0.831.109.518.1

 AS 1957 283 281; BBl 1956 I 143

Übersetzung1

Abkommen
zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft
und dem Grossherzogtum Luxemburg
über Sozialversicherung2

Abgeschlossen am 14. November 1955
Von der Bundesversammlung genehmigt am 19. März 19563
Datum des Inkrafttretens: 1. April 1957

1 Der Originaltext findet sich unter der gleichen Nummer in der französischen Ausgabe dieser Sammlung.

2 Dieses Abk. ist ausser Kraft getreten. Sein Art. 7 ist aber noch für Versicherungsfälle anwendbar, die vor dem 1. Jan. 1960 eingetreten sind (siehe Art. 28 in Verbindung mit Art. 24 Ziff. 4 Abs. 2 des Abk. vom 3. Juni 1967 – SR 0.831.109.518.2).

3 AS 1957 281

Der Schweizerische Bundesrat
und
die Regierung des Grossherzogtums Luxemburg,

vom Wunsche geleitet, auf sozialem Gebiet zusammenzuarbeiten und im besonderen den Angehörigen beider Staaten nach Möglichkeit die Vorteile der schweizerischen und der luxemburgischen Gesetzgebung über Sozialversicherung zu gewährleisten, haben vereinbart, ein Abkommen zu schliessen, und zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

(Es folgen die Namen der Bevollmächtigten)

welche nach gegenseitigem Austausch ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten, die nachstehenden Bestimmungen vereinbart haben:

Abschnitt I Allgemeine Bestimmungen


Art. 1

1 Dieses Abkommen bezieht sich auf die Gesetzgebungen über folgende Gebiete:

1.  in der Schweiz:

a.
die eidgenössische Alters- und Hinterlassenenversicherung;
b.
die eidgenössische Versicherung gegen Betriebsunfälle und Nichtbetriebs­unfälle sowie gegen Berufskrankheiten;

2.  im Grossherzogtum Luxemburg:

a.
die allgemeine Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenversicherung;
b.
die Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenversicherung der Privatangestellten;
c.
die zusätzliche Versicherung de Gruben- und Metallarbeiter sowie der technischen Angestellten im Untertagbau (mines du fond);
d.
die Alters-, Invaliden- und Hinterlassenenversicherung der Handwerker;
e.
die Versicherung gegen Betriebsunfälle und Berufskrankheiten;

und, bezüglich des Artikels 3, Absatz 2, dieses Abkommens:

die obligatorische Versicherung für den Fall von Krankheit, Mutterschaft und Tod;
die Familienzulagen.

2 Dieses Abkommen findet auch auf alle Gesetze und Verordnungen Anwendung, welche die in Absatz 1 dieses Artikels angeführten Gesetzgebungen kodifizieren, ändern oder ergänzen.

Dagegen findet es

a.
auf Gesetze und Verordnungen, die einen neuen Zweig der sozialen Sicherheit einführen, nur Anwendung, wenn dies zwischen den Vertragsstaaten so vereinbart wird;
b.
auf Gesetze und Verordnungen, die die bestehenden Versicherungszweige im einen Vertragsstaat auf neue Kategorien von Personen ausdehnen, nur Anwendung, wenn von der Regierung des betreffenden Staates nicht innert drei Monaten seit der amtlichen Veröffentlichung der genannten Gesetze und Verordnungen bei der Regierung des andern Staates Einspruch erhoben wird.
Art. 2

Die schweizerischen und luxemburgischen Staatsangehörigen sind in den Rechten und Pflichten aus den in Artikel 1 genannten Zweigen der Sozialversicherung einander gleichgestellt, soweit in diesem Abkommen nichts Abweichendes bestimmt ist.

Art. 3

1 Die dem einen oder andern Vertragsstaat angehörenden Arbeitnehmer unterstehen der Gesetzgebung desjenigen Vertragsstaates, in dessen Gebiet sie beschäftigt werden, selbst wenn sich ihr ordentlicher Wohnsitz, ihr Arbeitgeber oder der Sitz des Unternehmens, welches sie beschäftigt, im Gebiete des andern Vertragsstaates befindet.

2 Von diesem Grundsatz gelten folgende Ausnahmen:

a.
werden Arbeitnehmer von einem Betrieb, der seinen Sitz in einem der beiden vertragschliessenden Staaten hat, in das Gebiet des andern Staates entsandt, so bleiben sie während der ersten 12 Monate ihrer Beschäftigung im andern Staat den Versicherungen des Vertragsstaates angeschlossen, in dem der Betrieb seinen Sitz hat. Überschreitet die Beschäftigung im andern Staat diese Frist, so bleibt ausnahmsweise die Zugehörigkeit zu den Versicherungen des ersten Staates weiterhin aufrechterhalten, sofern und für solange die oberste Verwaltungsbehörde des zweiten Staates ihre Zustimmung hiezu erklärt.
b.
Arbeitnehmer öffentlicher oder privater Transportunternehmen eines der beiden Vertragsstaaten, die vorübergehend oder als Fahrdienstpersonal auf dem Gebiet des andern Staates beschäftigt werden, unterstehen ausschliesslich der Gesetzgebung des Staates, auf dessen Gebiet das Unternehmen seinen Sitz hat.
Art. 4

Die Bestimmungen von Artikel 3, Absatz 1, finden Anwendung auf Arbeitnehmer gleichviel welcher Staatsangehörigkeit, die in schweizerischen oder luxemburgischen diplomatischen und konsularischen Vertretungen beschäftigt werden oder in den persönlichen Diensten von Mitgliedern dieser Vertretungen stehen.

Jedoch

1.
finden die Vorschriften dieses Artikels auf Berufsdiplomaten und -konsular­beamte, einschliesslich des höheren Verwaltungspersonals des Kanzleidienstes, keine Anwendung;
2.
unterstehen Arbeitnehmer, welche die Staatsangehörigkeit des durch den diplomatischen oder Konsular-Aussenposten vertretenen Landes besitzen und die sich im Lande, in welchem sie beschäftigt werden, nicht endgültig niedergelassen haben, der Gesetzgebung ihres Heimatstaates.
Art. 5

Die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten können im gegenseitigen Einvernehmen für einzelne Fälle Ausnahmen von den Bestimmungen der Artikel 3 und 4 zulassen.

Art. 6

Schweizerische und luxemburgische Staatsangehörige, die Leistungen aus den in Artikel 1 genannten Sozialversicherungen beanspruchen können, erhalten diese Leistungen in vollem Umfang und ohne jede Einschränkung, solange sie im Gebiet eines der beiden Vertragsstaaten wohnen. Die genannten Leistungen werden vom einen Vertragsstaat den Angehörigen des andern Vertragsstaates, die in einem Drittstaat wohnen, unter den gleichen Voraussetzungen und in gleichem Umfange gewährt wie den eigenen Staatsangehörigen, die in diesem Drittstaat wohnen.

Abschnitt II Besondere Bestimmungen


1. Kapitel Versicherung gegen Alter und Tod


Art. 7

1 Luxemburgische Staatsangehörige, die der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung angehören oder angehört haben, haben unter den gleichen Bedingungen wie schweizerische Staatsangehörige Anspruch auf die ordentlichen Renten dieser Versicherung, wenn sie bei Eintritt des Versicherungsfalles

a.
während insgesamt mindestens fünf voller Jahre Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlt haben oder
b.
insgesamt mindestens zehn Jahre – davon mindestens fünf Jahre unmittelbar und ununterbrochen vor dem Versicherungsfall – in der Schweiz gewohnt und in dieser Zeit während insgesamt mindestens eines vollen Jahres Beiträge an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlt haben.

2 Stirbt ein luxemburgischer Staatsangehöriger, der die Bedingungen von Absatz 1, Buchstaben a oder b, erfüllt hat, so haben seine Hinterlassenen Anspruch auf die ordentlichen Renten der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung.

3 Luxemburgische Staatsangehörige, die bei Eintritt des Versicherungsfalles die in Absatz 1 aufgestellten Bedingungen nicht erfüllen, sowie deren Hinterlassene können verlangen, dass die vom Versicherten selbst und von seinen Arbeitgebern an die schweizerische Alters- und Hinterlassenenversicherung bezahlten Beiträge an den durch Verwaltungsvereinbarung zu bezeichnenden luxemburgischen Versicherungs­träger überwiesen und nach Massgabe des Artikels 8, Absatz 4, dieses Abkommens verwendet werden. Besteht nach den Bestimmungen des luxemburgischen Rechts unter Berücksichtigung dieses Abkommens auch kein Anspruch auf eine Alters- oder Hinterlassenenpension der luxemburgischen Sozialversicherungen, so zahlen diese auf Antrag die ihnen überwiesenen Beiträge dem Versicherten oder seinen Hinterlassenen aus. Luxemburgische Staatsangehörige, deren Beiträge überwiesen worden sind, sowie deren Hinterlassene können auf Grund dieser Beiträge gegenüber der schweizerischen Versicherung keine Rechte mehr geltend machen.

Art. 8

1 Bei der Feststellung der nach der luxemburgischen Gesetzgebung zu gewährenden Alters- oder Hinterlassenenleistungen berücksichtigen die luxemburgischen Ver­sicherungsträger die in der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung zurückgelegten Versicherungszeiten (Beitragszeiten sowie die ihnen gleichstehenden Ersatzzeiten), sofern sich diese Zeiten nicht mit solchen in der luxemburgischen Versicherung überschneiden,

a.
für die Erfüllung der Wartezeit, falls mindestens 270 Versicherungstage oder 12 Monate in den luxemburgischen Versicherungen zurückgelegt worden sind;
b.
für die Erhaltung der Anwartschaft.

Als Versicherungszeiten der schweizerischen Alters- und Hinterlassenenversicherung gelten auch solche Zeiten, für die Beiträge nach dem vorangehenden Artikel überwiesen worden sind.

2 Hat ein Versicherter für den Fall des Alters oder des Todes nach den Gesetzgebungen beider Vertragsstaaten Anspruch auf Leistungen, so werden die von den luxemburgischen Versicherungsträgern zu gewährenden Leistungen wie folgt berechnet:

a.
die von der Versicherungszeit abhängigen Leistungen oder Leistungsteile, die ausschliesslich nach Massgabe der unter der luxemburgischen Gesetz­gebung zurückgelegten Versicherungszeiten berechnet werden, unterliegen keiner Kürzung;
b.
die von der Versicherungszeit unabhängigen Leistungen oder Leistungsteile werden nur im Verhältnis der nach der luxemburgischen Gesetzgebung bei der Leistungsabrechnung anzurechnenden Versicherungszeiten zur Gesamtsumme der nach der luxemburgischen und der schweizerischen Gesetz­gebung bei der Leistungsberechnung anzurechnenden Versicherungszeiten gewährt.

3 Wenn ein Berechtigter die Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Rente wegen Alters oder Todes nach den Gesetzgebungen beider Vertragsstaaten erfüllt und wenn der Rentenbetrag, auf den er allein nach der luxemburgischen Gesetz­gebung Anspruch erheben kann, die Summe der Renten, die sich aus der Anwendung des Artikels 7 und der Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels ergeben würde, übersteigt, so kann er vom luxemburgischen Versicherungsträger eine Zulage in der Höhe des Unterschiedsbetrages beanspruchen.

4 Der luxemburgische Versicherungsträger gewährt für die ihm gemäss dem vorangehenden Artikel überwiesenen Beiträge einen zusätzlichen Steigerungsbetrag zu den nach der luxemburgischen Gesetzgebung auszurichtenden Alters- und Hinterlassenenpensionen. Dieser Steigerungsbetrag wird durch öffentliche Verwaltungsverordnung (règlement d’administration publique) festgesetzt. Er wird den Bezügern einer Invaliditätspension vom 65 Altersjahr an gewährt.

5 Versicherte schweizerischer Staatsangehörigkeit, denen bei Eintritt des Versicherungsfalles kein Anspruch auf eine Leistung der luxemburgischen Versicherungen zusteht, haben Anspruch auf Rückerstattung von 70 Prozent der von ihnen und ihrem Arbeitgeber entrichteten Beiträge. Im Falle des Todes des Versicherten werden die Beiträge auf Antrag seinen Hinterlassenen zurückerstattet. Schweizerische Staatsangehörige, denen die Beiträge zurückerstattet worden sind, sowie deren Hinterlassene können auf Grund dieser Beiträge gegenüber der luxemburgischen Versicherung keine Rechte mehr geltend machen.

Art. 9

1 Ein Versicherter kann im Zeitpunkt der Entstehung seiner Pensionsberechtigung auf die Anwendung der Absätze 1 bis 4 des Artikels 8 verzichten. Die Leistungen, die er auf Grund der luxemburgischen Gesetzgebung beanspruchen kann, werden in diesem Falle ohne Berücksichtigung der in der Schweiz zurückgelegten Versicherungszeiten festgesetzt.

2 Ein schweizerischer Versicherter kann im Zeitpunkt, in welchem er gemäss luxem­burgischer Gesetzgebung Anspruch auf Rückerstattung der Beiträge hätte, unter Verzicht auf die Anwendung von Artikel 8, Absatz 5, dieses Abkommens jene Rück­erstattung wählen.

3 Verzichtet ein luxemburgischer Versicherter auf die Anwendung der Absätze 1 bis 4 von Artikel 8, so kann er die Rückerstattung der gemäss Artikel 7, Absatz 3, überwiesenen schweizerischen Beiträge verlangen.

4 Die Absätze 1 und 3 dieses Artikels sind gleicherweise auf die Hinterlassenen anwendbar.

Art. 10

1 Für die Aufnahme luxemburgischer Staatsangehöriger in die freiwillige Weiterversicherung, wie sie von der in Artikel 1, Absatz 1, Ziffer 2, Buchstabe a, angeführten Gesetzgebung vorgesehen ist, werden die in der Schweiz zurückgelegten Versicherungszeiten wie luxemburgische Versicherungszeiten angerechnet. Die entsprechende Anmeldung hat spätestens innert Jahresfrist seit Beendigung des Versicherungsverhältnisses in der Schweiz zu erfolgen.

2 Scheidet ein Versicherter eines der beiden Vertragsstaaten aus der Versicherungspflicht in der luxemburgischen Sozialversicherung aus, so kann er ohne Rücksicht auf seinen Wohnsitz diese Versicherung freiwillig weiterführen, sofern er alle sons­tigen Bedingungen der luxemburgischen Gesetzgebung erfüllt.

2. Kapitel Versicherung gegen Unfälle und Berufskrankheiten


Art. 11

Eine Person, die gemäss der Gesetzgebung eines der beiden Vertragsstaaten ver­sichert ist und im Gebiet des andern Staates einen Unfall erleidet oder sich eine Berufskrankheit zuzieht, kann vom Träger der Unfallversicherung oder der Krankenversicherung des Vertragsstaates, in dessen Gebiet sie sich aufhält, die erforderliche Krankenbehandlung verlangen. In diesem Fall hat der Versicherungsträger, dem die betreffende Person angehört, die Kosten der Krankenbehandlung dem Versicherungsträger, der sie gewährt hat, zu erstatten.

Art. 12

Ist ein Versicherungsträger eines der beiden Vertragsstaaten zu Leistungen an einen Versicherten verpflichtet, so berücksichtigt der Versicherungsträger des anderen Staates bei der Festsetzung von Leistungen auf Grund eines neuen Unfalls oder einer neuen Berufskrankheit desselben Versicherten die vom ersten Versicherungsträger gewährten Leistungen, wie wenn sie zu seinen Lasten gingen.

Abschnitt III Verschiedene Bestimmungen


Art. 13

1 Die obersten Verwaltungsbehörden

a.
vereinbaren die notwendigen Durchführungsbestimmungen für die Anwendung dieses Abkommens. Sie können insbesondere vereinbaren, dass zur Erleichterung des Verkehrs zwischen den beiderseitigen Versicherungsträgern von jedem Vertragsstaat Verbindungsstellen bestimmt werden;
b.
unterrichten sich gegenseitig von allen Massnahmen, die zur Durchführung dieses Abkommens getroffen werden;
c.
unterrichten sich gegenseitig so bald als möglich über alle Änderungen ihrer Gesetzgebung.

2 Die obersten Verwaltungsbehörden im Sinne des vorliegenden Abkommens sind:

In der Schweiz:
das Bundesamt für Sozialversicherung;
im Grossherzogtum Luxemburg:
der Minister für Arbeit und Soziale Sicherheit.
Art. 14

1 Bei der Durchführung dieses Abkommens leisten sich die zuständigen Behörden und Stellen der beiden Vertragsstaaten gegenseitig Hilfe, wie wenn es sich um die Anwendung ihrer eigenen Gesetzgebung handelte.

2 Die obersten Verwaltungsbehörden werden im gegenseitigen Einvernehmen ins­besondere die medizinische und administrative Kontrolle der Personen, welche auf Grund dieses Abkommens Leistungen beziehen, regeln.

3 Die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten leisten sich bei der Durchführung der schweizerischen freiwilligen Versicherung und der luxemburgischen freiwilligen Versicherung auf ihren Staatsgebieten gegenseitig Hilfe.

Art. 15

1 Die durch die Gesetzgebung des einen Vertragsstaates vorgesehene Stempel- und Gebührenbefreiung oder -ermässigung für Urkunden und Unterlagen, die gemäss dieser Gesetzgebung beizubringen sind, gelten auch für Urkunden und Unterlagen, die gemäss der Gesetzgebung des anderen Staates beizubringen sind.

2 Die zuständigen Behörden und Stellen der beiden Vertragsstaaten verzichten auf die diplomatische oder konsularische Legalisation der Urkunden und Unterlagen, welche bei der Durchführung dieses Abkommens vorgelegt werden müssen.

Art. 16

Gesuche, Erklärungen und Rechtsmittel, die innerhalb einer bestimmten Frist bei einer Stelle eines der beiden Vertragsstaaten einzureichen sind, gelten als frist­gerecht eingereicht, auch wenn sie in der gleichen Frist bei einer entsprechenden Stelle des anderen Staates eingereicht werden. In diesem Falle leitet diese Stelle die Gesuche, Erklärungen und Rechtsmittel unverzüglich an die zuständige Stelle des anderen Staates weiter.

Art. 17

1 Die Stellen, die nach diesem Abkommen Zahlungen zu leisten haben, werden durch Zahlung in ihrer Landeswährung von ihrer Verpflichtung befreit.

2 Überweisungen, die in Ausführung dieses Abkommens vorzunehmen sind, erfolgen nach dem im Zeitpunkt der Überweisung zwischen den Vertragsstaaten geltenden Zahlungsabkommen.

3 Falls vom einen oder anderen Vertagsstaate der Devisenverkehr eingeschränkt werden sollte, treffen die beiden Regierungen im gegenseitigen Einvernehmen unverzüglich Massnahmen, um auf Grund der Bestimmungen dieses Abkommens die Überweisung der beiderseits geschuldeten Beiträge sicherzustellen.

Art. 18

1 Alle sich aus der Durchführung dieses Abkommens ergebenden Schwierigkeiten werden durch die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten in gegenseitigem Einvernehmen geregelt.

2 Kann auf diesem Wege keine Lösung gefunden werden, so wird der Streitfall einem Schiedsgericht unterbreitet, das ihn im Sinn und Geist dieses Abkommens zu entscheiden hat. Die Regierungen der beiden vertragschliessenden Staaten regeln gemeinsam die Zusammensetzung und das Verfahren dieses Gerichtes.

Abschnitt IV Schluss- und Übergangsbestimmungen


Art. 19

1 Das vorliegende Abkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden sobald als möglich in Luxemburg ausgetauscht werden.

2 Es tritt am ersten Tag des zweiten auf den Austausch der Ratifikationsurkunden folgenden Monates in Kraft.

Art. 20

1 Das vorliegende Abkommen wird für die Dauer eines Jahres geschlossen. Es gilt als stillschweigend von Jahr zu Jahr verlängert, sofern es nicht von einem der beiden Vertragsstaaten drei Monate vor Ablauf der Jahresfrist gekündigt wird.

2 Wird das Abkommen gekündigt, so bleiben die gemäss seinen Bestimmungen erworbenen Rechte erhalten. Die auf Grund seiner Bestimmungen erworbenen Anwartschaften werden durch Vereinbarung geregelt werden.

Art. 21

1 Die Bestimmungen dieses Abkommens gelten auch für Versicherungsfälle, die vor seinem Inkrafttreten eingetreten sind. Bezüglich der Überweisung und der Rück­erstattung von Beiträgen werden indessen Fälle aus der Zeit vor dem 1. Januar 1948 nicht berücksichtigt.

2 Für die Zeit vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens werden Leistungen auf Grund der in ihm enthaltenen Bestimmungen nicht gewährt.

3 Die Artikel 7 und 8 sind auch auf Beiträge anwendbar, die vor dem Inkrafttreten dieses Abkommens entrichtet worden sind.

4 Leistungen eines Vertragsstaates, die in Anwendung der geltenden Vorschriften zum Ruhen gebracht worden sind, weil der Berechtigte im Ausland wohnte, werden vom Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens an gewährt. Leistungen, die aus dem gleichen Grund dem Berechtigten nicht zugesprochen werden konnten, sind auf den gleichen Zeitpunkt festzusetzen und auszurichten.

5 Der vorliegende Artikel findet auf luxemburgische Leistungen nur Anwendung, wenn die Ansprüche binnen zwei Jahren seit dem Inkrafttreten dieses Abkommens angemeldet werden.

Unterschriften

Zu Urkund dessen haben die Bevollmächtigten der beiden Vertragsstaaten dieses Abkommen unterzeichnet und mit ihren Siegeln versehen.

So geschehen, in doppelter Ausfertigung, in Bern am 14. November 1955.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für das
Grossherzogtum Luxemburg:

Saxer

Biever

Schlussprotokoll

Anlässlich der heutigen Unterzeichnung des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und dem Grossherzogtum Luxemburg über Sozialversicherung haben die bevollmächtigten Unterzeichneten der beiden vertragschliessenden Staaten nachstehende Erklärungen vereinbart:

1.
Es wird festgestellt:
a.
dass die schweizerische Bundesgesetzgebung keine Bestimmungen enthält, wonach die schweizerischen und luxemburgischen Staatsangehörigen hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus den vom heutigen Abkommen nicht berührten Gesetzgebungen über Krankenversicherung, die Tuberkuloseversicherung und über die Familienzulagen an landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Bergbauern irgendwie unterschiedlich behandelt würden;
b.
dass die luxemburgische Gesetzgebung keine Bestimmungen enthält, wonach die schweizerischen und luxemburgischen Staatsangehörigen hinsichtlich der Rechte und Pflichten aus der Gesetzgebung über die Kranken-, Mutterschafts- und Todesfallversicherung irgendwie unterschiedlich behandelt würden, mit Ausnahme der Beteiligung an der Verwaltung.
Die schweizerische und die luxemburgische Regierung erklären sich damit einverstanden, diese Gleichbehandlung in der gesamten Sozialversicherungsgesetzgebung nach Möglichkeit aufrechtzuerhalten.
2.
Auf Grund der Feststellung, dass nach der schweizerischen Bundesgesetz­gebung luxemburgische Staatsangehörige bezüglich der Familienzulagen an landwirtschaftliche Arbeitnehmer und Bergbauern gleich behandelt werden wie schweizerische Staatsangehörige, wird die in der luxemburgischen Gesetzgebung über die Familienzulagen enthaltene Bestimmung, die für die Gewährung dieser Zulagen einen Aufenthalt von einem Jahr in Luxemburg vorschreibt, aufgehoben. Die Bestimmungen der luxemburgischen Gesetzgebung über die besonderen Geburtszulagen, die zu Lasten des Staates gehen, gelten jedoch unverändert weiter.
3.
Entsprechend der Bestimmung von Artikel 2 des Abkommens findet
a.
Artikel 40 des schweizerischen Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung4, der die Kürzung der an Ausländer aus­bezahlten Renten vorsieht, auf luxemburgische Staatsangehörige keine Anwendung;
b.
Artikel 90 des schweizerischen Bundesgesetzes vom 13. Juni 19115 über die Kranken- und Unfallversicherung, der die Kürzung der an Ausländer ausbezahlten Leistungen vorsieht, auf luxemburgische Staatsangehörige keine Anwendung.
4.
Luxemburgische Staatsangehörige haben unter denselben Bedingungen wie schweizerische Staatsangehörige Anspruch auf die schweizerischen Übergangsrenten, sofern sie unmittelbar vor der Geltendmachung des Anspruches während 10 Jahren ununterbrochen in der Schweiz gewohnt haben und solange sie weiterhin daselbst wohnen.
Schweizerische Staatsangehörige haben unter denselben Bedingungen wie luxemburgische Staatsangehörige Anspruch auf die luxemburgischen Übergangsrenten, sofern sie unmittelbar vor der Geltendmachung des Anspruches während 10 Jahren ununterbrochen im Grossherzogtum gewohnt haben und solange sie weiterhin daselbst wohnen.
5.
Der Grundsatz der Gleichbehandlung gemäss Artikel 2 des Abkommens erstreckt sich nicht auf die Bestimmungen über die freiwillige Alters- und Hinterlassenenversicherung der Auslandschweizer.
6.
Artikel 3, Absatz 2, Buchstabe a und b, des Abkommens, wird auf alle entsandten Arbeitnehmer, gleichgültig welcher Staatsangehörigkeit, angewendet.
7.
In den Fällen von Artikel 3, Absatz 2, Buchstabe a, des Abkommens, beginnt die in Artikel 7, Absatz 1, Buchstabe b, vorgesehene 10jährige Frist erst mit dem Datum zu laufen, ab welchem der Arbeitnehmer der schweizerischen Gesetzgebung unterstellt wird.
8.
Ein in der Schweiz wohnhafter luxemburgischer Staatsangehöriger, der während der letzten fünf Jahre vor Eintritt des Versicherungsfalles die Schweiz jedes Jahr für eine zwei Monate nicht übersteigende Zeit verlässt, unterbricht seinen Aufenthalt in der Schweiz im Sinne von Artikel 7, Absatz 1, Buchstabe b, des Abkommens nicht. Gleiches gilt für die in Ziffer 4, Absatz 1, dieses Protokolls vorgesehene 10jährige Frist.
Ein in Luxemburg wohnhafter schweizerischer Staatsangehöriger, der Luxemburg jedes Jahr für eine zwei Monate nicht übersteigende Zeit verlässt, unterbricht seinen Aufenthalt in Luxemburg im Sinne von Ziffer 4, Absatz 2, dieses Protokolls nicht.
Die obersten Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten können bestimmen, dass ausnahmsweise auch etwas längere Abwesenheit nicht berücksichtigt werden, sofern besondere Umstände, vor allem langjähriger Aufenthalt des Versicherten im Aufenthaltsland, dies rechtfertigen.
9.
Hinterlassene im Sinne von Artikel 7, Absatz 3, sind Personen, die auf Grund des schweizerischen Bundesgesetzes über die Alters- und Hinterlassenenversicherung eine Hinterlassenenrente beanspruchen können.
10.
Die Rückerstattung der Beiträge an schweizerische Staatsangehörige gemäss Artikel 8 des Abkommens erfolgt ohne Rücksicht auf die Bedingungen der luxemburgischen Gesetzgebung betreffend Erfüllung der Wartezeit und Erhaltung der Anwartschaft.
11.
Versicherten, die das Grossherzogtum Luxemburg vor dem 1. Juli 1938 verlassen haben, werden die vor diesem Datum in der luxemburgischen Versicherung zurückgelegten Versicherungszeiten für die Gewährung und Berechnung ihrer luxemburgischen Alters- und Hinterlassenenpensionen nur angerechnet,
a.
wenn sie sich über 6 Monate Zugehörigkeit zur luxemburgischen Sozialversicherung nach diesem Datum ausweisen können, falls sie vor dem 1. Juli 1955 in das Grossherzogtum zurückgekehrt sind;
b.
wenn dies nicht der Fall ist: sofern sie durch Weiterversicherung ihre Anwartschaft erhalten haben oder ihre Rechte gemäss der luxemburgischen Gesetzgebung wiedererworben haben.
Die vorstehende Bestimmung wird nicht angewendet auf Versicherungszeiten, die durch Bergwerksarbeit zurückgelegt wurden.
12.
Die Bestimmungen von Ziffer 11 sind auch bei Rückerstattung der Beiträge anwendbar.

Das vorliegende Protokoll, das Bestandteil des heutigen Abkommens bildet, gilt unter denselben Voraussetzungen und für dieselbe Dauer wie das Abkommen selbst.

So geschehen in zweifacher Ausfertigung in Bern am 14. November 1955.

Für die
Schweizerische Eidgenossenschaft:

Für das
Grossherzogtum Luxemburg:

Saxer

Biever

4 SR 831.10

5 SR 832.10. Heute: BG über die Krankenversicherung. Dieser Art. ist inzwischen auf-gehoben. Siehe deshalb das Unfallversicherungsgesetz vom 20. März 1981 (SR 832.20).