0.721.809.349.1

AS 1964 1247; BBl 1963 II 708

Übersetzung1

Abkommen
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und der Französischen Republik
über den Ausbau der Wasserkräfte bei Emosson

Abgeschlossen am 23. August 1963
Von der Bundesversammlung genehmigt am 21. Februar 19642
Ratifikationsurkunden ausgetauscht am 15. Dezember 1964
In Kraft getreten am 15. Dezember 1964

1 Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.

2 Art. 1 Ziff. 1 des BB vom 21. Febr. 1964 (AS 1964 1245)

Der Schweizerische Bundesrat
und
der Präsident der Französischen Republik,

Im Hinblick auf ein gleichzeitig eingereichtes Verleihungsgesuch, welches darauf zielt, die Wasserkräfte mehrerer in Frankreich, im Departement Hochsavoyen, und in der Schweiz, im Kanton Wallis, gelegener Gewässer in einem und demselben hydroelektrischen Werksystem zu nutzen,

In der Erkenntnis, dass der vorgeschlagene Ausbau3 in seiner generellen Anlage der zweckmässigen Nutzbarmachung der Wasserkräfte der betreffenden französischen und schweizerischen Gewässer entspricht und für beide Staaten von grösstem Interesse ist, dass jedoch Ausbau und Nutzung dieser Wasserkräfte Gegenstand eines, die Unterschiede in der Gesetzgebung der beiden Staaten berücksichtigenden, internationalen Abkommens bilden sollen,

In Anbetracht, dass Frankreich und die Schweiz daher dafür besorgt sein sollen, die zum Ausbau und zur Nutzung der Wasserkraft erforderlichen Anlagen durch einen einzigen Beliehenen ausführen zu lassen und die verfügbare Energie unter sich zu verteilen, wobei es nachher jedem Teil freistehen soll, die ihm zufallende Energie nach seinem Ermessen und nach den Grundsätzen seiner eigenen Gesetzgebung zu verwenden,

Sind zu diesem Zweck übereingekommen, ein Abkommen abzuschliessen, und haben zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)

Diese haben nach Mitteilung ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten folgendes vereinbart:

3 Der dazugehörige Plan des Emosson-Projekts, publiziert in AS 1964 1258, wird in dieser Sammlung nicht wiedergegeben.

Abschnitt A Errichtung und Betrieb der Anlagen


Art. 1

1.  Gegenstand des vorliegenden Abkommens ist, unter Vorbehalt der in dem einen oder anderen Land bestehenden Rechte, die Nutzbarmachung der Wasserkraft

von in Frankreich gefasstem Wasser aus den Gletschern Ruan und Prazon, den Tälern Bérard und Tré les Eaux sowie den Gletschern La Pendant, Lognan, Argentère und Tour,
von in der Schweiz gefasstem Wasser aus dem oberen Val Ferret, den Wildbächen Treutse-Bo, Planereuse und Saleina, dem Val d’Arpette, dem Wildbach Jure, dem Trient, dem Nant-Noir, dem Pécheux und der Barberine.

Die betreffenden Gewässer werden in zwei aufeinanderfolgenden Zentralen genutzt, wovon die eine, genannt Le Châtelard, auf französischem Gebiet am rechten Ufer der Eau Noire, unmittelbar an der französisch-schweizerischen Grenze, die andere, genannt La Bâtiaz, in der Schweiz am linken Ufer der Rhone gelegen ist; das genutzte Wasser wird der Rhone ungefähr auf Kote 453 zugeleitet.

Durch Errichtung einer Talsperre in der Barbenineschlucht am Ausgang des Tal­kessels von Emosson wird ein ganz auf Schweizer Gebiet gelegenes Staubecken geschaffen, das eine Akkumulierung des zufliessenden oder durch Pumpen zugeleiteten, obgenannten schweizerischen und französischen Wassers ermöglicht. Die Stauspiegelkote des Staubeckens wird ungefähr 1930 sein.

2.  Das vorliegende Abkommen findet keine Anwendung auf dasjenige Wasser, welches dem bestehenden Stausee Barberine schon heute auf natürliche Weise zufliesst oder diesem künstlich zugeleitet wird.

Frankreich anerkennt das Recht der Schweiz, dieses sowie Wasser, welches als Naturalersatz für anderwärts entzogenes Wasser bestimmt ist, im Staubecken Emosson zu speichern.

Frankreich anerkennt ferner das Recht der Schweiz, im Staubecken Emosson auch noch anderes in der Schweiz gefasstes Wasser zu speichern, unter der Voraussetzung, dass der Vollzug des vorliegenden Abkommens nicht behindert wird.

Art. 2

Die generellen Projekte und Pläne der Anlagen sind vom Beliehenen aufzustellen; sie sind den beiden Hohen Vertragsparteien mit allen nützlichen Unterlagen zu unterbreiten und dürfen erst nach Genehmigung durch die beiden Hohen Vertragsparteien ausgeführt werden.

Die Anlagen werden den Sicherheitsvorschriften desjenigen Staates unterworfen, auf dessen Gebiet sie errichtet werden.

Art. 3

Die Anlagen dürfen erst nach vorherigem Einverständnis der beiden Hohen Vertragsparteien in Betrieb genommen werden; sie sind vom Beliehenen zu unterhalten und zu bedienen.

Die Bedienung der Hochwasserentlastungs- oder der Entleerungsorgane hat nach einem von den beiden Hohen Vertragsparteien genehmigten Reglement zu erfolgen.

Ausgenommen im Falle einer von den schweizerischen Behörden für drohend gehaltenen Gefahr darf ohne Einverständnis der zuständigen Behörden beider Staaten keine Entleerung des Staubeckens Emosson ausserhalb der normalen Betriebsbedingungen desselben erfolgen.

Der Beliehene ist durch die Verleihungen zu verpflichten, unterhalb der Talsperre und der Wasserfassungen die zur Wahrung der öffentlichen Interessen als erforderlich betrachteten Wassermengen abfliessen zu lassen, insbesondere was die öffent­liche Gesundheit, die Wasserversorgung der Uferanwohner, die Bewässerung, die Erhaltung des Fischbestandes und die Ermöglichung der Fischwanderung sowie den Natur- und Heimatschutz betrifft.

Die beiden Hohen Vertragsparteien behalten sich vor, dem Beliehenen zur Wahrung dieser Interessen zusätzliche Verpflichtungen aufzuerlegen.

Art. 4

Die beiden Hohen Vertragsparteien behalten sich das Recht vor, Bau und Betrieb der Anlagen gemeinsam zu überwachen und gegebenenfalls im gegenseitigen Einverständnis alle Änderungen der zuvor genehmigten Projekte und Pläne zu bewilligen oder vorzuschreiben.

Zu diesem Zweck werden die beiden Hohen Vertragsparteien eine ständige Aufsichtskommission bilden, worin jede durch eine aus Beamten und Experten der interessierten Verwaltungen der beiden Staaten bestehende Delegation vertreten sein wird.

Aufgabe dieser Kommission wird es im besonderen sein, die Bauprojekte und -pläne im Hinblick auf ihre Genehmigung durch die beiden Hohen Vertragsparteien zu prüfen, während der Bau- und Betriebszeit die Arbeiten und Anlagen zu besichtigen, um sich zu vergewissern, dass sie den genehmigten Projekten und Plänen sowie den Verleihungsurkunden entsprechen, und ganz allgemein sämtliche Fragen zu prüfen, welche gleichzeitig für die Handhabung der Verleihungen der beiden Hohen Vertragsparteien von Interesse sind. Die Ergebnisse der Arbeiten der Kommission sind in Protokollen festzuhalten, welche den zuständigen Behörden der beiden Staaten zu unterbreiten sind, um allfällig notwendige Entscheidungen zu treffen.

Die ständige Aufsichtskommission wird stets freien Zutritt zu den verschiedenen Anlagen des Beliehenen haben. Jede der Hohen Vertragsparteien wird alle Erleichterungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben gewähren.

Abschnitt B Aufteilung der Energie unter die beiden Staaten


Art. 5

1.  Die beiden Hohen Vertragsparteien sind sich in der Annahme einig, dass die natürliche Wasserkraft der Gewässer, auf welche das vorliegende Abkommen gemäss seinem Artikel 1 Anwendung findet, für das durch jeden der beiden Staaten zugeleitete Wasser einer gleichen mittleren Bruttoleistung entspricht.

2.  Sie kommen überein, dass die beiden Staaten jederzeit gleiche Rechte zur Nutzung der Werkanlagen und des verfügbaren Akkumulierraumes im Staubecken Emosson haben; unter diesem verfügbaren Akkumulierraum ist der Gesamtinhalt des Staubeckens nach Abzug des Inhaltes zu verstehen, der den von Frankreich in Ziffer 2 des oben erwähnten Artikels 1 anerkannten Rechten der Schweiz entspricht.

3.  Für die Aufteilung der in den Kraftwerken Le Châtelard und La Bâtiaz erzeugten elektrischen Energie unter die beiden Staaten gelten folgende Bestimmungen:

a.
Die allein durch Nutzung der natürlichen Wasserkraft der oben in Ziffer 1 erwähnten Gewässer erzeugte elektrische Energie wird Jederzeit als zur Hälfte auf dem Gebiet Jedes der beiden Staaten erzeugt betrachtet, gleichgültig ob diese Energie als Laufenergie oder durch Entnahme von im Staubecken Emosson gespeichertem Wasser erzeugt wird, und ohne die Verpflichtung, sie im Augenblick ihrer Erzeugung wirklich im gleichen Verhältnis auf das Gebiet des einen oder anderen Staates abzugeben;
b.
die zusätzlich erzeugte elektrische Energie, die im Kraftwerk Le Châtelard infolge künstlicher Erhöhung der Triebkraft des Wassers, dank vorheriger Speicherung im Staubecken Emosson, aus von unterhalb dieses Beckens zugeleitetem und in dasselbe hinaufgepumptem Wasser gewonnen wird, wird als Energie betrachtet, welche auf dem Gebiet jedes der beiden Staaten im Verhältnis der von jedem von ihnen gelieferten Pumpenergiemenge erzeugt wurde. Jeder Staat kann verlangen, dass sein Anteil an dieser zusätzlichen elektrischen Energie im Augenblick der Erzeugung auf sein Gebiet geliefert wird.

4.  Die zur Erfüllung der Verpflichtungen und zur Deckung des Eigenbedarfs des Beliehenen notwendige Energie ist zu gleichen Teilen von jedem der beiden Staaten zu liefern.

5.  Auf Ende jedes Jahres oder des von den beiden Hohen Vertragsparteien für geeigneter befundenen Zeitabschnittes wird der in Artikel 4 oben vorgesehenen ständigen Aufsichtskommission der Ablauf des im Rahmen des vorliegenden Abkommens zwischen den beiden Staaten erfolgten Energieverkehrs zwecks Prüfung seiner Übereinstimmung mit den vorausgehenden Bestimmungen zur Kenntnis gebracht. Falls diese Übereinstimmung nicht feststeht, wird die Kommission den beiden Hohen Vertragsparteien die nötigen Vorschläge zur Regelung der Sachlage unterbreiten.

Art. 6

Jeder Staat kann über die ihm zukommende Energie in jeder ihm nützlich erscheinenden Form und unter beliebigen Bedingungen verfügen.

Die auf dem Gebiet eines Staates erzeugte und entsprechend den Bestimmungen des Artikels 5 Ziffern 3 und 4 im andern Staat verwendete Energie ist im ersten Staat von allen Gebühren, Abgaben oder öffentlich-rechtlichen Beschränkungen irgendwelcher Art befreit, so dass diese Energie in den zweiten Staat hinübergeleitet werden kann und in jeder Beziehung gleichgestellt ist, wie wenn sie auf dem Gebiet des letzteren erzeugt worden wäre.

Derjenige Staat, der für die ihm zukommende Energie oder einen Teil derselben auf seinem Gebiet keine Verwendung haben sollte, wird der Ausfuhr der aus diesem Grunde verfügbaren Energie in das andere Staatsgebiet, vorbehältlich der Einhaltung der diesbezüglich geltenden gesetzlichen Bestimmungen, kein Hindernis in den Weg legen.

Insofern notwendig, wird jeder Staat auf seinem Gebiet, soweit irgendwie möglich, die Errichtung und Benutzung der für die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen erforderlichen Anlagen zum Energietransport durch den andern Staat erleichtern.

Abschnitt C Den Beliehenen betreffende Bestimmungen


Art. 7

Beliehener kann nur eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz und zusätz­lichem Rechtsdomizil in Frankreich sein.

Diese Gesellschaft untersteht dem schweizerischen Recht, insofern im vorliegenden Abkommen und in den Verleihungsurkunden nichts Gegenteiliges bestimmt wird.

Art. 8

Das Gesellschaftskapital ist je zur Hälfte auf eine in der Schweiz und eine in Frankreich zugelassene Aktionärgruppe zu verteilen.

Art. 9

Die Statuten und die Änderungen derselben sind den beiden Hohen Vertragspartelen mitzuteilen. Dasselbe gilt für Verträge betreffend die Rechte und Pflichten des Beliehenen gegenüber den Aktionären.

Art. 10

Jede Aktionärgruppe hat Anspruch auf eine gleiche Anzahl Stimmen und Vertreter in den Organen der Gesellschaft. Jede der beiden Hohen Vertragsparteien kann einen Kommissär ernennen, der befugt ist, an den Generalversammlungen sowie den Sitzungen der mit der Verwaltung der Gesellschaft beauftragten Organe mit beratender Stimme teilzunehmen.

Abschnitt D Die Verleihungen betreffende Bestimmungen


Art. 11

Die Rechte für die Nutzbarmachung der Wasserkräfte werden für jedes Staatsgebiet durch die hiefür zuständigen Behörden verliehen, entsprechend der im betreffenden Staat geltenden Gesetze und Reglemente, soweit die Ausführung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens dem nicht entgegensteht.

Art. 12

Den beiden Verleihungen ist das gleiche, die Gesamtheit des Ausbaues betreffende Projekt zugrunde zu legen; die von jedem Staat zu erteilende Verleihung soll die Nutzung der Wasserkraft der auf seinem Gebiet gelegenen Gewässerstrecken zum Gegenstand haben.

Die Verleihungsbedingungen sind in allen die Interessen der beiden Staaten berührenden Punkten übereinstimmend festzusetzen, vor allem, was die Fristen für den Baubeginn und die Inbetriebnahme der Zentralen, die Gebühren und Abgaben, den Rückkauf, den Heimfall der Anlagen an jeden der beiden Staaten am Ende der Verleihung und die eventuelle Erneuerung der beiden Verleihungen betrifft.

Die beiden Hohen Vertragsparteien werden einander von ihren Entschliessungen in bezug auf die Verleihungsurkunden in Kenntnis setzen, und jede der beiden Ver­leihungen wird nur dann Rechtswirksamkeit erlangen, wenn die beiden Hohen Vertragsparteien ihr Einverständnis mit den aufgestellten Bedingungen erklärt haben.

Dasselbe gilt für jeden späteren Beschluss betreffend die Abänderung der genannten Bedingungen, die Einschränkung oder den Rückzug der im gegenseitigen Einverständnis verliehenen Rechte.

Die beiden Verleihungen werden am 31. Dezember des achtzigsten Jahres nach dem von den beiden Hohen Vertragsparteien für die Inbetriebnahme der beiden Zentralen festgesetzten Zeitpunkt ablaufen oder, wenn diese Zeitpunkte verschieden sind, dem späteren der beiden.

Art. 13

Bei Nichtvollendung der Arbeiten, bei Unterbrechung des Betriebes der Anlagen oder bei Vorliegen eines andern in den Verleihungsurkunden erwähnten Verwirkungsgrundes werden die beiden Hohen Vertragsparteien im gegenseitigen Einverständnis diejenigen Massnahmen treffen, die sie als für die Sachlage und gegebenenfalls für die Erteilung neuer Verleihungen am zweckmässigsten erachten.

Art. 14

Wenigstens zehn Jahre vor Ablauf der Verleihungsdauer werden die beiden Hohen Vertragsparteien Verhandlungen aufnehmen, um sich darüber zu verständigen, ob die Anlagen weiter betrieben werden sollen; im Bejahungsfalle wird die Energieverteilung unter den beiden Staaten gemäss Artikel 5 des vorliegenden Abkommens beibehalten, und die Bedingungen der neuen Nutzungsordnung werden demgemäss festgesetzt. Sollte der Betrieb nicht fortgesetzt werden, so werden die beiden Hohen Vertragsparteien im gegenseitigen Einverständnis diejenigen Massnahmen treffen, die sie für die Sachlage als am zweckmässigsten erachten.

Abschnitt E Bestimmungen wirtschaftlicher und fiskalischer Natur


Art. 15

Soweit irgendwie möglich und bei annähernd gleichen wirtschaftlichen Bedingungen sind die Bauaufträge und die Bestellungen von Bau‑, Rohstoffen und Materialien für den laut vorliegendem Abkommen vorgesehenen Ausbau der Wasserkräfte zu gleichen Teilen auf die beiden Länder zu verteilen.

Die beiden Hohen Vertragsparteien werden, soweit notwendig, die erforderlichen Massnahmen treffen, damit ihre Staatsangehörigen ohne Unterschied für die auszuführenden Arbeiten auf dem Gebiet des einen oder des andern Staates verwendet werden können.

Art. 16

Für die Ausführung der Arbeiten sowie für den Unterhalt, die Überwachung und den Betrieb der Anlagen werden die beiden Hohen Vertragsparteien

a.
keine Einfuhr- oder Ausfuhrzölle auf den zum Verbrauch während der Arbeiten oder zum Einbau in die Anlagen benötigten, aus dem andern Staat stammenden und eingeführten Bau-, Rohstoffen und Materialien erheben;
b.
die aus dem andern Staat eingeführten, für die Durchführung der Arbeiten benötigten Materialien vorübergehend auf ihrem Gebiet ohne Erhebung von Zollgebühren zulassen;
c.
die genannten Bau-, Rohstoffe und Materialien ohne Anwendung wirtschaftlicher Ein- oder Ausfuhrverbote oder -beschränkungen zulassen.
Art. 17

Die beiden Hohen Vertragsparteien werden dem Zahlungsverkehr zwischen den beiden Staaten, der sich in Ausführung der Bestimmungen des vorliegenden Abkommens ergibt, kein Hindernis entgegenstellen und diesbezüglich keine Gebühr erheben.

Art. 184

Die sich aus der Anwendung des vorliegenden Abkommens ergebenden Steuerfragen werden durch die Bestimmungen des mit Zusatzabkommen vom 3. Dezember 1969 geänderten französisch-schweizerischen Abkommens vom 9. September 19665 zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem (gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen in der im Zeitpunkt des französisch-schweizerischen Notenaustausches vom 9. Mai und 11. Juli 1978 massgeblichen Fassung geregelt.

Die Kündigung des 1969 geänderten Abkommens von 1966 beendigt die Anwendung seiner Bestimmungen auf die sich aus der Anwendung des vorliegenden Abkommens ergebenden Steuerfragen nicht.

Sollten das Abkommen von 1966 und das Zusatzabkommen von 1969 geändert oder durch ein neues Abkommen ersetzt werden, so können die beiden Hohen Vertragsparteien durch Notenaustausch vereinbaren, auf den von den beiden Regierungen Beliehenen die aus der Änderung hervorgehenden neuen Bestimmungen so lange anzuwenden, als diese neuen Bestimmungen in Kraft stehen.

4 Fassung gemäss Notenaustausch vom 9. Mai/11. Juli 1978 (AS 1978 1382).

5 SR 0.672.934.91

Art. 19

Die beiden Hohen Vertragsparteien werden sich über die Anwendung jeder von einem der beiden Staaten getroffenen Massnahmen allgemeingültiger Natur ins Einvernehmen setzen, die zu einer Änderung der Lage der beiden Staaten bezüglich der Anwendung des vorliegenden Abkommens führen würde.

Abschnitt F Nutzung des französischen Wassers durch die Schweiz unterhalb der Kraftwerksgruppe



Art. 20

Frankreich anerkennt das Recht der Schweiz, über das in Frankreich gefasste und dem Staubecken Emosson zugeleitete Wasser unterhalb der Kraftwerksgruppe, die Gegenstand des vorliegenden Abkommens bildet, unter Vorbehalt folgender Bestimmungen frei zu verfügen:

Das aus dem Flussgebiet der Arve stammende, in das Staubecken Emosson abgeleitete und in den Zentralen Le Châtelard und La Bâtiaz genutzte Wasser (nördliches und südliches Fassungs- und Zuleitungssystem) soll im Genfersee zurückbehalten werden, um dann in Genf, auf Verlangen der zuständigen französischen Behörden zur Verbesserung der Nutzungsmöglichkeiten des Rhonewassers in Frankreich, besonders hinsichtlich der Schiffahrt, abgegeben zu werden.

Der so im Genfersee verfügbare Wasservorrat darf das einer Wasserschicht von 150 mm entsprechende Volumen nicht überschreiten.

Um die gegenwärtigen Verhältnisse hinsichtlich der Nieder- und Hochwasserstände des Genfersees aufrechtzuerhalten und um die Nutzung der vorgenannten zusätz­lichen Wasserabgaben in den Kraftwerken La Colouvrenière, Verbois und Chancy-Pougny zu erleichtern, werden die Speicherungen im Genfersee und die zusätzlichen Wasserabgaben in Genf gewissen Einschränkungen unterworfen werden können.

Die zuständigen Behörden beider Staaten werden im gegenseitigen Einverständnis die erforderlichen Ausführungsbestimmungen aufstellen.

Abschnitt G Erledigung von Streitigkeiten


Art. 21

Jede Streitigkeit über die Auslegung oder die Anwendung des vorliegenden Abkommens oder einer der in diesem Abkommen genannten Verleihungen ist, sofern sie nicht innert einer angemessenen Frist auf diplomatischem Wege erledigt werden kann, auf Begehren der einen oder der andern der beiden Hohen Vertragsparteien einem Schiedsgericht zu unterbreiten.

Art. 22

Das Schiedsgericht soll in jedem einzelnen Fall auf folgende Weise zusammengesetzt sein: Jede Hohe Vertragspartei wird einen unter ihren eigenen Staatsangehörigen ausgewählten Schiedsrichter bezeichnen. Die beiden derart bezeichneten Schiedsrichter werden einen Obmann ernennen, der einem dritten Staat angehört.

Sind die Schiedsrichter und der Obmann nicht innert zwei Monaten nach Stellung des in Artikel 21 genannten Begehrens bezeichnet worden, so kann jede Hohe Vertragspartei beim Präsidenten des Internationalen Gerichtshofes um die notwendigen Ernennungen nachsuchen. Falls der Präsident die Staatsangehörigkeit einer der Hohen Vertragsparteien haben oder aus einem anderen Grunde verhindert sein sollte, so soll der Vizepräsident um die Vornahme der erforderlichen Ernennungen ersucht werden.

Ist dieser verhindert oder Staatsangehöriger einer der Hohen Vertragsparteien, so werden die Ernennungen vom ältesten Mitglied des Gerichtshofes vorgenommen, das nicht Staatsangehöriger einer der Hohen Vertragsparteien sein darf.

Art. 23

Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind für die Parteien verbindlich. Jede Streitigkeit, die zwischen den Hohen Vertragsparteien wegen der Auslegung oder der Vollstreckung des Schiedsspruches entstehen könnte, unterliegt der Beurteilung des Schiedsgerichtes, das den Spruch erlassen hat.

Die Entschädigung der Schiedsrichter und die Auslagen für das Schiedsgericht werden zu gleichen Teilen von Frankreich und der Schweiz getragen.

In allen anderen Punkten ordnet das Gericht das Verfahren selbst.

Abschnitt H Gebietsaustausch


Art. 24

Die beiden Hohen Vertragsparteien kommen überein, ein Abkommen über die Abänderung der französisch-schweizerischen Grenzlinie zwischen dem Kanton Wallis und dem Departement Hochsavoyen in den Tälern der Barberine und der Eau-Noire zu schliessen6, so dass die Talsperre und das Staubecken Emosson ganz auf Schweizer Gebiet und die Zentrale Le Châtelard ganz auf französisches Gebiet zu liegen kommen. Diese Abänderung bedingt den Austausch von Gebieten gleicher Fläche.

Die in bezug auf den Ausbau der Wasserkräfte zuständigen Dienststellen der beiden Staaten werden in einem gemeinsam erstellten Protokoll offiziell feststellen, dass die beliehene Gesellschaft alle notwendigen Massnahmen zur Ausführung der Bauarbeiten für die Kraftwerksanlagen von Emosson getroffen hat, und dass sie bereit ist, mit dem Bau zu beginnen. Das Protokoll wird insbesondere das Datum des Baubeginnes festsetzen.

Art. 25

Für den Fall, dass das vorliegende Abkommen nicht vollständig verwirklicht werden kann, kommen die beiden Hohen Vertragsparteien überein, dass die Gebiete, die Gegenstand des in Artikel 24 genannten Gebietsaustausches sind, zu keinem andern als dem im vorliegenden Abkommen vorgesehenen Zweck benützt werden sollen, sofern keine neue diesbezügliche Vereinbarung zwischen den beiden Staaten abgeschlossen wird.

Abschnitt I Schlussbestimmungen


Art. 26

Das vorliegende Abkommen wird ratifiziert, und die Ratifikationsurkunden werden in Paris ausgetauscht. Es tritt am Tage des Austausches der Ratifikationsurkunden in Kraft.

Vorbehältlich wohlerworbener Rechte des Beliehenen, kann das Abkommen von jeder der Hohen Vertragsparteien unter Einhaltung einer Frist von mindestens sechs Monaten gekündigt werden, wenn mit den Bauarbeiten für die Kraftwerksanlagen von Emosson nicht innert zehn Jahren seit Inkrafttreten dieses Abkommens begonnen worden ist.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Staaten das vorliegende Abkommen unterzeichnet.

Geschehen zu Sitten am 23. August 1963 in zwei Originalexemplaren in französischer Sprache.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für die
Französische Republik:

Bindschedler

Jordan

Briefwechsel vom 23. August 1963

Französische Republik

Sitten, den 23. August 1963

Ministerium für auswärtige Angelegenheiten

Direktion der wirtschaftlichen

und finanziellen Angelegenheiten

Herr Präsident,

Ich beehre mich, den Empfang Ihres Schreibens zu bestätigen, worin Sinn und Tragweite von Artikel 1 Ziffer 2 des heute abgeschlossenen französisch-schweize­rischen Abkommens wie folgt präzisiert werden:

«1.
Das bestehende hydroelektrische Kraftwerk Barberine, dessen Staumauer und Stausee durch das Staubecken Emosson unter Wasser gesetzt werden, sowie die Kraftwerke am Trient und in Vernayaz bleiben erhalten und werden von den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) weiterbetrieben. Das Recht der SBB zur Einrichtung von Pumpen in ihren Kraftwerken Barberine und am Nant de Drance zwecks Einlagerung von Wasser im Staubecken Emosson bzw. in demjenigen von Vieux Emosson, über welches sie in Le Châtelard bzw. im Staubecken Emosson verfügen, bleibt vorbehalten. Die Regelung der Nutzungsrechte der SBB bleibt für alle Zeiten ausschliesslich Sache der Schweiz.
2.
Die SBB verfügen im Staubecken Emosson
a.
über eine alljährliche Wassermenge, entsprechend
den mittleren jährlichen Zuflüssen zum bestehenden Stausee Barberine aus den Einzugsgebieten der Barberine, des Nant de Drance und des Triège sowie aus der Gegend des Bel’Oiseau, ohne Abzug der Überlaufwassermengen dieser Akkumulierung, sowie
den mittleren Jährlichen Wassermengen, welche durch die Kraftwerksanlagen Emosson den bestehenden Wasserfassungen der SBB am Trient, an der Eau Noire und am Pécheux entzogen werden, verringert im Verhältnis der Erhöhung des Nutzgefälles;
b.
über einen Stauraum, entsprechend
dem Volumen der Stauanlage Barberine im jetzigen Zustand mit Einschluss des toten Raumes, sowie
einem zusätzlichen Volumen von 17 Millionen m3.
3.
Die Schweizerische Verleihung wird die nötigen Bestimmungen über die Wiederherstellung der Wasserfassungen und der wasserführenden Anlagen des Kraftwerkes Barberine sowie über die Sicherstellung des Betriebes der SBB-Kraftwerke aufstellen.
4.
Die vorstehenden Bestimmungen sind auch zugunsten der Rechtsnachfolger der SBB anwendbar.»

Ich bestätige Ihnen hiemit mein Einverständnis mit diesen Ausführungen und versichere Sie, Herr Präsident, meiner hohen Wertschätzung.

Jordan

Eidgenössisches Politisches Departement

Sitten, den 23. August 1963

Der Präsident

der Schweizerischen Verhandlungsdelegation

Herr Präsident,

Ich beehre mich, den Empfang Ihres Schreibens zu bestätigen, in dem der Sinn und die Tragweite der Artikel 6 und 17 des heute in Sitten abgeschlossenen französisch-schweizerischen Abkommens über den Ausbau der Wasserkräfte bei Emosson wie folgt näher umschrieben werden.

Es besteht Einverständnis darüber, dass die Bestimmungen des Artikels 6 des Abkommens auf die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, die in den beiden Vertragsstaaten erhoben werden, keine Anwendung finden und dass die Bestimmungen des Artikels 17 des Abkommens in der Schweiz der Erhebung der eidgenössischen Stempelabgaben, mit Einschluss der Stempelabgabe auf Coupons7, und der Verrechnungssteuer nicht entgegenstehen.

Ich bestätige meine Zustimmung zum Vorstehenden und versichere Sie, Herr Präsident, meiner hohen Wertschätzung.

Bindschedler

7 Die Stempelabgabe auf Coupons wird nicht mehr erhoben (Art. 71 Abs. 1 des BG vom 13. Okt. 1965 über die Verrechnungssteuer – SR 642.21).