0.520.32

AS 1962 1033; BBl 1961 II 1204

Übersetzung

Haager Protokoll
über den Schutz von Kulturgut
bei bewaffneten Konflikten

Abgeschlossen in Den Haag am 14. Mai 1954
Von der Bundesversammlung genehmigt am 15. März 19621
Schweizerische Beitrittsurkunde hinterlegt am 15. Mai 1962
In Kraft getreten für die Schweiz am 15. August 1962

(Stand am 29. April 2020)

Die Hohen Vertragsparteien haben folgendes vereinbart:

I

1.  Jede Hohe Vertragspartei verpflichtet sich, die Ausfuhr von Kulturgut im Sinne von Artikel 1 des am 14. Mai 19542 in Den Haag unterzeichneten Abkommens für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten aus einem von ihr während eines bewaffneten Konflikts besetzten Hoheitsgebiet zu verhindern.

2.  Jede Hohe Vertragspartei verpflichtet sich, Kulturgut, das mittelbar oder unmittelbar aus einem besetzten Hoheitsgebiet in ihr Hoheitsgebiet eingeführt wird, in Gewahrsam zu nehmen. Das geschieht entweder von Amtes wegen bei der Einfuhr des Kulturguts oder, falls dies unterblieben ist, auf Verlangen der Behörden des betreffenden besetzten Hoheitsgebiets.

3.  Jede Hohe Vertragspartei verpflichtet sich, bei Beendigung der Feindseligkeiten auf ihrem Hoheitsgebiet befindliches Kulturgut den zuständigen Behörden des früher besetzten Hoheitsgebiets zu übergeben, sofern dieses Gut unter Verletzung des in Ziffer 1 dieses Protokolls niedergelegten Grundsatzes ausgeführt worden ist. In keinem Fall darf solches Gut zur Wiedergutmachung von Kriegsschäden zurückgehalten werden.

4.  Die Hohe Vertragspartei, die verpflichtet war, die Ausfuhr von Kulturgut aus dem von ihr besetzten Hoheitsgebiet zu verhindern, hat den gutgläubigen Besitzer von Kulturgut, das gemäss der vorstehenden Ziffer dieses Protokolls zu übergeben ist, zu entschädigen.

II

5.  Kulturgut aus dem Hoheitsgebiet einer Hohen Vertragspartei, das von dieser in dem Hoheitsgebiet einer anderen Hohen Vertragspartei deponiert wurde, um es gegen die Gefahren eines bewaffneten Konflikts zu schützen, ist von der letzteren nach Beendigung der Feindseligkeiten den zuständigen Behörden des Herkunftsgebietes zu übergeben.

III

6.  Dieses Protokoll trägt das Datum des 14. Mai 1954 und liegt bis zum 31. Dezember 1954 für alle zu der Haager Konferenz vom 21. April bis 14. Mai 1954 eingeladenen Staaten zur Unterzeichnung auf.

7. a) Die Unterzeichnerstaaten haben dieses Protokoll nach Massgabe ihrer eigenen verfassungsmässigen Verfahren zu ratifizieren.

b)
Die Ratifikationsurkunden sind beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu hinterlegen.

8.  Vom Zeitpunkt seines Inkrafttretens an steht dieses Protokoll allen Staaten zum Beitritt offen, die in Ziffer 6 erwähnt sind und das Protokoll nicht unterzeichnet haben, sowie allen anderen Staaten, die von dem Exekutivrat der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zum Beitritt eingeladen werden. Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim General­direktor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur.

9.  Die in den Ziffern 6 und 8 genannten Staaten können bei der Unterzeichnung, der Ratifizierung oder dem Beitritt erklären, dass sie durch die Bestimmungen des Abschnitts I oder die Bestimmungen des Abschnitts II dieses Protokolls nicht gebunden sein werden.

10. a) Dieses Protokoll tritt drei Monate nach Hinterlegung von fünf Ratifikationsurkunden in Kraft.

b)
Späterhin tritt es für jede Hohe Vertragspartei drei Monate nach Hinter­legung ihrer Ratifikations‑ oder Beitrittsurkunde in Kraft.
c)
Treten die in den Artikeln 18 und 19 des Haager Abkommens vom 14. Mai 1954 für den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten vorgesehenen Lagen ein, so werden die Ratifikations‑ und Beitrittserklärungen, die von den in den Konflikt verwickelten Parteien vor oder nach Beginn der Feindseligkeiten oder der Besetzung hinterlegt wurden, sofort wirksam. In diesen Fällen erlässt der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur auf dem schnellsten Wege die in Ziffer 14 vorgesehenen Benachrichtigungen.

11. a) Jeder Staat, der bei Inkrafttreten dieses Protokolls Vertragspartei ist, hat für sich alle erforderlichen Massnahmen zu treffen, um seine wirksame Durchführung binnen sechs Monaten zu gewährleisten.

b)
Für diejenigen Staaten, die ihre Ratifikations‑ oder Beitrittsurkunde nach dem Inkrafttreten des Protokolls hinterlegen, beträgt die Frist sechs Monate, vom Tage der Hinterlegung der Ratifikations‑ oder Beitrittsurkunde an gerechnet.

12.  Jede der Hohen Vertragsparteien kann bei der Ratifizierung oder beim Beitritt oder zu jedem späteren Zeitpunkt durch Notifizierung an den Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur erklären, dass dieses Protokoll sich auf alle oder auf einzelne der Gebiete erstreckt, deren internationale Beziehungen sie wahrnimmt. Diese Notifizierung wird drei Monate nach dem Tage ihres Eingangs wirksam.

13. a) Jede der Hohen Vertragsparteien kann das vorliegende Protokoll für sich selbst oder für Gebiete, deren internationale Beziehungen sie wahrnimmt, kündigen.

b)
Die Kündigung erfolgt durch schriftliche Erklärung, die beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur zu hinterlegen ist.
c)
Die Kündigung wird ein Jahr nach Eingang der Kündigungserklärung wirksam. Ist jedoch die kündigende Partei beim Ablauf dieser Frist in einen bewaffneten Konflikt verwickelt, so wird die Kündigung nicht vor Einstellung der Feindseligkeiten oder vor Abschluss der Rückführung des Kulturguts wirksam, je nachdem welcher Zeitpunkt der spätere ist.

14.  Der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur benachrichtigt die in den Ziffern 6 und 8 bezeichneten Staaten und die Vereinten Nationen von der Hinterlegung aller in den Ziffern 7, 8 und 15 vorgesehenen Ratifikations‑ und Beitrittsurkunden oder Annahmeerklärungen sowie von den in den Ziffern 12 und 13 vorgesehenen Notifikationen und Kündigungen.

15. a) Dieses Protokoll kann abgeändert werden, wenn die Abänderung von mehr als einem Drittel der Hohen Vertragsparteien verlangt wird.

b)
Zu diesem Zweck hat der Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur eine Konferenz einzuberufen.
c)
Abänderungen dieses Protokolls treten erst in Kraft, wenn sie von den an der Konferenz vertretenen Hohen Vertragsparteien einstimmig beschlossen und von allen Hohen Vertragsparteien angenommen worden sind.
d)
Die Annahme durch die Hohen Vertragsparteien von Abänderungen dieses Protokolls, die von der in den Buchstaben b und c erwähnten Konferenz beschlossen worden sind, erfolgt durch Hinterlegung einer förmlichen Erklärung beim Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur.
e)
Nach dem Inkrafttreten von Abänderungen dieses Protokolls steht nur der so abgeänderte Text des Protokolls zur Ratifizierung oder zum Beitritt offen.

Gemäss Artikel 102 der Satzung der Vereinten Nationen3 wird dieses Protokoll auf Ersuchen des Generaldirektors der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur beim Sekretariat der Vereinten Nationen eingetragen.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die gehörig bevollmächtigten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.

Geschehen zu Den Haag, am 14. Mai 1954, in englischer, spanischer, französischer und russischer Sprache, wobei alle vier Fassungen in gleicher Weise verbindlich sind, in einem einzigen Exemplar, das in den Archiven der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur hinterlegt wird; beglaubigte Ausfertigungen desselben werden allen in den Ziffern 6 und 8 bezeichneten Staaten sowie den Vereinten Nationen übermittelt.

(Es folgen die Unterschriften)

Geltungsbereich am 29. April 20204

4 AS 1962 1033, 1971 1817, 1979 962, 1982 1319, 1985 1614, 1987 1038, 1989 348, 2005 1217, 2006 4699, 2010 843, 2015 1225, 2018 1159, 2020 1575. Eine aktualisierte Fassung des Geltungsbereiches findet sich auf der Internetseite des EDA (www.eda.admin.ch/vertraege).

Vertragsstaaten

Ratifikation

Beitritt (B)

Inkrafttreten

Afghanistan

12. März

2018 B

12. Juni

2018

Ägypten

17. August

1955

  7. August

1956

Albanien

20. Dezember

1960 B

20. März

1961

Argentinien

10. Mai

2007 B

10. August

2007

Armenien

  5. September

1993 N

21. Dezember

1991

Aserbaidschan

20. September

1993 B

20. Dezember

1993

Äthiopien

31. August

2015 B

30. November

2015

Bahrain

26. August

2008 B

26. November

2008

Bangladesch

23. Juni

2006 B

23. September

2006

Barbados

  2. Oktober

2008 B

  2. Januar

2009

Belarus

  7. Mai

1957

  7. August

1957

Belgien

16. September

1960

16. Dezember

1960

Benin

17. April

2012 B

17. Juli

2012

Bosnien und Herzegowina

12. Juli

1993 N

  6. März

1992

Botsuana

23. August

2017 B

23. November

2017

Brasilien

12. September

1958

12. Dezember

1958

Bulgarien

  9. Oktober

1958 B

  9. Januar

1959

Burkina Faso

  4. Februar

1987 B

  4. Mai

1987

Chile

11. September

2008

11. Dezember

2008

China

  5. Januar

2000 B

  5. April

2000

Costa Rica

  3. Juni

1998 B

  3. September

1998

Dänemark

26. März

2003

26. Juni

2003

Deutschland

11. August

1967

11. November

1967

Dominikanische Republik

21. März

2002 B

21. Juni

2002

Dschibuti

  9. April

2018 B

  9. Juli

2018

Ecuador

  8. Februar

1961

  8. Mai

1961

El Salvador

27. März

2002

27. Juni

2002

Estland

17. Januar

2005 B

17. April

2005

Finnland

16. September

1994 B

16. Dezember

1994

Frankreich

  7. Juni

1957

  7. September

1957

Gabun

  4. Dezember

1961 B

  4. März

1962

Georgien

  4. November

1992 N

21. Dezember

1991

Ghana

25. Juli

1960 B

25. Oktober

1960

Griechenland

  9. Februar

1981

  9. Mai

1981

Guatemala

19. Mai

1994 B

19. August

1994

Guinea

11. Dezember

1961 B

11. März

1962

Heiliger Stuhl

24. Februar

1958 B

24. Mai

1958

Honduras

25. Oktober

2002 B

25. Januar

2003

Indien

16. Juni

1958

16. September

1958

Indonesien

26. Juli

1967

26. Oktober

1967

Irak

21. Dezember

1967

21. März

1968

Iran

22. Juni

1959

22. September

1959

Israel

  1. April

1958 B

  1. Juli

1958

Italien

  9. Mai

1958

  9. August

1958

Japan*

10. September

2007 B

10. Dezember

2007

Jemen

  6. Februar

1970 B

  6. Mai

1970

Jordanien

  2. Oktober

1957

  2. Januar

1958

Kambodscha

  4. April

1962

  4. Juli

1962

Kamerun

12. Oktober

1961 B

12. Januar

1962

Kanada

29. November

2005 B

28. Februar

2006

Kasachstan

14. März

1997 N

21. Dezember

1991

Kolumbien

18. Juni

1998 B

18. September

1998

Kongo (Kinshasa)

18. April

1961 B

18. Juli

1961

Kroatien

  6. Juli

1992 N

  8. Oktober

1991

Kuba

26. November

1957

26. Februar

1958

Kuwait

17. Februar

1970 B

17. Mai

1970

Lettland

19. Dezember

2003 B

19. März

2004

Libanon

  1. Juni

1960

  1. September

1960

Libyen

19. November

1957

19. Februar

1958

Liechtenstein

28. April

1960 B

28. Juli

1960

Litauen

27. Juli

1998 B

27. Oktober

1998

Luxemburg

29. September

1961

29. Dezember

1961

Madagaskar

  3. November

1961 B

  3. Februar

1962

Malaysia

12. Dezember

1960 B

12. März

1961

Mali

18. Mai

1961 B

18. August

1961

Marokko

30. August

1968 B

30. November

1968

Mexiko

  7. Mai

1956

  7. August

1956

Moldau

  9. Dezember

1999 B

  9. März

2000

Monaco

10. Dezember

1957

10. März

1958

Montenegro

26. April

2007 N

  3. Juni

2006

Myanmar

10. Februar

1956

  7. August

1956

Neuseeland a

17. Oktober

2013 B

17. Januar

2014

Nicaragua

25. November

1959

25. Februar

1960

Niederlande

14. Oktober

1958

14. Januar

1959

Niger

  6. Dezember

1976 B

  6. März

1977

Nigeria

  5. Juni

1961 B

  5. September

1961

Nordmazedonien

30. April

1997 N

17. November

1991

Norwegen

19. September

1961

19. Dezember

1961

Österreich

25. März

1964

25. Juni

1964

Pakistan

27. März

1959 B

27. Juni

1959

Palästina

22. März

2012 B

22. Juni

2012

Panama

  8. März

2001 B

  8. Juni

2001

Paraguay

  9. November

2004 B

  9. Februar

2005

Peru

21. Juli

1989 B

21. Oktober

1989

Polen

  6. August

1956

  6. November

1956

Portugal

18. Februar

2005 B

18. Mai

2005

Rumänien

21. März

1958 B

21. Juni

1958

Russland

  4. Januar

1957

  4. April

1957

San Marino

  9. Februar

1956

  7. August

1956

Saudi-Arabien

  6. November

2007 B

  6. Februar

2008

Schweden

22. Januar

1985 B

22. April

1985

Schweiz

15. Mai

1962 B

15. August

1962

Senegal

17. Juni

1987 B

17. September

1987

Serbien

11. September

2001 N

27. April

1992

Slowakei

31. März

1993 N

  1. Januar

1993

Slowenien

  5. November

1992 N

25. Juni

1991

Spanien

26. Juni

1992

26. September

1992

Syrien

  6. März

1958

  6. Juni

1958

Tadschikistan

28. August

1992 N

21. Dezember

1991

Thailand

  2. Mai

1958 B

  2. August

1958

Togo

24. Januar

2017 B

24. April

2017

Tschechische Republik

26. März

1993 N

  1. Januar

1993

Tunesien

28. Januar

1981 B

28. April

1981

Türkei

15. Dezember

1965 B

15. März

1966

Turkmenistan

22. Januar

2018 B

22. April

2018

Ukraine

  6. Februar

1957

  6. Mai

1957

Ungarn

16. August

1956 B

16. November

1956

Uruguay

24. September

1999

24. Dezember

1999

Vereinigtes Königreich*

12. September

2017 B

12. Dezember

2017

Zypern

  9. September

1964 B

  9. Dezember

1964

*
Vorbehalte und Erklärungen.
Die Vorbehalte und Erklärungen werden in der AS nicht veröffentlicht. Die französischen und englischen Texte können auf der Internetseite der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO): www.unesco.org/ > Français > Ressources > Documents et publications eingesehen oder bei der Direktion für Völkerrecht, Sektion Staatsverträge, 3003 Bern, bezogen werden.
a
Das Protokoll gilt nicht für Tokelau.