0.837.945.4

 AS 1980 502; BBl 1979 I 817

Übersetzung1

Abkommen
zwischen der Schweiz und Italien
über den finanziellen Ausgleich auf dem Gebiete
der Arbeitslosenversicherung der Grenzgänger

Abgeschlossen am 12. Dezember 1978
Von der Bundesversammlung genehmigt am 4. Oktober 19792
Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 3. April 1980
In Kraft getreten am 3. April 1980

1 Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.

2 AS 1979 2122

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung der Republik Italien,

vom Wunsch geleitet, die Beziehungen zwischen den beiden Staaten auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung der Grenzgänger für die Dauer der Übergangsordnung auf dem Gebiet der Arbeitslosenversicherung in der Schweiz zu regeln,

haben sich über die nachfolgenden Bestimmungen geeinigt:

Art. 1

Zum finanziellen Ausgleich für die Deckung des Risikos der Ganzarbeitslosigkeit der italienischen Grenzgänger zahlt die Schweiz Italien alljährlich einen Pauschal­betrag, der berechnet wird aufgrund der Jahresdurchschnittszahl der Grenzgänger, der Lohnsumme dieser Arbeitnehmer, des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung (Arbeitnehmer‑ und Arbeitgeberbeiträge) sowie des Verhältnisses zwischen Ganz‑ und Teilarbeitslosigkeit in der Schweiz, wobei in diesem Verhältnis auch die ganzarbeitslosen Grenzgänger zu berücksichtigen sind, die ihre Beschäftigung aus wirtschaftlichen Gründen verloren haben.

Das Risiko der Teilarbeitslosigkeit wird nach den schweizerischen Rechtsvorschriften gedeckt.

Art. 2

Falls gemäss den Bestimmungen in Artikel 28 Absatz 2 des Bundesbeschlusses vom 6. Oktober 1976 über die Einführung der obligatorischen Arbeitslosenversicherung die öffentliche Hand in der Schweiz der Arbeitslosenversicherung rückzahlbare niedrig verzinsliche Darlehen gewähren sollte, oder

falls gemäss dem nachstehenden Artikel 13 die Gültigkeitsdauer dieses Abkommens über diejenige der schweizerischen Übergangsordnung hinaus verlängert würde und die öffentliche Hand (Bund und Kantone) der Arbeitslosenversicherung gemäss Artikel 34novies Absatz 4 der Bundesverfassung3 Subventionen entrichten sollte,

würden die Vertragsparteien so bald als möglich zusammentreten, um sich über eine angemessene Lösung zu einigen.

Art. 3

Sollte die Zahl der aus wirtschaftlichen Gründen entlassenen und ganzarbeitslos gewordenen Grenzgänger die Zahl der andern Kategorien von Ganzarbeitslosen, die der schweizerischen Arbeitslosenversicherung unterstehen, erheblich übersteigen, so würden die Vertragsparteien so bald als möglich zusammentreten, um eine angemessene Lösung für eine ausserordentliche finanzielle Beihilfe zu vereinbaren.

Art. 4

Die in Artikel 1 Absatz 1 umschriebenen Grundsätze sind im Sinne der Gegenseitigkeit auch anwendbar für den Fall, dass Italien der Schweiz einen finanziellen Ausgleich für die Deckung des Risikos der Ganzarbeitslosigkeit der schweizerischen Grenzgänger schulden sollte.

Das Risiko der Teilarbeitslosigkeit wird nach den italienischen Rechtsvorschriften gedeckt.

Art. 5

Für die Anwendung dieses Abkommens bezeichnet der Ausdruck «Grenzgänger» Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in der Grenzzone des einen der beiden Vertragsstaaten haben und in der Grenzzone des andern Vertragsstaates eine regelmässige ordnungsgemässe Erwerbstätigkeit ausüben.

Art. 6

Die Bestimmungen dieses Abkommens sind anwendbar mit Wirkung ab Inkrafttreten der mit Bundesbeschluss vom 8. Oktober 1976 eingeführten Übergangsordnung.

Art. 7

Die Behörden der beiden Staaten leisten einander bei der Durchführung dieses Abkommens gegenseitige Hilfe, als wendeten sie die eigenen Rechtsvorschriften an.

Art. 8

Steuer‑ und Gebührenbefreiung nach den Vorschriften über die Arbeitslosenversicherung und die Sozialversicherungen eines Vertragsstaates gelten auch gegenüber Personen und Dienststellen des andern Vertragsstaates.

Urkunden und Schriftstücke jeglicher Art, die aufgrund dieses Abkommens vor­gelegt werden müssen, bedürfen weder der Übersetzung noch der Beglaubigung.

Art. 9

Es wird eine Expertenkommission eingesetzt, die wenn nötig die bei der Anwendung dieses Abkommens entstehenden Probleme prüft.

Art. 10

Die zuständigen Behörden der beiden Staaten, die in dem diesem Abkommen bei­gefügten Notenaustausch bezeichnet sind, vereinbaren unmittelbar miteinander das Nähere über die zur Durchführung dieses Abkommens erforderlichen Massnahmen. Sie unterrichten einander über die zur Durchführung des Abkommens getroffenen Massnahmen sowie über Änderungen und Ergänzungen ihrer Rechtsvorschriften, die seine Durchführung berühren.

Art. 11

Die Ausgleichszahlung wird der vom interessierten Staat bezeichneten Stelle entrichtet. Die Einzelheiten über die Zahlung durch die von den beiden Staaten bezeichneten Stellen werden gemeinsam vereinbart.

Die zuständigen Behörden beider Staaten geben einander die Berechnungsgrund­lagen und den Betrag des finanziellen Ausgleichs bekannt.

Art. 12

Die Bestimmungen dieses Abkommens haben keine präjudiziellen Auswirkungen auf die übrigen Zweige der Sozialen Sicherheit.

Art. 13

Dieses Abkommen wird für die Dauer eines Jahres geschlossen. Es wird stillschweigend jeweils um ein weiteres Jahr verlängert, wenn es nicht von einem Vertragsstaat spätestens drei Monate vor Ablauf der Jahresfrist schriftlich gekündigt wird.

Art. 14

Die Vertragsparteien werden rechtzeitig vor Ablauf der Übergangsordnung miteinander Verhandlungen aufnehmen, damit gegebenenfalls ein neues Abkommen geschlossen werden kann.

Art. 15

Tritt das Abkommen infolge Kündigung ausser Kraft, so gelten seine Bestimmungen für die bis dahin erworbenen Leistungsansprüche weiter, jedoch nicht länger als für die Dauer eines Jahres nach dem Ausserkrafttreten. Die zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten vereinbaren untereinander die Regelung der laufenden Ansprüche.

Art. 16

Dieses Abkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden in Rom ausgetauscht.

Dieses Abkommen tritt an dem Tage in Kraft, an dem die Ratifikationsurkunden ausgetauscht werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Bern, am 12. Dezember 1978, in doppelter Urschrift in französischer Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
der Republik Italien:

Bonny

Franco Foschi

Schlussprotokoll

Bei der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über den Finanzausgleich auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung der Grenzgänger haben die Unterzeichneten die Übereinstimmung zwischen beiden Parteien in folgenden Punkten festgestellt:

1.
Artikel 1 des Abkommens kann auch in dem Sinne ausgelegt werden, dass das Verhältnis zwischen Ganzarbeitslosigkeit und Teilarbeitslosigkeit sich ausschliesslich auf den Kanton Tessin bezieht.
2.
Die Wahl zwischen den beiden Auslegungen, die für die ganze Dauer des Abkommens Gültigkeit behält, wird später durch Vereinbarung zwischen den zuständigen Behörden der beiden Vertragsstaaten getroffen, wenn die Zahlenangaben vorliegen.
3.
Solange die in Ziffer 2 erwähnte Wahl noch nicht getroffen ist, wird das Verhältnis zwischen Ganz‑ und Teilarbeitslosigkeit gemäss Artikel 1 des Abkommens mit Bezug auf die ganze Schweiz berechnet.
4.
Das vorliegende Schlussprotokoll ist integrierender Bestandteil des Abkommens.

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten dieses Schlussprotokoll unterzeichnet.

Geschehen zu Bern, am 12. Dezember 1978, in zwei Urschriften in französischer Sprache.

Für den
Schweizerischen Bundesrat:

Für die Regierung
der Republik Italien:

Bonny

Franco Foschi

Briefwechsel

Il Sottosegretario di Stato

Bern, den 12. Dezember 1978

per gli Affari Esteri

Herrn Jean‑Pierre Bonny

Direktor des Bundesamtes

für Industrie, Gewerbe und Arbeit

3003 Bern

Herr Direktor,

Ich habe die Ehre, den Empfang Ihres heutigen Briefes zu bestätigen, der wie folgt lautet:

«Anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweiz und Italien über den Finanzausgleich auf dem Gebiete der Arbeitslosenversicherung der Grenzgänger habe ich die Ehre, Ihnen die Zustimmung meiner Regierung zu Folgendem bekanntzugeben:
1.
Die beiden Parteien arbeiten eng zusammen, damit Grenzgänger, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre Stelle verloren haben, in der Schweiz wieder beschäftigt werden können.
2.
Die zuständigen italienischen Behörden werden die lokalen Behörden einladen, den zuständigen kantonalen Behörden der Schweiz sämtliche ihnen zur Verfügung stehenden Angaben für die Erstellung von Verzeichnissen über die in Ziffer 1 erwähnten Arbeitnehmer zu liefern.
Die zuständigen schweizerischen Behörden ihrerseits werden die zuständigen kantonalen Behörden einladen, auf Grund der von den Arbeitgebern und den Grenzgängern selbst erstatteten Meldungen ebenfalls solche Listen zu erstellen.
3.
Die zuständigen schweizerischen Behörden werden den zuständigen kantonalen Behörden empfehlen, von den Arbeitgebern zu verlangen, dass sie innert nützlicher Frist alle frei werdenden Stellen melden, damit unter anderem auch die ganzarbeitslosen Grenzgänger, die mindestens während eines Jahres in der Schweiz tätig waren, davon in Kenntnis gesetzt werden können.
4.
Die zuständigen schweizerischen Behörden werden den betreffenden Arbeitgebern empfehlen, Grenzgängern, die nach mindestens einjähriger Arbeit in der Grenzzone ihre Beschäftigung aus wirtschaftlichen Gründen verloren haben, vor der Anstellung neuer Grenzgänger den Vorzug zu geben.
5.
Die zuständigen schweizerischen Behörden werden den zuständigen kantonalen Amtsstellen empfehlen, die Wiederbeschäftigung der in Ziffer 4 erwähnten Grenzgänger zu erleichtern, indem sie ihnen die Grenzgängerbewilligung erteilen, wenn sie vom Arbeitgeber tatsächlich bevorzugt werden.
6.
Die zuständigen schweizerischen Behörden erwägen, den italienischen Grenzgängern, die in der Schweiz seit mindestens 5 Jahren ununterbrochen eine ordnungsgemässe Beschäftigung ausüben, unabhängig von der Wirtschaftslage das Recht auf Erneuerung ihrer Bewilligung einzuräumen, sofern nicht ein persönlicher Widerrufsgrund entgegensteht. Dieses Recht kann nur durch den Bundesrat eingeschränkt werden im Falle von ernstlichen Störungen auf dem Arbeitsmarkt.
7.
Die zuständigen italienischen Behörden ihrerseits werden sich gegenüber schweizerischen Grenzgängern, die nach mindestens einjähriger Beschäftigung in der Grenzzone ihre Anstellung verloren haben, von den gleichen Grundsätzen leiten lassen.
8.
Die italienischen Behörden nehmen in Aussicht, ihre Politik der Vollbeschäftigung für sämtliche italienischen Arbeitnehmer mit Einschluss der Grenzgänger fortzusetzen.
Ich hoffe, dass Ihre Regierung das Vorstehende genehmigen wird.»

Ich habe die Ehre, Ihnen anzuzeigen, dass meine Regierung mit dem Vorstehenden einverstanden ist.

Genehmigen Sie, Herr Direktor, den Ausdruck meiner ausgezeichneten Hochachtung.

Franco Foschi