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0.632.231.7

Übersetzung2

Vereinbarung
über Notifizierungen, Konsultationen,
Streitbeilegung und Überwachung

Von der Bundesversammlung genehmigt am 12. Dezember 19793

1 AS 1979 2574, BBl 1979 III 1

2 Der französische Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.

3 Abs. 1 Bst. m des BB vom 12. Dez. 1979 (AS 1979 2149)

1.  Die Vertragsparteien bekräftigen ihr Festhalten an der grundlegenden GATT-Regelung4 für die Behandlung von Streitfällen auf der Basis der Artikel XXII und XXIII.5 Zur Verbesserung und Verfeinerung der GATT-Regelung kommen die Vertragsparteien wie folgt überein:

Notifizierung

2.  Die Vertragsparteien bekräftigen, dass sie zu den Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Abkommen betreffend Bekanntmachungen und Notifizierungen stehen.6

3.  Die Vertragsparteien werden des weiteren in grösstmöglichem Ausmass den Vertragsparteien den Erlass von Handelsmassnahmen, die sich auf die Durchführung des Allgemeinen Abkommens auswirken, notifizieren, wobei die Notifizierung als solche die Standpunkte bezüglich der Vereinbarkeit oder des Zusammenhangs dieser Massnahmen mit den Rechten und Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Abkommen in keiner Weise präjudiziert. Die Vertragsparteien sollten solche Massnahmen nach Möglichkeit vor ihrer Anwendung notifizieren. Ist eine vorherige Notifizierung nicht möglich, so sollten die Massnahmen innerhalb kürzester Frist nachträglich notifiziert werden. Vertragsparteien, die Grund zu der Annahme haben, dass eine andere Vertragspartei derartige Handelsmassnahmen getroffen hat, können bei der betreffenden Vertragspartei auf bilateraler Ebene Auskünfte über diese Massnahmen einholen.

Konsultationen

4.  Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Entschlossenheit, die Wirksamkeit der von den Vertragsparteien eingeschlagenen Konsultationsverfahren zu stärken und zu verbessern. In diesem Zusammenhang werden sie Konsultationsersuchen innerhalb kürzester Frist stattgeben und sich bemühen, diese Konsultationen rasch zu einem Abschluss zu bringen, um zu allseits zufriedenstellenden Schlussfolgerungen zu gelangen. Jedes Konsultationsersuchen sollte begründet werden.

5.  Bei den Konsultationen sollten die Vertragsparteien den besonderen Problemen und Interessen der weniger entwickelten Vertragsparteien besondere Aufmerksamkeit schenken.

6.  Die Vertragsparteien sollten sich bemühen, zu einer zufriedenstellenden Regelung der Angelegenheit gemäss Artikel XXIII Absatz 1 zu gelangen, bevor sie die Bestimmungen von Absatz 2 des gleichen Artikels in Anspruch nehmen.

Streitbeilegung

7.  Die Vertragsparteien kommen überein, dass die im Anhang definierte übliche GATT-Praxis der Streitbeilegung in Zukunft mit den nachstehend dargelegten Verbesserungen beibehalten werden sollte. Sie erkennen an, dass ein wirksames Funktionieren des Systems von ihrem Willen abhängt, sich an diese Vereinbarung zu halten. Die Vertragsparteien bekräftigen, dass die übliche Praxis auch die von den Vertragsparteien 1966 beschlossenen Verfahren für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen entwickelten und weniger entwickelten Ländern (BISD, Ergänzung Nr. 14, Seite 18) umfasst und dass diese Verfahren den weniger entwickelten Vertragsparteien, die sie anzuwenden wünschen, weiterhin offenstehen.

8.  Wird ein Streitfall nicht im Wege von Konsultationen beigelegt, so können die betreffenden Vertragsparteien eine geeignete Einrichtung oder Person um ihre guten Dienste bei der Schlichtung der Meinungsverschiedenheiten zwischen den Parteien ersuchen. Handelt es sich bei dem nicht beigelegten Streitfall um eine Angelegenheit, deretwegen eine weniger entwickelte Vertragspartei Beschwerde gegen eine entwickelte Vertragspartei geführt hat, so kann die weniger entwickelte Vertragspartei die guten Dienste des Generaldirektors in Anspruch nehmen, der bei Wahrnehmung seiner Aufgaben den Vorsitzenden der Vertragsparteien und den Vorsitzenden des Rates konsultieren kann.

9.  Es besteht Einvernehmen darüber, dass die Schlichtungsersuchen und die Inanspruchnahme der in Artikel XXIII Absatz 2 vorgesehenen Verfahren zur Streitbeilegung nicht als streitiger Akt beabsichtigt oder gewertet werden dürfen, entstehen Streitfälle, so leiten alle Vertragsparteien diese Verfahren in gutem Glauben und in dem Bemühen um ihre Beilegung ein. Ausserdem besteht Einvernehmen darüber, dass Beschwerden und Gegenbeschwerden betreffend gesonderte Angelegenheiten nicht gekoppelt werden sollten.

10.  Es besteht Einigung darüber, dass die Vertragsparteien für den Fall, dass eine Vertragspartei, die Artikel XXIII Absatz 2 in Anspruch nimmt, die Einsetzung einer Sondergruppe (panel), die die Vertragsparteien bei der Prüfung der Angelegenheit zu unterstützen hat, beantragt, über deren Einsetzung nach der üblichen Praxis beschliessen. Ebenso besteht Einigung darüber, dass die Vertragsparteien in gleicher Weise über die Einsetzung einer Arbeitsgruppe beschliessen, wenn eine Vertragspartei, die die Bestimmungen dieses Artikels in Anspruch nimmt, dies beantragt. Ferner besteht Einigung darüber, dass diesen Anträgen erst stattgegeben wird, nachdem die betroffene Vertragspartei Gelegenheit erhalten hat, die Beschwerde zu prüfen und hierzu vor den Vertragsparteien Stellung zu nehmen.

11.  Wird eine Sondergruppe eingesetzt, so sollte der Generaldirektor nach Einholung der Zustimmung der beteiligten Vertragsparteien die Zusammensetzung der je nach Fall drei- oder fünfköpfigen Gruppe den Vertragsparteien zur Genehmigung vorlegen. Die Mitglieder einer Sondergruppe sollten vorzugsweise Staatsbeamte sein. Es besteht Einvernehmen darüber, dass Angehörige von Ländern, deren Regierungen7 Streitparteien sind, nicht Mitglieder der Sondergruppe sein dürfen, die sich mit dem betreffenden Streitfall zu befassen hat. Die Sondergruppe sollte innerhalb kürzestmöglicher Frist und normalerweise binnen dreissig Tagen nach der Entscheidung der Vertragsparteien gebildet werden.

12.  Die Streitparteien nehmen zu den vom Generaldirektor vorgenommenen Benennungen der Mitglieder der Sondergruppe binnen sieben Arbeitstagen Stellung und lehnen diese Benennungen ausser bei zwingenden Gründen nicht ab.

13.  Um die Bildung von Sondergruppen zu erleichtern, sollte der Generaldirektor eine informelle Auswahlliste von Staatsbeamten und sonstigen Personen führen, die besondere Qualifikationen auf dem Gebiet der Handelsbeziehungen, der Wirtschaftsentwicklung und der sonstigen unter das Allgemeine Abkommen fallenden Fragen besitzen und für eine Mitwirkung in Sondergruppen bereitstehen könnten. Zu diesem Zweck würde jede Vertragspartei eingeladen, dem Generaldirektor zu Beginn eines jeden Jahres eine oder zwei Personen zu bezeichnen, die für diese Aufgaben verfügbar wären.8

14.  Die Mitglieder einer Sondergruppe würden in ihrer persönlichen Eigenschaft und nicht als Regierungsvertreter oder Vertreter einer Organisation handeln. Die Regierungen würden ihnen daher keine Weisungen erteilen und nicht versuchen, sie als Einzelpersonen im Hinblick auf die in einer Sondergruppe zu behandelnden Fragen zu beeinflussen. Bei der Auswahl der Mitglieder einer Sondergruppe sollte darauf geachtet werden, dass die Unabhängigkeit der Mitglieder, die Mitwirkung von Personen ausreichend unterschiedlicher Herkunft und fachlicher Ausrichtung sowie ein breites Erfahrungsspektrum gewährleistet sind.9

15.  Jede Vertragspartei, die ein wesentliches Interesse an der einer Sondergruppe vorgelegten Frage hat und dies dem Rat notifiziert hat, sollte Gelegenheit erhalten, ihren Standpunkt in der Sondergruppe vorzutragen. Jede Sondergruppe sollte das Recht haben, von jeder von ihr als geeignet erachteten Person oder Einrichtung Auskünfte oder Gutachten anzufordern. Bevor die Sondergruppe von einer unter die Hoheit eines Staates fallenden Privatperson oder Einrichtung derartige Auskünfte oder Gutachten anfordert, unterrichtet sie die Regierung dieses Staates. Die Vertragsparteien sollten jedes Ersuchen einer Sondergruppe um Mitteilung der für notwendig und zweckdienlich erachteten Auskünfte innerhalb kürzester Frist und ausführlich beantworten. Vertrauliche Auskünfte sollten nicht ohne formelle Zustimmung der Vertragspartei, die sie erteilt hat, preisgegeben werden.

16.  Aufgabe der Sondergruppen ist es, die Vertragsparteien bei der Erfüllung ihrer Pflichten nach Artikel XXIII Absatz 2 zu unterstützen. Folglich sollten die Sondergruppen die ihnen vorgelegten Fragen einschliesslich aller Fakten der Angelegenheit, der Frage der Anwendbarkeit des Allgemeinen Abkommens und der Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen objektiv beurteilen und auf Antrag der Vertragsparteien alle anderen Feststellungen treffen, die es den Vertragsparteien erleichtern, gemäss Artikel XXIII Absatz 2 an die Parteien Empfehlungen zu richten oder Entscheidungen zu treffen. Dabei sollten die Sondergruppen mit den Streitparteien regelmässig Konsultationen abhalten und ihnen angemessene Möglichkeiten bieten, eine allseits zufriedenstellende Lösung zu erarbeiten.

17.  Gelingt es den Parteien nicht, eine allseits zufriedenstellende Lösung auszuarbeiten, so sollte die Sondergruppe ihre Feststellungen schriftlich vorlegen. Normalerweise sollte die Sondergruppe die in ihrem Bericht ausgesprochenen Feststellungen und Empfehlungen begründen. Ist eine bilaterale Regelung zustande gekommen, so kann sich die Sondergruppe in ihrem Bericht darauf beschränken, die Angelegenheit kurz darzulegen und anzugeben, dass eine Lösung gefunden worden ist.

18.  Um die Erarbeitung allseits zufriedenstellender Lösungen zwischen den Parteien zu fördern und Bemerkungen der Parteien einzuholen, sollte jede Sondergruppe den beteiligten Parteien zunächst den beschreibenden Teil ihres Berichts vorlegen und anschliessend den Streitparteien ihre Schlussfolgerungen oder eine Zusammenfassung davon übermitteln, wobei eine angemessene Zeitspanne vorzusehen ist, bevor diese den Vertragsparteien übermittelt werden.

19.  Erarbeiten die Parteien eines Streits, mit dem eine Sondergruppe befasst ist, eine allseits zufriedenstellende Lösung, so hat jede an der Frage interessierte Vertragspartei das Recht, sich über diese Lösung zu informieren und in angemessener Weise unterrichtet zu werden, soweit diese Lösung Handelsfragen betrifft.

20.  Die von den Sondergruppen aufgewendete Zeit richtet sich nach dem jeweiligen Fall.10 Die Sondergruppen sollten sich indes bemühen, ihre Feststellungen ohne ungebührlichen Verzug vorzulegen, wobei sie die den Vertragsparteien auferlegte Verpflichtung, für eine rasche Beilegung von Streitfällen Sorge zu tragen, berücksichtigen. In Dringlichkeitsfällen sollte die Sondergruppe ihre Feststellungen innerhalb einer Frist von normalerweise drei Monaten vom Zeitpunkt ihrer Einsetzung an vorlegen.

21.  Die Vertragsparteien sollten sich mit den Berichten der Sondergruppen und Arbeitsgruppen innerhalb kürzester Frist befassen. Die Vertragsparteien sollten innerhalb einer angemessenen Zeitspanne aufgrund der Berichte von Sondergruppen und Arbeitsgruppen geeignete Massnahmen treffen. Ist die Angelegenheit voll einer weniger entwickelten Vertragspartei vorgebracht worden, so sollten diese Massnahmen erforderlichenfalls auf einer eigens einberufenen Sitzung beschlossen werden. Bei der Prüfung der geeigneten Massnahmen ziehen die Vertragsparteien in solchen Fällen nicht nur den Umfang des von den beanstandeten Massnahmen betroffenen Handels, sondern auch deren Auswirkungen auf die Wirtschaft der betroffenen weniger entwickelten Vertragsparteien in Betracht.

22.  Die Vertragsparteien überwachen die Angelegenheiten, zu denen sie Empfehlungen oder Entscheidungen ausgesprochen haben. Werden die Empfehlungen der Vertragsparteien nicht innerhalb einer angemessenen Zeitspanne durchgeführt, so kann die vortragende Vertragspartei von den Vertragsparteien verlangen, geeignete Schritte zu unternehmen, um eine angemessene Lösung zu finden.

23.  Ist die Angelegenheit von einer weniger entwickelten Vertragspartei vorgebracht worden, so prüfen die Vertragsparteien, welche weiteren von ihnen zu treffenden Massnahmen unter den gegebenen Umständen angemessen sind.

Überwachung

24.  Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, die Entwicklung der Handelsordnung regelmässig und systematisch zu überprüfen. Besondere Aufmerksamkeit ist dabei Entwicklungen, die die Rechte und Verpflichtungen aus dem GATT berühren, ferner Fragen, die die Interessen von weniger entwickelten Vertragsparteien berühren, handelspolitischen Massnahmen. die aufgrund dieser Vereinbarung notifiziert wurden, und allen Massnahmen zu schenken, die Gegenstand von in dieser Vereinbarung vorgesehenen Verfahren der Konsultation, Schlichtung oder Streitbeilegung waren.

Technische Hilfe

25.  Weniger entwickelte Vertragsparteien werden auf Antrag von den Dienststellen des GATT-Sekretariats für technische Hilfe bei allen Fragen unterstützt, die unter diese Vereinbarung fallen.

4 SR 0.632.21

5 Wie von den Vertragsparteien unter anderem bei der Verabschiedung des Berichts der mit der Prüfung der besonderen Schwierigkeiten im Handel mit Grundstoffen beauftragten Arbeitsgruppe (L/930) anerkannt wurde, kann auch Artikel XXV eine geeignete Grundlage für Konsultationen und für die Streitbeilegung unter bestimmten Umständen bilden.

6 Siehe Dokument des Sekretariats «Notifications required from contracting parties» (MTN/FR/W/17 vom 1. August 1978).

7 In den Fällen, in denen eine Zollunion oder ein gemeinsamer Markt Streitpartei ist, gilt diese Bestimmung für die Angehörigen aller Mitgliedsländer der Zollunion oder des gemeinsamen Marktes.

8 Die Übernahme der Reisekosten sollte im Rahmen der Budgetmöglichkeiten geprüft werden.

9 Anmerkung: In den Anhang wäre eine Erklärung über die herrschende Praxis bei der Einbeziehung von Angehörigen von Entwicklungsländern in die Sondergruppen aufzunehmen.

10 Anmerkung: Der Anhang enthält folgende Erläuterung: «In den meisten Fällen wurden die Arbeiten der Sondergruppen innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes von normalerweise drei bis neun Monaten abgeschlossen.»

Anhang

Vereinbarte Beschreibung der üblichen GATT-Praxis auf dem Gebiet der Streitbeilegung


(Artikel XXIII Absatz 2)

1.  Streitfälle, die nicht auf bilateraler Ebene im Rahmen der einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens beigelegt worden sind, können den Vertragsparteien11 vorgelegt werden, die nach Artikel XXIII Absatz 2 verpflichtet sind, die ihnen vorgelegten Angelegenheiten zu untersuchen und geeignete Empfehlungen oder Weisungen auszusprechen. Artikel XXIII Absatz 2 sagt nichts darüber aus, ob Streitfälle von einer Arbeitsgruppe oder von einer Sondergruppe zu behandeln sind.12

2.  Die Vertragsparteien haben 1966 einen Beschluss gefasst, der das Verfahren für Konsultationen nach Artikel XXIII zwischen entwickelten und weniger entwickelten Vertragsparteien regelt (BISD, Ergänzung Nr. 14, Seite 18). Dieses Verfahren sieht unter anderem vor, dass der Generaldirektor zwecks Erleichterung einer Lösung seine guten Dienste zur Verfügung stellt, dass ferner Sondergruppen eingesetzt werden, die die Probleme zwecks Empfehlung geeigneter Lösungen zu prüfen haben, und dass Fristen für die Durchführung der verschiedenen Teile des Verfahrens festgesetzt werden.

3.  Eine Sondergruppe hat normalerweise die Aufgabe, den Sachverhalt eines Falles und die Anwendbarkeit von GATT-Bestimmungen zu prüfen und zu einer objektiven Beurteilung dieser Fragen zu gelangen. In diesem Zusammenhang führen die Sondergruppen mit den Streitparteien regelmässig Konsultationen und räumen den Parteien angemessene Möglichkeiten ein, zu einer allseits zufriedenstellenden Lösung zu gelangen. Die Sondergruppen berücksichtigen die besonderen Interessen der Entwicklungsländer in angemessener Weise. Können die Parteien nicht zu einer allseits zufriedenstellenden Regelung gelangen, so unterstützen die Sondergruppen die Vertragsparteien normalerweise dabei, gemäss Artikel XXIII Absatz 2 Empfehlungen oder Weisungen auszusprechen.

4.  Die Vertragsparteien wägen zunächst sorgfältig ab, ob zur Lösung eines Falles ein Vorgehen nach Artikel XXIII Absatz 2 Erfolg verspricht. Die den Vertragsparteien nach dieser Bestimmung vorgetragenen Fälle sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zufriedenstellend geregelt worden.

Ziel der Vertragsparteien ist es stets gewesen, für einen Streitfall eine positive Lösung zu finden. Eindeutig vorzuziehen ist eine Lösung, die für alle Streitparteien annehmbar ist. Kommt es nicht zu einer allseits annehmbaren Lösung, so besteht das vorrangige Ziel der Vertragsparteien gewöhnlich darin, die Aufhebung der betreffenden Massnahmen zu erwirken, wenn festgestellt wird, dass sie mit dem Allgemeinen Abkommen unvereinbar sind. Von der Möglichkeit eines Ausgleichs sollte erst Gebrauch gemacht werden, wenn die sofortige Aufhebung der betreffenden Massnahme undurchführbar ist, und auch nur als Übergangsmassnahme bis die mit dem Allgemeinen Abkommen nicht zu vereinbarenden Massnahmen aufgehoben worden sind. Die letzte Möglichkeit, die Artikel XXIII dem Land einräumt, das sich auf dieses Verfahren beruft, besteht darin, die Erfüllung von Zugeständnissen oder sonstigen Verpflichtungen auf einer diskriminierenden Grundlage gegenüber der anderen Vertragspartei auszusetzen, sofern die Vertragsparteien solche Massnahmen genehmigen. Ein derartiges Vorgehen ist nur selten in Erwägung gezogen worden, und unter den gemäss Artikel XXIII Absatz 2 vorgelegten Fällen kam es nur in einem Fall dazu.

5.  In der Praxis haben sich die Vertragsparteien nur dann auf Artikel XXIII berufen, wenn nach ihrer Auffassung ein ihnen aus dem Allgemeinen Abkommen erwachsender Vorteil zunichte gemacht oder geschmälert wurde. In den Fällen in denen eine Verletzung der Verpflichtungen aus dem Allgemeinen Abkommen vorliegt, wird vermutet, dass ein Vorteil zunichte gemacht oder geschmälert wurde. Jede Vermutung, dass ein Vorteil zunichte gemacht oder geschmälert wurde, würde ipso facto die Prüfung der Frage erfordern, ob die Umstände schwerwiegend genug sind, um die Aussetzung von Zugeständnissen oder Verpflichtungen zu rechtfertigen, wenn die beschwerdeführende Vertragspartei dies verlangt. Mit anderen Worten, es wird normalerweise vermutet, dass ein Verstoss gegen die Regeln sich für andere Vertragsparteien nachteilig auswirkt, und es ist dann Sache der Vertragsparteien, gegen die Beschwerde geführt worden ist, die Beschwerdepunkte zu widerlegen. Absatz 1 b) ermöglicht es, auf Artikel XXIII zurückzugreifen, falls die Zunichte­machung oder die Schmälerung der Vorteile von Massnahmen herrührt, die von anderen Vertragsparteien getroffen werden, auch wenn diese Massnahmen nicht gegen das Allgemeine Abkommen verstossen, Absatz 1 c) gestattet dies auch für den Fall, dass irgendeine andere Sachlage gegeben ist. Behauptet eine Vertragspartei, die eine Angelegenheit nach Artikel XXIII vorgetragen hat, dass Massnahmen, die zu den Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens nicht im Widerspruch stehen, die ihr aus dem Allgemeinen Abkommen erwachsenden Vorteile zunichte gemacht oder geschmälert haben, so müsste sie dies im einzelnen nachweisen.

6.  Zu den üblichen Verfahrenseinzelheiten der Arbeitsgruppen und Sondergruppen ist folgendes zu bemerken:

i)
Arbeitsgruppen werden vom Rat auf Antrag einer oder mehrerer Vertragsparteien eingesetzt. Sie haben im Allgemeinen die Aufgabe, «die Angelegenheit im Lichte der einschlägigen Bestimmungen des Allgemeinen Abkommens zu prüfen und dem Rat darüber zu berichten». Die Arbeitsgruppen geben sich ihre eigenen Verfahrensregeln. Nach bisheriger Praxis halten sie eine oder zwei Sitzungen ab, um die Angelegenheit zu prüfen, sowie eine Schlusssitzung in der die Schlussfolgerungen erörtert werden. An den Sitzungen der Arbeitsgruppen kann jede Vertragspartei, die an der Angelegenheit interessiert ist, teilnehmen. In der Regel setzen sich die Arbeitsgruppen je nach Bedeutung der Frage und der berührten Interessen aus etwa fünf bis zwanzig Delegationen zusammen. Die Länder, die Streitparteien sind, gehören der Arbeitsgruppe stets als Mitglieder an und haben denselben Status wie andere Delegationen. Der Bericht der Arbeitsgruppe enthält die Auffassungen aller ihrer Mitglieder und gibt daher gegebenenfalls unterschiedliche Meinungen wieder. Da generell ein Konsens angestrebt wird, kommt es bei der Ausarbeitung des Berichts der Arbeitsgruppe in der Regel zu einem gewissen Mass von Verhandlungen und Kompromissen. Der Rat nimmt den Bericht an. Die Berichte der Arbeitsgruppen sind Stellungnahmen, auf deren Grundlage die Vertragsparteien eine endgültige Entscheidung treffen können.
ii)
Bei Streitfällen setzen die Vertragsparteien Sondergruppen (unter verschiedenen Bezeichnungen) oder Arbeitsgruppen ein, die sie bei der Prüfung der nach Artikel XXIII Absatz 2 aufgeworfenen Fragen unterstützen sollen. Seit 1952 stellen die Sondergruppen das übliche Verfahren dar. Der Rat fasst jedoch solche Beschlüsse erst, nachdem die betreffende Partei Gelegenheit gehabt hat, die Beschwerde zu prüfen und ihre Erwiderung vor dem Rat vorzubereiten. Das Mandat der Gruppen wird vom Rat erörtert und genehmigt. Normalerweise lautet ihr Mandat «die Angelegenheit zu prüfen und Feststellungen zu treffen, die es den Vertragsparteien erleichtern, nach Artikel XXIII Absatz 2 Empfehlungen oder Entscheidungen auszusprechen». Hat eine Vertragspartei die sich auf Artikel XXIII Absatz 2 beruft, Fragen im Zusammenhang mit der Aussetzung von Zugeständnissen oder anderen Verpflichtungen aufgeworfen, so haben die Gruppen das Mandat, die Angelegenheit nach Artikel XXIII Absatz 2 zu prüfen. Die Mitglieder der Sondergruppen werden gewöhnlich aus den ständigen Delegationen oder – seltener – aus den nationalen Verwaltungen der Hauptstädte unter den Delegierten ausgewählt, die regelmässig an den Tätigkeiten des GATT teilnehmen. Es ist üblich, ein oder mehrere Mitglieder aus Entwicklungsländern zu ernennen, wenn es sich um einen Streitfall zwischen einem Entwicklungs- und einem Industrieland handelt.
iii)
Von den Mitgliedern der Ausschüsse wird erwartet, dass sie unparteiisch und ohne Weisungen ihrer Regierungen handeln. In einigen wenigen Fällen sind die Parteien angesichts der Art und der Vielschichtigkeit der Angelegenheit übereingekommen, Nicht-Regierungssachverständige zu ernennen. Die Ernennungsvorschläge werden den betroffenen Parteien vom GATT-Sekretariat unterbreitet. Die Zusammensetzung der Sondergruppen (drei bzw. fünf Mitglieder je nach Fall) wird von den betroffenen Parteien einvernehmlich geregelt und vom GATT-Rat genehmigt. Es hat sich gezeigt, dass in schwierigen Fällen ein breites Spektrum an Meinungen von Vorteil ist, dass jedoch die Zahl der Mitglieder der Sondergruppen gelegentlich die Bildung der Sondergruppen und mithin das Streitbeilegungsverfahren verzögert.
iv)
Die Sondergruppen geben sich ihre eigenen Verfahrensregeln. Nach bisheriger Praxis halten sie zwei oder drei formelle Sitzungen mit den betroffenen Parteien ab. Sie fordern die Parteien auf, ihren Standpunkt entweder schriftlich und/oder mündlich in Anwesenheit der anderen Partei darzulegen. Die Sondergruppe kann beiden Parteien zu jeder Angelegenheit, die sie für den Streitfall als erheblich ansieht, Fragen stellen. Gelegentlich nehmen Sondergruppen auch die Auffassungen von Vertragsparteien entgegen, die ein wesentliches Interesse an der Angelegenheit haben, ohne an dem Streitfall direkt beteiligt zu sein, die aber im Rat den Wunsch äussern, ihre Auffassungen darzulegen. Die den Sondergruppen vorgelegten Aufzeichnungen gelten als vertraulich, werden den Streitparteien Jedoch zur Verfügung gestellt. Die Sondergruppen holen oft bei Quellen, die sie für geeignet halten, Auskünfte ein; sie konsultieren gelegentlich Sachverständige, um deren fachlichen Rat zu bestimmten Aspekten der Angelegenheit einzuholen. Die Sondergruppen können Gutachten anfordern oder das Sekretariat als Hüter des Allgemeinen Abkommens um Unterstützung ersuchen, insbesondere in historischen oder verfahrenstechnischen Fragen. Das Sekretariat stellt die technischen und Sekretariatsdienste für die Sondergruppen.
v)
Gelangen die Parteien nicht zu einer allseits zufriedenstellenden Lösung, so legt die Sondergruppe schriftlich dar, zu welchen Feststellungen sie gelangt ist. Der Bericht der Sondergruppen legt normalerweise den Sachverhalt, die Anwendbarkeit der einschlägigen Bestimmungen sowie die grundsätzliche Rechtfertigung der Feststellungen und Empfehlungen dar. Ist für die Angelegenheit eine bilaterale Regelung gefunden worden, so begnügt sich die Sondergruppe in ihrem Bericht damit, den Fall kurz zu beschreiben und darauf hinzuweisen, dass eine Lösung gefunden worden ist.
vi)
Die Berichte der Sondergruppen werden in Abwesenheit der Parteien und im Lichte der eingeholten Auskünfte und abgegebenen Erklärungen erstellt.
vii)
Um zwischen den Parteien das Zustandekommen einer allseits zufriedenstellenden Lösung zu fördern und um Stellungnahmen der Parteien einholen zu können, unterbreitet jede Sondergruppe normalerweise zunächst den betroffenen Parteien den beschreibenden Teil ihres Berichts sowie ihre Schlussfolgerungen oder eine Zusammenfassung davon, wobei sie eine angemessene Frist vorsieht, bevor sie die Mitteilung den Vertragsparteien zuleitet.
viii)
Gemäss dem von den Vertragsparteien erteilten Mandat äussern sich die Sondergruppen zu der Frage, ob die geprüfte Massnahme gegen bestimmte Regeln des Allgemeinen Abkommens verstösst. Auf Ersuchen der Vertragsparteien fertigen die Sondergruppen auch Entwürfe von Empfehlungen an die Parteien. In anderen Fällen wiederum wurden die Sondergruppen aufgefordert, ihren fachlichen Rat zu bestimmten Aspekten der Angelegenheit zu erteilen (beispielsweise zu den Modalitäten der Zurücknahme oder Aussetzung im Zusammenhang mit dem betreffenden Handelsvolumen). Die von den Mitgliedern der Sondergruppen geäusserten Meinungen sind nicht namentlich; die Beratungen der Sondergruppen sind geheim.
ix)
Obgleich die Vertragsparteien niemals genaue Fristen für die einzelnen Verfahrensphasen festgelegt haben – wahrscheinlich weil die den Sondergruppen unterbreiteten Fragen unterschiedlich komplex und dringlich sind – wurden die Arbeiten der Ausschüsse in den meisten Fällen innerhalb eines vertretbaren Zeitraumes von normalerweise drei bis neun Monaten abgeschlossen.

Der in Absatz 2 genannte Beschluss der Vertragsparteien von 1966 bestimmt in seinem Absatz 7, dass die Sondergruppe binnen sechzig Tagen, nachdem ihr die Frage vorgelegt worden ist, darüber berichtet.

11 Der Rat ist befugt, entsprechend der normalen GATT-Praxis für die Vertragsparteien zu handeln.

12 Auf der Revisionstagung (1955) wurde der Vorschlag zur Institutionalisierung der Verfahren der Sondergruppen von den Vertragsparteien in erster Linie deswegen verworfen, weil sie die bestehende Situation beizubehalten und keine Rechtsprechungsverfahren, die eine übermässige Belastung des GATT bedeuten könnten, einzuführen wünschten.