831.131.11
Bundesbeschluss
über die Rechtsstellung der Flüchtlinge
und Staatenlosen in der Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung1
vom 4. Oktober 1962 (Stand am 1. Januar 1997)
Die Bundesversammlung der Schweizerischen Eidgenossenschaft,
gestützt auf Artikel 34quater der Bundesverfassung2, im Hinblick
auf das Abkommen vom 28. Juli 19513 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge,
nach Einsicht in eine Botschaft des Bundesrates vom 19. Januar 19624,
beschliesst:
1 Flüchtlinge mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf ordentliche Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie auf ordentliche Renten und Hilflosenentschädigungen der Invalidenversicherung. Das Erfordernis des Wohnsitzes und des gewöhnlichen Aufenthalts ist von jeder Person, für die eine Rente ausgerichtet wird, einzeln zu erfüllen.
2 Flüchtlinge mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf ausserordentliche Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der Invalidenversicherung, wenn sie sich unmittelbar vor dem Zeitpunkt, von welchem an die Rente verlangt wird, ununterbrochen fünf Jahre in der Schweiz aufgehalten haben.
1 Erwerbstätige Flüchtlinge mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung, wenn sie unmittelbar vor dem Eintritt der Invalidität Beiträge an die Invalidenversicherung entrichtet haben.
2 Die Nichterwerbstätigen sowie die minderjährigen Kinder mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz haben als Flüchtlinge unter den gleichen Voraussetzungen wie Schweizer Bürger Anspruch auf Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung, wenn sie sich unmittelbar vor Eintritt der Invalidität ununterbrochen während mindestens eines Jahres in der Schweiz aufgehalten haben. Den minderjährigen Kindern mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz steht dieser Anspruch überdies zu, wenn sie in der Schweiz invalid geboren sind oder sich seit der Geburt ununterbrochen in der Schweiz aufgehalten haben.
3 Den in der Schweiz invalid geborenen Kindern gleichgestellt sind Kinder mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in der Schweiz, die im Ausland invalid geboren sind und deren Mutter sich dort unmittelbar vor der Geburt während höchstens zwei Monaten aufgehalten hat. Der Bundesrat regelt, in welchem Umfang die Invalidenversicherung die Kosten zu übernehmen hat, die sich im Ausland wegen der Invalidität ergeben haben.
1 Flüchtlinge, welche die Schweiz verlassen haben und Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in einem Land haben, mit dem die Schweiz eine Vereinbarung über Alters‑, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung abgeschlossen hat, sind in ihren Ansprüchen auf ordentliche Renten der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung sowie der schweizerischen Invalidenversicherung den Angehörigen des Wohnsitzstaates gleichgestellt.
2 Flüchtlingen mit Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland, auf welche Absatz 1 nicht anwendbar ist, können die Beiträge gemäss Artikel 18 Absatz 3 des Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHVG)8 rückvergütet werden.
Die Bestimmungen der Artikel 1–3 sind gleicherweise auf Staatenlose anwendbar.
1 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses.
2 Leistungen der Invalidenversicherung sowie Alters- und Hinterlassenenrenten, die an die Stelle von Invalidenrenten treten, können auf Grund dieses Beschlusses auch für die Zeit vor dessen Inkrafttreten beansprucht werden, wobei die Fristen für die Anmeldung der Ansprüche frühestens vom Inkrafttreten dieses Beschlusses an zu laufen beginnen.
3 Der Bundesrat ist mit dem Vollzug beauftragt und wird ermächtigt, den von der Schweiz zu Artikel 24 Ziffer 1 Buchstaben a und b sowie Ziffer 3 des Abkommens vom 28. Juli 195110 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge gemachten Vorbehalt, soweit er die Alters- und Hinterlassenenversicherung betrifft, zurückzuziehen.
4 Der Bundesrat wird beauftragt, gemäss den Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 17. Juni 187411 betreffend Volksabstimmung über Bundesgesetze und Bundesbeschlüsse die Bekanntmachung dieses Beschlusses zu veranlassen.
Datum des Inkrafttretens: 1. Januar 196312
II
1 Der Bundesrat bestimmt den Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses.
2 Leistungen an Staatenlose auf Grund dieses Beschlusses können von seinem Inkrafttreten an auch für die vor diesem Zeitpunkt eingetretenen Versicherungsfälle gewährt werden; im Falle von Leistungen der Invalidenversicherung ist hierbei Voraussetzung, dass der Versicherte bei Inkrafttreten des Beschlusses noch in der Schweiz wohnt. Die Fristen für die Anmeldung der Ansprüche beginnen frühestens vom Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Beschlusses an zu laufen.