822.31
Bundesgesetz
über die Heimarbeit
(Heimarbeitsgesetz [HArG])
vom 20. März 1981 (Stand am 1. Juli 2023)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
gestützt auf Artikel 110 Absatz 1 Buchstabe a der Bundesverfassung1,2
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 27. Februar 19803,
beschliesst:
1 Das Gesetz gilt für öffentliche und private Arbeitgeber, die Heimarbeit ausführen lassen, sowie für die von ihnen beschäftigten Heimarbeitnehmer.
2 Auf Personen und Organisationen, die stellvertretend für den Arbeitgeber Heimarbeit ausgeben, sind die für Heimarbeitnehmer geltenden Schutzbestimmungen sinngemäss anwendbar.
3 Für den Arbeitgeber im Ausland gilt das Gesetz, soweit er Heimarbeitnehmer in der Schweiz beschäftigt.
4 Als Heimarbeit nach diesem Gesetz gilt jede gewerbliche und industrielle Hand- und Maschinenarbeit, die ein Heimarbeitnehmer allein oder mit Familienangehörigen in seiner Wohnung oder in einem andern, von ihm bestimmten Arbeitsraum gegen Lohn ausführt.
5 Für die Anwendbarkeit des Gesetzes ist das tatsächliche Beschäftigungsverhältnis und nicht die Bezeichnung des Vertrages massgebend.
Über die Anwendbarkeit des Gesetzes entscheidet in Zweifelsfällen die kantonale Behörde von Amtes wegen oder auf Ersuchen eines Beteiligten. Ist ein Bundesbetrieb betroffen, so entscheiden die Bundesbehörden.
Der Arbeitgeber hat dem Heimarbeitnehmer sowie Personen und Organisationen, die stellvertretend für ihn Heimarbeit ausgeben, bei der ersten Ausgabe von Heimarbeit die Arbeitsbedingungen vollständig und schriftlich bekannt zu geben.
1 Der Lohn für Heimarbeit richtet sich nach den im eigenen Betrieb für gleichwertige Arbeit geltenden Ansätzen. Fehlt ein vergleichbarer Betriebslohn, so ist der im betreffenden Wirtschaftszweig übliche regionale Lohnansatz für ähnliche Arbeiten anzuwenden. Den unterschiedlichen Arbeitsbedingungen zwischen Betrieb und Wohnort des Heimarbeitnehmers sowie den mit der Heimarbeit verbundenen Mehr- und Minderaufwendungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist angemessen Rechnung zu tragen.
2 Wird der Lohn nach der geleisteten Arbeit bemessen (Akkordlohn), so hat der Arbeitgeber dem Heimarbeitnehmer gleichzeitig mit dem Lohnansatz den für die Arbeit geschätzten Zeitaufwand bekannt zu geben (Vorgabezeit), ausser wenn dieser wegen der Art der Heimarbeit nicht zum voraus ermittelt werden kann.
3 Der Arbeitgeber gibt dem Heimarbeitnehmer eine schriftliche Abrechnung, von der beide Parteien eine Ausfertigung4 während mindestens fünf Jahren aufbewahren müssen.
1 Der Arbeitgeber hat dem Heimarbeitnehmer die erforderlichen Auslagen, insbesondere für Arbeitsgeräte, Material und deren Transport zu ersetzen.
2 Stellt der Arbeitgeber Arbeitsgeräte oder Material zur Verfügung, so darf er dafür vom Heimarbeitnehmer keine Entschädigung verlangen. Vorbehalten bleiben die Rückgabepflicht bei Beendigung des Heimarbeitsverhältnisses und allfällige Schadenersatzansprüche des Arbeitgebers.
3 Der Arbeitgeber hat den Heimarbeitnehmer zu den Arbeiten anzuleiten, soweit dies für dessen Sicherheit und für die Erzielung eines angemessenen Lohnes erforderlich ist.
An Jugendliche, die das 15. Altersjahr noch nicht vollendet haben, darf Heimarbeit nicht zur selbständigen Ausführung ausgegeben werden.
1 Der Arbeitgeber darf an Sonn- und Feiertagen Heimarbeit weder ausgeben noch abnehmen. An den übrigen Tagen darf er dies nur innerhalb der vom Bundesrat festgelegten Zeit tun. Die Kantone können für besondere Verhältnisse Ausnahmen bewilligen.
2 Der Arbeitgeber hat auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Heimarbeitnehmers Rücksicht zu nehmen. Er hat insbesondere die Frist für die Ablieferung der Heimarbeit so zu bemessen, dass der Heimarbeitnehmer täglich nicht mehr als acht Stunden und nicht an Sonntagen arbeiten muss.
1 Arbeitsgeräte und Material, die der Arbeitgeber dem Heimarbeitnehmer abgibt, müssen so beschaffen sein, dass bei sachgemässer Handhabung Unfälle und Gesundheitsschädigungen ausgeschlossen sind.
2 Die Heimarbeitnehmer haben die Anordnungen des Arbeitgebers zur Verhütung von Unfällen und Gesundheitsschädigungen zu befolgen. Insbesondere haben sie die Schutzeinrichtungen an den Arbeitsgeräten richtig zu handhaben und dürfen sie ohne Erlaubnis des Arbeitgebers weder entfernen noch ändern.
Der Bundesrat bestimmt, welche Arbeiten nicht oder nur unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen in Heimarbeit ausgeführt werden dürfen.
Der Arbeitgeber hat ein Verzeichnis der von ihm beschäftigten Heimarbeitnehmer zu führen und sich in das Arbeitgeberregister der Vollzugsbehörden eintragen zu lassen.
Arbeitgeber und Heimarbeitnehmer sind verpflichtet, den Vollzugs- und Aufsichtsbehörden die für den Vollzug des Gesetzes erforderlichen Auskünfte zu erteilen und ihnen Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren. Die Vollzugs- und Aufsichtsbehörden können Kontrollen vornehmen und Proben entnehmen sowie Verzeichnisse und andere Unterlagen einsehen, namentlich die Arbeitsbedingungen, Begleitzettel, Lieferungsbücher und Abrechnungen.
1 Wer vorsätzlich einer Vorschrift dieses Gesetzes oder seiner Ausführungsbestimmungen oder einer unter Hinweis auf die Strafdrohung dieses Artikels an ihn gerichteten Einzelverfügung zuwiderhandelt, wird mit Busse bestraft.
2 In schweren Fällen kann auf Busse bis zu 20 000 Franken erkannt werden.
3 Handelt der Täter fahrlässig, so ist die Strafe Busse bis zu 5000 Franken.
Es gelten die allgemeinen Bestimmungen des Strafgesetzbuches6 und Artikel 6 des Verwaltungsstrafrechtsgesetzes vom 22. März 19747.
Die Strafverfolgung ist Sache der Kantone.
1 Der Vollzug des Gesetzes ist Sache der Kantone. Sie bezeichnen die Vollzugsbehörden.
2 Die Betriebe des Bundes vollziehen das Gesetz unter Aufsicht der Eidgenössischen Arbeitsinspektorate.
3 Die Vollzugsbehörden führen das Arbeitgeberregister und überprüfen es mindestens einmal im Jahr.
4 Die Vollzugsbehörden erstatten dem Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit8 (Bundesamt) über den Vollzug des Gesetzes jährlich Bericht.
Das Bundesamt übt die Oberaufsicht über den Vollzug des Gesetzes aus.
Personen, die mit dem Vollzug oder mit der Vollzugsaufsicht betraut sind, wahren das Amtsgeheimnis.
Der Bundesrat erlässt die Ausführungsbestimmungen nach Anhören der Kantone und der interessierten Organisationen.
Vorbehalten bleiben insbesondere:
- a.
- die Bundesgesetzgebung über die Verhütung von Unfällen und Berufskrankheiten, den Schutz der Umwelt, den Strahlenschutz, den Verkehr mit Giften, explosionsgefährliche Stoffe, Lebensmittel und Gebrauchsgegenstände sowie über die Sozialversicherungen;
- b.
- die Polizeivorschriften der Kantone und Gemeinden.
1 Dieses Gesetz untersteht dem fakultativen Referendum.
2 Der Bundesrat bestimmt das Inkrafttreten.
Datum des Inkrafttretens: 1. April 198314