des Schweizerischen Bundesrates übereinstimmt und Ihr Brief und dieses Antwortschreiben eine Vereinbarung zwischen beiden Regierungen bilden. Diese Vereinbarung tritt sofort in Kraft.

Genehmigen Sie, Exzellenz, die Versicherung meiner ausgezeichneten Hochachtung.

René Felber

2 Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der entsprechenden Ausgabe dieser Sammlung.